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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt
Autoren: Brenda Novak
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zu bieten. “Ich würde Sie womöglich festnehmen und mit aufs Revier nehmen müssen.”
    “Sie – und welche Armee?”, fragte er mit schmalen Augen.
    Sie lächelte charmant. “Das würde ich schon hinkriegen, glauben Sie mir.”
    “Ich möchte eine Anwältin haben”, gab er zurück. “Zufälligerweise kenne ich eine gute.”
    Natürlich spielte er auf seine Schwester Grace an, die als stellvertretende Staatsanwältin in Jackson gearbeitet hatte, bevor sie letzten Sommer zurück nach Stillwater gezogen war. “Ganz wie Sie wollen”, erwiderte Allie so freundlich wie möglich. “Grace kann gerne zu uns stoßen. Aber wenn ich mich recht erinnere, ist sie hochschwanger. Wollen Sie sie wirklich mitten in der Nacht wecken und bitten, bei strömendem Regen hier rauszufahren? Wissen Sie, letzten Endes wird es keinen großen Unterschied machen. Ich werde erfahren, was ich erfahren möchte. Es wird nur ein wenig länger dauern.”
    Der Muskel, der auf seiner Wange zuckte, verriet ihr, was er über ihre Antwort dachte. Er wollte nicht in die Enge getrieben werden. Nach einem weiteren herausfordernden Blick streckte Clay ihr seine Hände hin. “Ich habe nichts zu verbergen.”
    Allie musterte seine Handflächen, dann drehte sie die Hände um und prüfte die Handrücken.
    “Also, was ist? Habe ich eine wehrlose Frau geschlagen?”, fragte er sarkastisch. “Eine Frau, die gar keine Verletzungen hat?”
    Allie sah viel Hornhaut und einige kleine Schnittverletzungen, aber nichts, was bei einem Mann, der viel im Freien arbeitete, ungewöhnlich war. “Ich möchte Fotos machen.”
    “
Wofür?”
    “Als Beweis.”
    “Ich habe sie nicht geschlagen!”
    “Ein Foto würde beweisen, dass Ihre Knöchel nicht geschwollen und Ihre Fingernägel zu kurz sind, um die Kratzer auf ihrem Arm verursacht zu haben.”
    Er zögerte, offenbar immer noch skeptisch, dass sie tatsächlich auf seiner Seite war. “Es gibt keine Kratzspuren auf ihrem Arm.”
    “Eben hatte sie jedenfalls welche”, erwiderte sie. Selbst wenn Beth Ann sich die Verletzungen selbst beigebracht hatte, wie Allie vermutete, könnten Clays Gegner sie als Beweis nutzen, um Druck auf den Staatsanwalt auszuüben. Reverend Barkers Neffe war einer von ihnen. Joe Vincelli hasste die Montgomerys. Und er hatte einflussreiche Freunde. “Beth Ann ist ein bisschen … unentschieden in Bezug auf das, was vorgefallen ist. Aber das bedeutet nicht, dass Mr. Harris nicht Anklage erheben kann, wenn er will. Jetzt …” Allie wollte Clay eigentlich nicht noch näher kommen, aber um zu vermeiden, dass ihr der Regen weiter in den Kragen tropfte, trat sie schließlich doch einen Schritt auf ihn zu. “Würden Sie bitte Ihr Hemd ausziehen?”
    “
Wie bitte?”
Seine Stimme klang, als hielte er sie für übergeschnappt.
    Wo blieb nur Hendricks? Mit einem männlichen Kollegen an der Seite wäre das alles viel einfacher. “Sie haben mich sehr gut verstanden.”
    “Warum?”
    “Aus demselben Grund, aus dem ich schon Ihre Hände sehen wollte.”
    Sie erwartete erneuten Widerstand. Die Tatsache, dass sie jetzt das Zepter übernommen hatte, dürfte ihm innerlich zutiefst gegen den Strich gehen. Aber sie täuschte sich. Er heftete seine blauen Augen auf sie, und seine vollen Lippen kräuselten sich spöttisch, als er sagte: “Nach Ihnen.”
    Offenbar war er dabei, seine Taktik zu ändern: Angriff ist die beste Verteidigung. Aber Allie ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. “Ich bin überzeugt, dass Sie schon mehr gesehen haben, als ich zu bieten habe”, schoss sie zurück. “Ich bin nicht gerade ein Kurvenwunder.”
    “Vielleicht mag ich ja zierliche Frauen.”
    Sie setzte eine besonders spröde Miene auf. “Für den Fall, dass Sie es nicht bemerkt haben: Ich bin etwas in Eile.”
    Er blickte zum Streifenwagen hinüber. Allie ahnte, wie erniedrigend es für ihn sein musste, sich vor seiner Anklägerin auszuziehen.
    Verdammter Hendricks.
    “Wir können ins Haus gehen, wenn Ihnen das lieber ist”, schlug sie höflich vor.
    “Sollten Sie nicht erst mal zusehen, dass Sie die da draußen loswerden? Nur für den Fall, dass Sie bleiben wollen?” Er legte es immer noch darauf an, sie in Verlegenheit zu bringen. Das zeigte ihr sein anzügliches Grinsen.
    “Da, wo sie sitzt, ist sie bestens aufgehoben. Und was mich angeht – ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich beherrschen kann.”
    Leise kichernd schlenderte er ins Haus, so als würde es ihm nicht das Geringste ausmachen.
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