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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner
Autoren: dtv
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Knochenhauer zitieren darf?
    »Osman, beeil dich, du musst noch Marcel und Lothar abholen«, quengelt meine Frau, die mir auch nicht eine Sekunde Verschnaufpause gönnt.
    »Eminanim, hast du dir das auch gut überlegt? An deiner Stelle würde ich den Marcel auf keinen Fall hierherbringen, falls du den hübschen Luigi noch ein paar Tage als Schwiegersohn behalten willst.«
    Aber meine Frau nimmt von mir außer Geld nichts an – schon gar nicht einen gut gemeinten Rat! Was sich im Nachhinein auch als sehr weise herausstellt. Denn Marcel und Lothar zaubern aus diesem langweiligen Pizzaladen ein wahres Märchenschloss: Mit ihren tausend Tüchern und Kerzen in allen möglichen Farben, mit kleinen Figürchen und Vasen und mit kitschigsten Fotos aus der Toscana, die ein Diaprojektor unaufhörlich an die Wand projiziert. Und in dem hübschen Kleid von Marcel mit vielen Rüschen und Spitzen sieht meine Tochter Zeynep wie eine wunderschöne Prinzessin aus. Aber ich muss dafür noch tausendmal hin und her fahren. Mal haben sie ein pinkfarbenes Nähgarn zu Hause vergessen, mal muss ich für sie unbedingt irgendwelche Glitzerstoffe besorgen. Die |211| spannen sogar unseren Hausmeister Warmbier in die Vorbereitungen ein. Der ist für das Grobe zuständig und muss mit mir zusammen Tische und Stühle durch die Gegend schleppen.
    »Papa, Papa, ich hab endlich mein psychologisches Gutachten«, brüllt plötzlich meine Tochter durch den ganzen Laden.
    »Seit wann braucht man denn zum Heiraten ein psychologisches Gutachten?«, frage ich völlig verwirrt und etwas gestresst.
    »Papa, komm zu dir, nicht alle deine Töchter sind scharf aufs Heiraten. Ich bin’s, Nermin. Ich kann mir heute endlich einen Hund ausleihen.«
    »Heute? Am Verlobungstag deiner Schwester? Tickst du nicht mehr richtig?«
    »Trifft sich doch gut, heute kann ich meinen süßen Hund gleich mit allen Leuten bekannt machen!«
    »Nermin, lass mich in Ruhe mit deinem Köter! Heute habe ich ohnehin bereits eine Weltumrundung mit dem Wagen hinter mir.«
    »Das hast du mir aber versprochen! Wenn Zeynep einen Mann kriegt, kriege ich einen Hund!«
    »Aber nicht am selben Tag! Zieh endlich Leine!«
    »Will ich ja, aber dafür musst du mich zuerst ins Tierheim fahren.«
    »Würde ich ja gerne, aber du musst deine Mutter fragen, ob sie mich für eine Stunde entbehren kann«, schiebe ich die Entscheidung auf Eminanim, die in dieser Situation auf mich als Organisator natürlich auf keinen Fall verzichten wird.
    »Ja, Osman, tu mir und ihr den Gefallen. Fahr bitte sofort |212| wieder weg«, sagt sie genervt, »hier behinderst du nur die Leute bei der Arbeit!«
    »Öhm, Nermin,… ich glaube, deine Mutter hat nichts dagegen, dass ich einen Moment wegfahre«, murmele ich.
     
    In der Hoffnung, dass sie bis zur Hochzeit endlich einen eigenen Führerschein hat, kutschiere ich Nermin mal wieder bis ans Ende der Stadt. Bis zu Zeyneps Hochzeit natürlich! Dass meine feministische Tochter Nermin niemals heiraten wird – jedenfalls keinen Mann   –, ist mir längst klar!
    Die Leiterin des Tierheims ist begeistert, dass wir es geschafft haben, mit allen notwendigen Unterlagen dort wieder zu erscheinen.
    »Viele Leute haben nicht mal den Nerv für das bisschen Papierkram«, sagt die Cheftierschützerin lobend, »wie sollen die da bloß mit einem sensiblen Tier klarkommen? War doch nicht so schwer, oder?«
    Meine Tochter freut sich noch viel mehr und kann es kaum noch erwarten, jetzt alle Hunde anschauen zu dürfen, um ihren Traumprinzen zu finden.
    »Tut mir leid, mein Kind, das geht nicht so einfach«, wird sie von der netten Dame sofort gebremst.
    »Wieso denn nicht?«, fragen wir beide ziemlich verständnislos.
    »Sie müssen den Hund nehmen, der jetzt dran ist. Das geht der Reihe nach.«
    »Okäy, ich bin mit jedem Hund einverstanden. Geben Sie mir jetzt endlich einen«, bettelt Nermin sie förmlich an.
    »So geht das aber auch nicht, mein Kind, wir haben hier ganz klare Richtlinien!«
    |213| »Aber wieso denn nicht?«, frage ich diesmal noch einen Tick geschockter, obwohl die Dame mit »mein Kind« nicht unbedingt mich gemeint haben muss.
    »Wir haben hier nun mal sehr lange Wartelisten. Denken Sie etwa, Sie sind die einzige Tierliebhaberin in dieser Stadt?«
    »Also gut, ich komme morgen wieder«, gluckst Nermin verzweifelt.
    »Schauen Sie, wir haben auf der Liste noch einhundertsiebenundzwanzig Leute vor Ihnen, die alle schon sehr lange darauf warten, einen unserer begehrten Hunde
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