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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer
Autoren: Susanne Mischke
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klingt.
    »Ja, ja, schon gut.« Fernando winkt ab.
    Die Knöchel an Jules Händen werden weiß, so fest umklammert sie das Lenkrad. Die Schnellstraße wird einspurig, sie passieren das Ortschild mit der Aufschrift Holtensen .
    »Immerhin haben sie ’nen McDonald’s «, stellt Fernando überrascht fest.
    »Warst du mal bei Völxen zu Hause?«, fragt Jule, die sich wieder beruhigt hat und gern das Thema wechseln möchte.
    »Nein, noch nie. Er erzählt nur immer vom Umbau seines Hofes und von der große Fete, die er machen will, wenn alles fertig ist. Also in ungefähr zwanzig Jahren.«
    »Diese Schafe würde ich ja gern mal sehen«, bekennt Jule. »Die haben sogar Namen.«
    Fernando schüttelt den Kopf. »Der Mann steckt voller Marotten, wie hält seine Frau das bloß aus?«
    »So übel ist er nun auch wieder nicht«, verteidigt Jule ihren Chef.
    »Ja, sicher gibt’s viel, viel Schlimmere. Aber ich krieg regelmäßig Zustände, wenn er wieder Klopapierfetzen im Gesicht hängen hat, nur weil er sich mit diesem komischen Messer rasiert hat, das noch von seinem Großvater stammt.«
    Jule lächelt. »Aber ich mag sein Auto.«
    »Die alte DS – ja, die Karre ist große Klasse. Schade, dass er damit nicht mehr zur Dienststelle fahren kann. Verdammte Umweltplakette, wer denkt sich solchen Schwachsinn aus?«
    Sie biegen von der Hauptstraße ab und passieren eine angeleuchtete Kirche.
    »Hübsch hier«, urteilt Fernando. »Ach, weißt du übrigens schon, dass ich mir wahrscheinlich ein neues Motorrad kaufen werde? Ich muss nur noch den Banker weichklopfen.«
    »Eine schwarze Moto Guzzi Bellagio mit 90° V2, Viertaktmotor, 940 ccm Hubraum, 75 PS und einem Sechsganggetriebe – ja, du hast es mal erwähnt«, antwortet Jule. Seit Wochen kennt Fernando kein anderes Gesprächsthema, er nervt die ganze Abteilung damit, und sein Schreibtisch ist bedeckt von Motorradprospekten.
    »Hier rechts, den Berg hoch«, sagt Fernando gekränkt.
    Jule fährt Schritt, denn auf der Straße kommen ihr zahlreiche Menschen entgegen. »Die reinste Völkerwanderung!«, wundert sie sich. Es handelt sich um Paare und Einzelpersonen, die kleine Kinder an der Hand führen. Die Erwachsenen wirken bedrückt, aber auch die Kinder trotten ungewöhnlich ruhig neben ihnen her. Vermutlich hat Völxen die Leute, die Kinder dabei haben, nach Hause geschickt, kombiniert Jule. Schlimm genug, wenn ein vermeintlich harmloses Sonntagsvergnügen mit dem Anblick einer Leiche endet. Ein Gedanke zuckt auf. Was, wenn er hier ist? Ein österlicher Ausflug mit Frau und Kind, hinaus aufs Land, wo die Osterfeuer größer und prächtiger sind als in der Stadt. Das wäre doch denkbar. Sie ertappt sich dabei, wie sie die entgegenkommenden Leute abscannt und schimpft sich eine dumme Pute. Auf halber Höhe der Straße parken drei Streifenwagen. Jule stellt den Dienst-Audi dahinter ab.
    »Der kommt gerade recht!« Fernando springt aus dem Auto und verschwindet rasch im Inneren eines himmelblau gestrichenen Bauwagens, über dessen Eingang Toiletten steht. Jule nutzt die Zeit, um Völxen anzurufen und ihm ihre Ankunft mitzuteilen.
    »An den Bierständen vorbei, dann links den Feldweg entlang, und dann sehen Sie es schon.«
    Sichtlich erleichtert kommt Fernando aus dem Bauwagen, und zusammen gehen sie das letzte Stück den Berg hinauf, wobei Jule ihr unpassendes Schuhwerk verflucht. Die noch verbliebenen Besucher des Osterfeuers haben sich grüppchenweise zusammengerottet, sämtliche Bierbänke und Stehtische sind besetzt, doch die Stimmung ist sehr gedämpft.
    Fernando winkt zwei Frauen zu, die zielstrebig auf sie zukommen. Man begrüßt sich, Jule wird vorgestellt.
    »Wanda kennen Sie ja noch, Herr Rodriguez?«, fragt Sabine Völxen.
    Früher war Wanda oft dabei, wenn der Kommissar Wein im Laden von Fernandos Mutter gekauft hat; ein blondes Gör mit Zahnspange und Babyspeck um die Hüften. Doch inzwischen hat Völxens Tochter die gleiche schlanke Figur wie ihre Mutter und ebenso strahlend blaue Augen. Nur das kräftige Kinn stammt offensichtlich vom Vater – und wenn man diesem glauben darf, dann hat sie wohl auch seinen Dickkopf geerbt.
    »Hallo, Wanda!« Ob er sie überhaupt noch duzen darf?
    »Hi, Fernando.«
    »Mein Mann hat mir schon viel von Ihnen erzählt, Frau Wedekin«, verrät Sabine Völxen und fügt hinzu: »Aber nur Gutes.«
    »Und was erzählt er von mir?«, will Fernando wissen.
    »Sagen wir – das meiste davon ist gut.«
    Jule unterdrückt ein Grinsen.
    »Kommen
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