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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste
Autoren: Roger Zelazny
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aktivieren. Man möchte ihn als ganz besondere Gabe in der Kula -Kette weiterreichen und jede Welt, die er besucht, mit einem vollständigen Bericht informieren. Der Stein könnte über Räume und Generationen hinweg seine Informationsbasis immer weiter ausbauen und über jede einzelne Welt einen kompletten Datenberg sammeln. Im Endeffekt könnte er den Rat dann mit Informationen über ganze galaktische Sektoren versorgen. Er ist ein lebender Datenverarbeiter, telepathisch begabt – er hat im Lauf der Jahrhunderte genug erfahren, um mich mit Informationen über den Galaktischen Kodex und die Funktionsweise einer bestimmten Maschine versorgen zu können. Er repräsentiert eine einzigartige Kombination von Objektivität und Empathie, und gerade deswegen sind seine Berichte von allergrößtem Wert.“
    „So langsam fange ich an, die Situation zu verstehen“, sagte er.
    „Ja. Speicher scheint großen Gefallen an mir gefunden zu haben. Er möchte mich gerne als Wirt.“
    „Eine einmalige Gelegenheit.“
    „Richtig. Wenn ich einwillige, kann ich wahrscheinlich alle Wunder der Galaxis sehen. Lehne ich ab, kann ich auf der Erde alle außerirdischen Kulturen studieren.“
    „Warum sollten Sie sich auf die Theorie beschränken, wenn Sie die Praxis haben können?“
    „Ich habe mir Gedanken über die immense Geschwindigkeit des Fortschritts gemacht. Vor einer Weile waren wir hier, nun sind wir da. Alles andere ist ein klein wenig unreal – die Distanz zwischen diesem Turm und dem letzten. Hier oben bemerke ich, hinunterblickend, zum ersten Mal, daß meine Turmspitzen immer näher zusammenrücken. Das Tempo der Veränderungen hat eine meßbare Geschwindigkeit erreicht. Alles dort unten wird immer hektischer und immer absurder. Sie sagten mir damals, wenn mir das einmal bewußt werde, solle ich den Brandy nicht vergessen.“
    „Richtig. Das habe ich. Hier.“
    Ich drückte meine Zigarette aus. Ich erinnerte mich an den Brandy, trank einen Schluck.
    „Wäre die Entfernung nicht so gewaltig“, sagte er, „dann könnte man der Zeit wirklich ins Antlitz speien.“ Er nahm die Flasche wieder an sich. „Ja, all das sagte ich damals, und es stimmte auch. Für mich.“
    „Und wohin führt es uns?“ fragte ich. „Zum Gipfel einer nur schwer zu erklimmenden Treppe, von der wir wissen, daß schon andere oben sind. Sie betrachten uns als aufstrebende Welt – als Barbaren. Wahrscheinlich haben sie sogar recht. Entziehen wir uns der Wahrheit nicht. Wir werden zum Gipfel der Treppe geprügelt. Wenn ich den Job annehme, dann werde ich das Ausstellungsstück sein, nicht Speicher.“
    „Statistisch gesehen“, sagte er, „war es wenig wahrscheinlich, daß wir uns an der Spitze der Leiter befinden würden, ebenso wenig wie ganz unten. Ich glaubte zu jedem Zeitpunkt das, was ich gesagt habe, manches sogar heute noch. Aber Sie dürfen dabei die Umstände nicht vergessen. Ich sprach vom Ende einer Karriere, nicht vom Anfang, und ich sprach alle Gedanken aus, die einem bei einem solchen Anlaß durch den Kopf gehen. Mittlerweile habe ich neue Erkenntnisse gewonnen. Viele Erkenntnisse. Wie etwa Professor Kuhns Bemerkungen über die Struktur der industriellen Revolution – eine gewaltige neue Idee taucht auf und zerschmettert das alte Weltbild vollkommen, danach muß alles wieder von Grund auf neu aufgebaut werden. Nach einer Weile sieht das Bild dann wieder ganz ordentlich aus, abgesehen von einigen Rissen und Sprüngen vielleicht. Und dann wirft wieder jemand einen Stein durchs Fenster. So hat sich das immer für uns abgespielt. In den letzten Jahren kamen die Steinwürfe nur immer häufiger. Wir haben kaum mehr Zeit zum Aufräumen, geschweige denn zum Neuaufbau. Das verwirrt den Intellekt natürlich. Was auch immer wir sind, wir unterscheiden uns von denen dort draußen. Das ist nur natürlich. Kein Mensch ist dem anderen gleich. Wenn es sonst auch keine Gründe gibt, nur deswegen haben wir etwas beizutragen. Das werden wir ganz einfach herausfinden müssen. Wir müssen den gegenwärtigen Steinhagel überleben, denn andere haben das auch getan. Wenn wir das können, dann sind wir das Überleben wert. Es war nicht falsch von mir, der erste und Beste sein zu wollen, aber es war falsch, der einzige sein zu wollen. Das Dumme mit euch Anthropologen ist, bei allem Geschwätz über kulturellen Relativismus, daß ihr durch die Evolution selbst auf eine höhere Warte gehoben werdet und auf alle älteren Kulturen herunterblicken könnt. Nun
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