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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen
Autoren: Dietmar Lykk
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Miesbach eine Laus in den Pelz gesetzt, denn der war ja der
Vorgesetzte und für seine Untergebenen verantwortlich, wenn die etwas
verrieten. Eine Intrige.
    »Ich komm nicht mehr mit rüber. Der Fall gehört Ihnen«, sagte
Schackhaven, als hätte Lüthje im Lotto gewonnen.
    Sie standen auf der Strandpromenade, direkt gegenüber dem Haus. Schackhaven
schüttelte Lüthje die Hand. Eine Sekunde zu lang. Wie für ein Pressefoto und
eine Show für die Kollegen von der Spurensicherung, die im Vorgarten des Hauses
damit beschäftigt waren, den Boden abzusuchen, und die absichernde
Schutzpolizei, die sich um einen wachsamen Eindruck bemühte.
    »Vielleicht«, antwortete Lüthje.
    »Ich erwarte Ihre Nachricht noch heute. Dann sehen wir weiter. Und
den Namen für die Ermittlungsgruppe können Sie wählen.« Er lächelte
aufmunternd, als sei dies ein ganz besonderer Bonbon, und ging zu seinem Wagen,
der nur ein paar Meter weiter stand.
    Lüthje sah ihm nach. Dann sehen wir weiter. Wenn
Lüthje sich weiter bockig stellte, würde Schackhaven ihm eine dienstliche
Anweisung geben, mit dem Segen des Innenministers, schriftlich, per
Einschreiben mit Rückschein oder amtlicher Zustellung mit Stempel und was es
sonst noch gab. Wenn Lüthje dann immer noch bockig war, würde ein
Disziplinarverfahren winken, und der Pension würden Flügel wachsen. Und das
nur, weil Lüthje die ihm zugedachte Rolle als Schuhlöffel für Schackhavens
Karriere nicht übernehmen wollte.
    Lüthje ballte die Fäuste in den Taschen seiner Cordjacke. Hätte er
gestern Abend bloß einen anderen Bus genommen.

3.
    Neben dem Grundstückseingang stand ein verwittertes
Plastikschild, das die brusthohe Grundstücksmauer aus grau verputztem Zement
knapp überragte. »Dieses Grundstück ist zu verkaufen«, war darauf in
umständlicher Formulierung geschrieben, darunter stand eine Mobilfunknummer.
    Das Grundstück war von einer früher an allen Häusern in der Laboer
Strandstraße zum Strand hin üblichen Mauer begrenzt, die als Flutschutz gedacht
war. Zwei leere Dübellöcher in der Mauer kennzeichneten die Stelle, an der
wahrscheinlich das Namensschild angebracht gewesen war.
    Vor der Eingangstreppe erwarteten Lüthje ein Beamter der
Schutzpolizei und ein Mann der Spurensicherung im Plastikover all. Beide
redeten sie ihn mit Namen an.
    Wahrscheinlich hatte Schackhaven gesagt, dass Kriminalhauptkommissar
Lüthje die Ermittlungen leiten würde. Etwas voreilig, aber Schackhaven meinte
wohl, dass ihn der Gruppenzwang beeindrucken würde.
    Der Mann der Schutzpolizei stellte sich als Polizeihauptkommissar
Steffens von der Polizeistation Laboe vor, ohne das Telefonat von gestern zu
erwähnen. Lüthje registrierte es anerkennend. Der Mann im Plastikoverall war
der Leiter der Spurensicherung, Kriminalhauptkommissar Prebling.
    »Weiß man, wer es ist?«, fragte Lüthje.
    »Wahrscheinlich der Sohn der Grundstückseigentümerin, Horst
Drübbisch«, sagte Prebling. »Er hatte einen Personalausweis, einen Führerschein
Klasse drei und einen Fahrzeugschein bei sich. Das entsprechende Fahrzeug, ein
fast fabrikneuer Mercedes C, steht vor seinem Haus in Kiel. Die Nachbarn sagten
übereinstimmend, dass der Sohn der Grundstückseigentümerin Horst Drübbisch
heißt.«
    »Weiß man, wie er ohne sein Auto nach Laboe gekommen ist?«, fragte
Lüthje.
    »Nein«, antwortete Prebling, »oder, Herr Steffens?«
    »Bisher nicht«, sagte Steffens und schien froh zu sein, endlich
einen Beitrag zum Gespräch der beiden Kriminalhauptkommissare leisten zu
können.
    »Vorsicht«, sagte Prebling und wies auf einen flachen dunkelgelben
Haufen Brei vor der Eingangstreppe. Seine Warnung wäre nicht notwendig gewesen,
da der Brei von einem winzigen Zaun aus Drähten und Flatterband markiert war.
Wie es Kinder tun, die am Strand im Spiel eine verbotene Zone mit Strohhalmen
umzäunen.
    »Was ist das?«, fragte Lüthje.
    »Vermutlich Erbrochenes«, sagte Prebling.
    »Weiß man, von wem?«
    »Vom Makler, der die Leiche heute Morgen entdeckt hat.«
    »Wo hat er sich gemeldet?«
    »Über die Leitstelle«, sagte Steffens.
    »Er hat bei seinem Anruf auch gemeldet, dass er sich nach der
Entdeckung der Leiche hier erbrochen hat?«, fragte Lüthje ungläubig.
    »Bei unserem Eintreffen hat er uns das so erzählt«, antwortete
Steffens. »Er sah tatsächlich kreidebleich aus.«
    »Sie werden das gleich besser verstehen«, sagte Prebling zu Lüthje
gewandt. »Wir haben die Gerichtsmedizin angerufen, damit jemand die
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