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Totenpech

Titel: Totenpech
Autoren: Tanja Pleva
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Mordkommission,
Stefan Rellinger, aufgetaucht und sah von einem zum anderen. Dann öffnete er
die Tür zum Vernehmungsraum, schloss sie ohne ein Wort wieder und sagte: »Ich
hoffe für Sie, dass das da drinnen ohne Folgen bleibt, und ziehe Sie als Leiter
von dem Fall ab, Herr Niemann. Ich möchte eine schriftliche Stellungnahme dazu
haben.«
    Â»Aber …«
    Der strenge Blick des jüngeren Vorgesetzten ließ Alfred
augenblicklich verstummen.
    Â»Sam, Sie übernehmen die Leitung des Falles.«
    Alfred sah Sam einen Augenblick entrüstet an. Es war eine
unangenehme Situation, die sich vor Jahren schon einmal ähnlich abgespielt
hatte. Ein Grund, warum Alfred sich in den Norden hatte versetzen lassen. Sam
holte eine Münze aus der Tasche und steckte sie in den Kaffeeautomaten. Er
beobachtete, ohne Alfred anzusehen, wie sich der kleine Pappbecher langsam mit
heißem Kaffee füllte.
    Â»Okay, Boss, jetzt verrat mir, woher du wusstest, dass der kleine
Scheißer Deutsch spricht?«
    Â»Sein Gesicht hat es mir verraten, als du ihn als schwulen Sack
bezeichnet hast.«
    Alfred nickte, steckte ebenfalls eine Münze in den Automaten und
drückte auf den Knopf, auf dem »Espresso« stand. »Was meinst du?«
    Â»Was für ein Motiv der Bengel gehabt hat? Na ja, man bringt seinen
Goldesel doch nicht einfach so um. Soweit ich gesehen habe, wies die Leiche
keine Kampfspuren auf. Sollte doch Sex im Spiel gewesen sein? Lassen wir den
Jungen anal untersuchen, dann haben wir Gewissheit, ob er die Wahrheit sagt.«
    Das »wir« war in diesem Falle eine rein taktische Maßnahme und
sollte Alfred das Gefühl geben, dass sie noch gemeinschaftlich und vor allem
gleichberechtigt an dem Fall arbeiteten, auch wenn es eigentlich nicht so war,
denn ab jetzt trug Sam die volle Verantwortung.
    Â»Na schön, aber nehmen wir mal an, der reiche Lothar wollte ihn doch
zum Sex zwingen … Und Italiener sind dafür bekannt, dass sie sehr, sehr
temperamentvoll sind. Er ist durchgedreht und hat ihn ohne Vorwarnung geköpft,
weil er sich erniedrigt fühlte. Deshalb auch keine Kampfspuren«, schlussfolgerte
Alfred.
    Â»Alles Spekulationen, Alfred. Was weiß man eigentlich bisher über
das Opfer?«
    Â»Lothar Senner, Jachtmakler, hat sich die meiste Zeit an der Côte
d’Azur oder in Miami aufgehalten. Hat die abgedrehtesten Jachten für horrendes
Geld an Ölscheichs und andere reiche Heinis verkauft. Stinkt, besser gesagt,
stank vor Geld. Jetzt stinkt er jedenfalls nach seinen eigenen Eingeweiden.«
    Â»Also ein reicher Homosexueller«, Sam nahm einen kleinen Schluck aus
seinem Becher Kaffee. »Jetzt stell dir mal vor, er hat sich immer mal einen
Stricher ins Haus geholt. Die ganze Scheiße in den Gefrierbeuteln stammt ja
nicht von ein und derselben Person, oder?!«
    Â»Das wissen wir noch nicht genau.«
    Â»Ist auch egal. Gehen wir davon aus, dass er gelegentlich auch mal
Sex brauchte. Und das nicht mit seinem Kotlieferanten. Also, ein anderer
Stricher dringt nachts in die Villa ein, bringt Lothar Senner um, weil er weiß,
dass Alessio da ist, dem man die Tat in die Schuhe schieben kann. Motiv:
Eifersucht? Rache? Was weiß ich.«
    Alfred nickte. »Ja, der Fall ist doch nicht so einfach, wie ich
anfangs gedacht habe, aber deshalb bist du ja jetzt auch der Boss.«
    Alfred streckte seinen Rücken durch, verbeugte sich vor Sam und ließ
ihm den Vortritt zurück in den Vernehmungsraum.

5. KAPITEL
    Jean-Luc Fleury wusste nicht mehr, wie lange er bereits in
diesem Gefängnis saß. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Waren es Stunden,
oder waren es bereits Tage? Man hatte ihn narkotisiert und hierher verschleppt.
Doch wo war er überhaupt? Er hatte das Gefühl, nicht mehr in Marseille zu sein.
Warum, wusste er nicht. Vielleicht hatte sein Unterbewusstsein irgendetwas
wahrgenommen? Er konnte sich nur noch daran erinnern, dass er aus der Bar
gekommen war und nach Hause wollte. Er war am Strand entlanggegangen, und dann?
Dunkelheit, fremde Stimmen, eine fremde Sprache, Motorengeräusche.
    Aber er war definitiv nicht mehr am Strand, obwohl um ihn herum nur
Sand war, doch die Luft war hier zu trocken und zu heiß, und es roch nicht nach
Meer.
    Plötzlich hörte er einen gellenden Schrei. Den Schrei einer Frau.
Sie schrie einen Namen. Françoise? Françoise? Dann verstummte sie. Er hörte
Kindergewimmer, dann war
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