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Magnolia Haven 02 - Mittagsglut

Magnolia Haven 02 - Mittagsglut

Titel: Magnolia Haven 02 - Mittagsglut
Autoren: Marina Schuster
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    »Mörderin, Mörderin, Mörderin …«, schienen die Räder des Zugs zu rattern, und am liebsten hätte Joanna sich die Ohren zugehalten.
    Müde und erschöpft kauerte sie auf ihrem Sitz in einem Abteil des Amtrak-Trains nach New Orleans. Gerne hätte sie ein wenig geschlafen, sie fühlte sich ausgebrannt und elend, doch sie war viel zu aufgewühlt, um ein Auge zuzumachen. Die ganze Zeit sah sie Toms leblose Augen vor sich, sah sein Blut auf den Boden tropfen, und fragte sich qualvoll, ob sie diesen Anblick jemals in ihrem Leben vergessen würde.
    Immer wieder schaute sie sich unauffällig um, rechnete damit, dass jeden Moment jemand mit dem Finger auf sie zeigen und laut »Mörderin« rufen würde. Aber nichts dergleichen geschah. Die beiden Mitreisenden in ihrem Abteil, ein älteres Ehepaar, dösten friedlich vor sich hin, und auch der Schaffner hatte nicht mit der Wimper gezuckt, als er ihre Fahrkarte kontrolliert hatte.
    Wie betäubt starrte sie aus dem Fenster in die Dunkelheit hinaus, und überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis man den Brand bemerkte und Toms Leiche fand.
    Im Nachhinein konnte sie selbst nicht verstehen, wie kaltblütig sie in dem Augenblick gewesen war, als sie das Feuer gelegt hatte. Doch es war ihr als die einzige Möglichkeit erschienen, zu vertuschen, was im Schuppen vorgefallen war.
    Lieber sollte Jake glauben, sie wäre dort im Feuer umgekommen, als zu erkennen, dass die Frau, die er liebte, seinen Bruder getötet hatte.
    Jake. Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie würde es sich nie verzeihen können, dass sie ihm all das angetan hatte, wenn es auch nicht ihre Schuld gewesen war. Aber sie hatte ihn belogen, und das allein hatte Tom letztendlich die Gelegenheit gegeben, seine Intrige gegen Jake zu spinnen. Hätte sie Jake von Anfang die Wahrheit gesagt, hätte sie ihm erzählt, wer sie war und woher sie kam, wäre das alles nicht passiert. Tom wäre noch am Leben, und sie wäre jetzt nicht auf der Flucht.
    Immer wieder sah sie Jakes liebevolles Lächeln vor sich, hörte seine warme Stimme, spürte seine zärtlichen Berührungen.
    »Ach Jake«, dachte sie unglücklich, »es wäre besser für dich gewesen, wenn wir uns nie begegnet wären.«
    Stöhnend richtete Tom Prescott sich auf. Sein Kopf schmerzte, und als er mit der Hand an seine Schläfe fasste, fühlte er etwas Klebriges. Er betrachtete seine Finger, stellte fest, dass es sich um Blut handelte. Augenblicklich kehrte die Erinnerung an den Kampf mit Joanna zurück.
    »Miststück«, fluchte er leise vor sich hin, und im gleichen Moment wurde ihm bewusst, dass etwas nicht stimmte.
    Der Schuppen war beinahe taghell erleuchtet, er konnte sowohl ein Prasseln hören als auch einen unangenehm beißenden Geruch wahrnehmen – Feuer.
    In der Mitte des Gebäudes lag ein Haufen aus altem Gerümpel, er brannte lichterloh, und die Flammen schlugen bis an die Decke.
    Trotz seines dröhnenden Schädels war ihm klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis das Dach in sich zusammenstürzen und ihn unter sich begraben er würde. Mühsam rappelte er sich auf.
    Sein Blick fiel auf die Metallstange, die nur wenige Zentimeter neben ihm am Boden lag, und spontan bückte er sich danach und hob sie auf. Dann eilte er zur Tür, so schnell es ihm mit seinem schmerzenden Kopf möglich war, und stürmte ins Freie. Er entfernte sich ein Stück vom Schuppen und drehte sich um, sah, wie die Flammen bereits oben aus dem Dach schlugen.
    Schwindel erfasste ihn, er taumelte ein paar Schritte vorwärts und ließ sich ins Gras fallen.
    »Du kleine, dreckige Schlampe«, murmelte er fassungslos, »das wirst du mir noch büßen. Ich werde dich finden, und wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, du wärst niemals geboren worden.«
    Während er zusah, wie das Feuer sich immer weiter ausbreitete, überlegte er, was er nun tun sollte. Auf keinen Fall würde er seinen Plan aufgeben, dafür hatte er bereits zu viel Zeit, Mühe und Geld investiert. Außerdem saß Sergio Caliente ihm nach wie vor im Genick, und wenn er nicht bald seine Schulden bei ihm bezahlte, würde man ihn mit ein paar hübschen Betonschuhen aus dem Mississippi fischen. Nein, er musste die Sache jetzt durchziehen, und dazu musste er Joanna wiederfinden.
    Er lachte auf, als ihm klar wurde, dass es nur einen Ort gab, wohin sie gehen konnte, nämlich das »Red Lantern«. Sie würde bei ihrer Mutter Unterschlupf suchen, und es wäre für ihn ein Leichtes, Bill dazu zu bringen,
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