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Totenpech

Titel: Totenpech
Autoren: Tanja Pleva
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ägyptischem Tempel und römischem Palast. Die Säulen, rundum mit
Hieroglyphen verziert, waren an die acht Meter hoch und trugen eine Decke, auf
der das Universum mit Sternbildern, Planeten und der Milchstraße zu sehen war.
In die Wände eingearbeitete vier bis fünf Meter hohe Götterstatuen standen
majestätisch jeweils zwischen den Panoramafenstern, vor denen weiße
Seidenvorhänge hingen, die den dahinter liegenden Garten nur schemenhaft
erkennen ließen.
    In der Mitte des Raumes ruhte eine überdimensionale cremefarbene
Couchgarnitur, auf der eine grau melierte Katze lag. Daneben mehrere kleine
vergoldete Ecktischchen, auf denen Lampen mit Schirmen aus gewickeltem Leinen
standen, sowie ein Glastisch, um den sich diverse Schlangenkörper wanden, die
der ganzen eigenwilligen Konstruktion Halt gaben. Am Rand des Saales prangte
ein Esstisch, ebenfalls vergoldet, dessen Platte von Sphinxen getragen wurde
und auf der eine Obstschale mit versilberten und vergoldeten Früchten stand.
Direkt neben der Obstschale lag zusammengerollt eine weiße Angorakatze.
    An der Wand dahinter waren Nischen eingelassen, in denen zwei
schwarze Katzen saßen, und zwischen den Nischen hing ein etwa drei Meter langes
und ein Meter fünfzig breites Papyrus in kräftigem Mittelblau und Gold hinter
Glas. Es war der einzige Farbtupfer im Saal, wenn man von der Blutlache absah,
die sich unter dem abgetrennten Kopf und dem Rest des Leichnams auf dem weißen
Marmor gebildet hatte.
    Â»Ich hatte noch nie etwas für Leute übrig, die Tiere ausstopfen«,
sagte Alfred leicht angewidert.
    Der Geruch des Todes wurde überdeckt von einem angenehmen
Eukalyptusduft, der aus dem hinteren Teil des Hauses zu kommen schien. Es war,
als hätte Sam einen Sprung in eine längst vergessene Zeit gemacht. Er bewegte
sich wie hypnotisiert durch den Raum, als plötzlich ein Beamter, dessen
Gesichtsfarbe übergangslos zu seinem weißen Schutzanzug passte, zu Niemann
sagte: »Mein Gott, das müssen Sie sich ansehen.«
    Sam überlegte, dass jetzt der richtige Zeitpunkt war, den Tatort zu
verlassen, da Alfred abgelenkt war. Doch seine Neugierde ließ ihn dem Beamten
durch eine Tür folgen, die in eine hochmoderne Küche führte. Sie war in Chrom
und Schwarz gehalten und bildete den krassen Gegensatz zum Rest des antik
gestalteten Hauses.
    Der Polizist führte sie zu einer Tiefkühltruhe. Erst auf den zweiten
Blick ahnte Sam, was sich dort in vielen kleinen Frischhaltebeuteln befand,
dennoch sträubte sich sein Verstand dagegen.
    Alfred hörte auf, seinen Apfel zu essen, überreichte ihn dem Beamten
mit geweiteten Augen. Im nächsten Augenblick zerrte er eine Plastiktüte unter
seinem Schutzanzug hervor, öffnete sie, steckte den halben Kopf hinein und
stieß gequälte Würgelaute aus.
    Sam hielt sich die Hand vor den Mund, um sein Grinsen zu verbergen,
und verließ schnell die Küche.
    Alfred Niemann war schon immer bekannt dafür gewesen, dass er einen
überaus empfindlichen Magen hatte. Wenn Alfred zu einem Tatort oder in die
Gerichtsmedizin gerufen wurde, schlossen die Kollegen vorher Wetten darüber ab,
ob Niemann seinen Magen entleerte oder nicht. Das hing natürlich auch von dem
Zustand der Leiche ab. Sam hatte sich oft gefragt, warum Alfred nicht einen
anderen Beruf gewählt hatte. Er schlussfolgerte, dass sein Kollege leicht
masochistisch veranlagt sein musste.
    Inzwischen waren weitere Ermittler am Tatort eingetroffen. Neben der
Leiche kniete der Gerichtsmediziner, hob den Körper des Opfers leicht an und
drückte in die dunklen Totenflecken, die sich bereits an der Unterseite des
Körpers gebildet hatten. Dann nuschelte er etwas in sein Aufnahmegerät, das er
dicht vor seinen Mund hielt, während ein Fotograf unaufhörlich den Auslöser
seiner Kamera drückte und mit dem immer höher werdenden Summen, das das Aufladen
des Blitzlichtes von sich gab, die merkwürdige Stille durchbrach, die trotz der
vielen Leute am Tatort herrschte.
    Sam warf einen Blick auf den fein säuberlich abgetrennten Kopf mit
den vor Schreck weit aufgerissenen Augen und war froh, dass das nicht sein Fall
war und er noch eine Woche von solchen Gräueltaten verschont bleiben würde.
Dann drehte er sich einmal langsam im Saal um die eigene Achse, bis sein Blick
an der Treppe hängen blieb, die nach oben führte.
    Er überlegte kurz, ob der erste Stock
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