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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen
Autoren: Dietmar Lykk
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machen. Also, nun mal
Butter bei die Fische.«
    »Heißt das, Sie übernehmen?« Schackhavens Gesicht hellte sich
schlagartig auf.
    Lüthje verdrehte die Augen und sah kopfschüttelnd zum Himmel.
    »Die Landesregierung …«, fing Schackhaven stockend an.
    Lüthje pfiff bewundernd.
    »… also ich habe heute früh den Innenminister über die Lage
unterrichtet. Dieser Mord passiert in einem denkbar ungünstigen Zeitraum. Am
Rande der Kieler Woche wird es ein wichtiges Treffen von Gästen der
Bundesregierung geben. Die Opernvorführung wird bewusst im öffentlichen Raum
stattfinden. An einem Ort, der die Notwendigkeit zu Frieden und Freiheit und
gleichzeitig die Entschlossenheit des Bündnisses zur Verteidigung unserer Werte
repräsentiert. Der einzige Ort an der Kieler Förde, der diese Gedanken kraftvoll
symbolisiert, ist das Kieler Marine-Ehrenmal.«
    Schackhaven hatte wohl einiges durcheinandergebracht und vergeblich
versucht, den Text der vertraulichen Sprachregelung auswendig zu lernen.
Wahrscheinlich war es für ihn eine Art Generalprobe. Er muss noch daran
arbeiten, dachte Lüthje. Er unterdrückte den Impuls, zu klatschen.
    »Was meinen Sie damit? Wichtige Gäste, im öffentlichen Raum und
so?«, fragte Lüthje und ging weiter.
    Schackhaven stolperte, rutschte, aber fing sich wieder und machte
kehrt. »Ich habe noch einen Termin im Rathaus. Wir gehen zum Haus. Laboer
Bürger sind auch Ehrengäste der Vorstellung. Die Diplomaten und Gäste sitzen
mitten unter den Laboer Bürgern. Die sind natürlich handverlesen …«
    »Hört sich gut an. Und was sind das für diplomatische Gäste?«
    Schackhaven druckste herum.
    »Wie soll ich hier in diesem brisanten Umfeld Ermittlungen führen …«, sagte Lüthje, »… wenn ich nicht weiß, wo Minen versteckt sind?«
    Er betrachtete den grauen Stahlkoloss des U-995, eines U-Bootes aus
dem Zweiten Weltkrieg, das auf Metallstelzen am Strand aufgestellt war.
    »Deutsche Waffensysteme sind sehr begehrt. Vielleicht haben Sie davon
gehört«, begann Schackhaven mit gesenkter Stimme. »Hier in Kiel sind
verschiedene Interessenten das erste Mal zusammen. Nach der Vorstellung in
Laboe gibt es in Kiel an einem geheimen Ort einen Empfang.«
    »Und Verkaufsgespräche …«, meinte Lüthje.
    »Davon ist mir nichts bekannt. Es geht uns auch nichts an, verstehen
Sie, Lüthje?«
    »Warum erzählen Sie mir das alles? Meinetwegen können die nach der
Oper auch Eierlaufen machen … Würde eigentlich gut zur Situation passen. Finden
Sie nicht auch?«
    »Bitte enttäuschen Sie mich nicht. Das, was dort passiert ist …«, er
nickte zum Haus, seine Stimme klang fast weinerlich, »… ist da
rauszuhalten, es hat nichts mit dem da …«, er nickte Richtung Ehrenmal, »… zu
tun. Wenn Sie während der Ermittlungen auf etwas stoßen, das auf eine
politische Dimension hinweist, informieren Sie mich bitte sofort.«
    »Das war drehreif, wie Sie das eben sagten«, erklärte Lüthje und
bemerkte ein leises Zucken in Schackhavens rechter Gesichtshälfte. »Hätte ich
beim Sicherheitstrupp am Ehrenmal einen Ansprechpartner?«
    »Nein.«
    »Wirklich nicht?«
    » Ich bin Ihr Ansprechpartner. Ich bin
immer für Sie erreichbar.«
    »Welche Oper wird aufgeführt?«, fragte Lüthje.
    »Turandot.«
    »Ist das nicht die Oper, in der die Freier die Rätsel der
angebeteten Prinzessin Turandot richtig lösen müssen? Wer Fehler macht, wird
geköpft. Auch fast wie im richtigen Leben.«
    »Ich dachte, Sie interessieren sich nicht für Opern.«
    »Meine Eltern aber. Sie glauben nicht, wie die mich damit gequält
haben. Es gab nur eine Arie, die … ach, das führt uns vom Thema ab. Weiß
Flensburg, ich meine Polizeirat Miesbach, über diese nebensächlichen
Einzelheiten und den Rest, der so lose dranhängt, Bescheid?«
    »Nein.«
    Also sprach Zarathustra. Schackhavens Stimme klang plötzlich hart.
    Man sagt, der Mensch wächst mit seinen Aufgaben. Schackhaven war
Geheimnisträger, das war sehr deutlich herauszuhören. Er glaubte, zwei
Karrierestufen auf einmal nehmen zu können, wenn er sich bei dieser Sache
bewährte. Und der Kollege Polizeirat Miesbach gehörte nicht zum Kreis der
Auserwählten. Dann sucht man sich einen älteren, erfahrenen Ermittlungsbeamten,
der keine anderen Ambitionen mehr hat als die goldene Armbanduhr und die
Pension. Dem glaubt man sowieso nichts, wenn er später in der Öffentlichkeit
über angebliche Vertraulichkeiten und Staatsgeheimnisse redet. Und man hätte
dem Kollegen
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