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Totenschleuse

Totenschleuse

Titel: Totenschleuse
Autoren: Dietmar Lykk
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Ihre Reederei ihr Geld?«
    Molsen sah ihn irritiert an, fing sich aber schnell wieder.
    »Wir betreiben sogenannten Feederverkehr, in der Ostsee, im baltischen und im skandinavischen Raum, der die Häfen in der Deutschen Bucht anläuft, wo die Containerladungen zu längeren Passagen nach Übersee und Nah- und Fernost-Passagen zusammengestellt werden. Wir wickeln den Containerverkehr zwischen den großen Tiefwasserhäfen und den kleineren Häfen ab. Wir fahren die Häfen zwischen Rotterdam, Oslo und St. Petersburg an, die die Überseecontainerschiffe nicht anlaufen können. Weil sie zu viel Tiefgang haben und weil es unwirtschaftlich wäre.«
    »Aber woher bekommen Sie die Aufträge, die Container, für deren Beförderung Sie Geld bekommen?«
    »Wir verchartern unsere Schiffe an eine dänische Firma, die sich weltweit mit Befrachtung befasst. Als Reederei sorgen wir für die Ausrüstung, also Seetauglichkeit und Bemannung. Die Besatzung wird von uns eingestellt, ausgebildet und bezahlt. Und die Schiffe wollen gewartet werden, müssen in die Werft. Das ist ein immenser Aufwand, den wir da betreiben müssen, das können Sie mir glauben.«
    »Und welche Routen befahren Ihre Schiffe?«
    »Sehen Sie auf die Karte hinter Ihnen.« Es war eine Karte von Europa, die den Linienverkehr der Reedereischiffe zwischen den Hafenstädten im Ostseeraum, dem Baltikum und der Deutschen Bucht zeigte.
    »Zeebrügge, Rotterdam, Bremerhaven, Hamburg, Oslo, Kopenhagen, Århus, Fredericia und nach Osten bis nach St. Petersburg, die neuen Containerterminals in der Nähe von Helsinki, Kotka und so weiter rüber nach Litauen. Klaipëda wird mehr und mehr zum Drehkreuz im Osten, fast immer eisfrei, dann rauf nach Schweden … na ja, Sie haben jetzt eine Vorstellung.«
    »Welche Route hatte die ›Christian Molsen‹, auf der Markus Peters ja zuletzt gefahren ist?«
    »Einen Moment … Das muss ich eben nachsehen.« Molsen setzte sich an seinen Schreibtisch, tippte auf der Tastatur und sah auf einen der drei Bildschirme. »Rotterdam, Kotka, Klaipëda, Kopenhagen, Fredericia, durch den Nord-Ostsee-Kanal und wieder nach Rotterdam.«
    »Hat das Schiff immer diese Tour?«
    »Im Prinzip ja. Manchmal geht es auch von Kopenhagen nach Fredericia, dann nach Århus oder auch nach Hamburg, Bremerhaven und zurück nach Kotka, andere Stationen können auch Petersburg und Klaipëda sein … aber immer durch den Nord-Ostsee-Kanal.«
    Molsen sah Malbek an, als warte er auf eine neue Frage. Malbek ging zum Fenster hinter dem Schreibtisch und sah hinaus. Die Schleusenkammer hatte von der Fördeseite neue Schiffe aufgenommen. Der Wasserspiegel stieg langsam.
    »Sie brauchen hier nicht mal ein Fernglas, um zu erkennen, welche Leute von der Besatzung auf der Brücke stehen«, sagte Malbek und wartete vergeblich auf eine Reaktion von Molsen. »Wie hat Ihr Großvater noch gesagt? Nur der Gang an Deck zeigt die Wahrheit. Waren Sie vorgestern Abend an Bord der ›Christian Molsen‹, als sie dort in der Schleuse war?«
    »Nein. Dazu bestand doch keine Veranlassung.«
    »Wo ist das Schiff jetzt?«
    Molsen sah wieder auf einen der Bildschirme auf seinem Schreibtisch. »Es hat in Rotterdam Ladung aufgenommen. Nächster Zielhafen ist Vuosaari. Östlich von Helsinki.«
    »Fährt es durch den Kanal?«
    »Sie wollen wissen, wann es hier in der Schleuse ist? Einen Moment.«
    »Nein. Ich will wissen, wann es in der Schleuse Brunsbüttel ankommt.«
    »Wir haben in der Deutschen Bucht in Küstennähe ziemlich starken Nordwind. Ja, wenn nichts weiter dazwischenkommt, wird das Schiff morgen früh gegen sieben Uhr dort sein. Warum?«
    »Ich werde dort mit einigen Kollegen an Bord gehen. Verständigen Sie den Kapitän. Das war’s für heute.« Malbek ging zum Besprechungstisch und trank seinen kalt gewordenen Kaffee in einem Zug aus.
    Molsen rührte sich nicht. Kein herzliches Händeschütteln wie bei der Begrüßung.
    An der Tür blieb Malbek stehen und wandte sich um. »Was ich noch fragen wollte … Wer ist eigentlich Christian Molsen?«
    »Mein Großvater«, sagte Axel Molsen und sah mit einem fragenden Ausdruck zum Porträt im vergoldeten Stuckrahmen an der Wand.

5.
     
    » Das wollten Sie also? Dass sie vor der geöffneten Kühlschublade zusammenbricht? Obwohl die Identifizierung gar nicht mehr notwendig war? Und ich und der Kollege Harder mussten das ausbaden! Und Sie haben sich fein aus der Affäre gezogen! Wissen Sie was? Das finde ich schäbig, Herr Malbek!«
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