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Topas

Topas

Titel: Topas
Autoren: Leon Uris
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technische
Spielereien als Anreiz für die Phantasie. Die Russen wurden
als Männer mit schmutzigen Fingernägeln und
schlechtsitzenden Anzügen dargestellt, düster, brutal,
geheimnisvoll und falschen Göttern hörig. Die einzige
Ausnahme war eine Russin, eine Agentin des KGB, die von einer
vollbusigen Italienerin mit einem unmöglichen russischen
Akzent gespielt wurde.
    Auch eine
Schlafzimmerszene kam vor. Als die Szene lief, legte Boris Kuznetow
den Kopf zurück und schüttelte sich vor Lachen. Er
lachte, bis er fast erstickte. Michael hatte ihn bisher nie lachen
hören. Nach dem Film genehmigte sich Kuznetow ausnahmsweise
einen Drink. Auf seinen Spaziergängen erwähnte er oft so
nebenbei, daß die westlichen Agenten zuviel tranken. Er
selbst war fast völlig abstinent. Aber an diesem Abend
fühlte er sich wohl.
    »Die Tage sind
lang«, sagte er, während er ein Holzscheit in den Kamin
nachlegte. Er wählte seine Worte mit äußerster
Sorgfalt. »Ich hätte gern Gesellschaft. Jemanden aus
meinem Erdteil. Einen Europäer.« Nordstrom zog die
Augenbrauen hoch. »Denken Sie an eine bestimmte
Person?«
    »Ja,
tatsächlich.«
    »Wer ist
es?«
    Boris rührte in
seinem Glas, nahm einen kleinen Schluck und sah in die
züngelnden Flammen. »Devereaux. Andre
Devereaux.«
    »Wer?«
    »Französischer
Geheimdienst, SDECE. Ihr ININ-Kollege in Washington. Sie kennen ihn
recht gut.«
    Boris sah in Michaels
unbewegtes Gesicht.
    »Warum
Devereaux?»
    «Franzosen sind
lebhaft.«
    »Was
sonst?»
    «Ich brauche
Gesellschaft.«
    Nordstrom antwortete
nicht. Der Wunsch war das Ergebnis kalter Berechnung, und Kuznetow
wollte nicht mehr darüber sagen.
    »Ich will es mir
überlegen«, erwiderte Nordstrom.
    *
    Marshal McKittrick,
der Berater des Präsidenten, sah genauso aus, wie er war: ein
gepflegter, weißhaariger, tadellos gekleideter Manager, der
schon drei Präsidenten gedient hatte - ohne
Geschäftsbereich - und als Mitglied des engeren Kreises im
Weißen Haus und als persönlicher Berater des
Präsidenten in Geheimdienstangelegenheiten bekannt war. Er zog
ein Gesicht, als Sanderson Hooper Tabakkrümel auf seinen auf
Hochglanz polierten Schreibtisch fallen ließ.
    »Woher
weiß Kuznetow von Devereaux?« fragte
McKittrick.
    Hooper fegte den Tabak
wie Brotkrumen zusammen und warf ihn in den großen
Kristallaschenbecher, ein Geschenk des Präsidenten.
    »Vielleicht
durch einen der britischen Überläufer in den letzten paar
Jahren. Oder er hat es von einem sowjetischen Botschaftsmitglied
aus Paris oder Washington erfahren.«
    »Ich arbeite
seit zwölf Jahren mit Andre Devereaux zusammen«, sagte
Nordstrom. »Wir haben gemeinsam den ININ aufgebaut, Marsh,
und er ist der Mann in Washington, für den
ich die Hand ins Feuer legen würde.«
    »Es geht nicht
um Devereaux, Mike. Er ist Franzose. Er ist verpflichtet, seinen
Leuten in Paris zu berichten. Sie wissen genausogut wie ich, wie
undicht der SDECE ist und wie vorsichtig wir sein müssen, wenn
wir Informationen an ihn weitergeben. Die Frage ist, sollen wir
dieses Geheimnis mit den Franzosen teilen?«
    »Andererseits«, sagte
Sanderson Hooper, als wollte er über die Sache mit sich selbst
debattieren, »hat Kuznetow einen wohlüberlegten und
berechneten Wunsch ausgesprochen. Er will aus einem bestimmten
Grund mit Devereaux sprechen. Vielleicht weil er auspacken
möchte.«
    »Was meinen Sie,
Mike?« fragte McKittrick.
    »Ich hatte das
Gefühl, daß er jetzt sprechen möchte. Wir werden
das Risiko eingehen müssen, Kuznetow mit den Franzosen zu
teilen.«             
    »Was wir auch
tun«, fügte Hooper hinzu, »der Russe hält die
Karten in der Hand, und es ist sein Spiel.«
    »Also
gut«, sagte McKittrick entschieden, »nehmen Sie
Devereaux zu ihm mit!«

 
    6
    »Schlagt ihn
tot! Den Dieb, den Räuber!«
    »Andre! Hör
auf, dich so lächerlich zu gebärden!«
    »Aber mein Gott,
Weib! Hast du dieses Spiel gesehen? Er war durch - eine Meile
über die Linie!«
    Nicole Devereaux
zupfte am Jackett ihres Mannes. Er setzte sich wieder hin,
während der Streit in der Gruppe um den Schiedsrichter
andauerte. »Er war über der Linie! Er war durch!«
schrie Devereaux, und mit französischem Temperament machte er
zum Schiedsrichter hin die Gebärde des Halsabschneidens. Er
hatte Mühe, sich zu zügeln. Wütend biß er in
ein heißes Würstchen und angelte unter seinem Sitz nach
dem Pappbecher mit Bier. Er war ein sympathisch aussehender Mann,
Mitte Vierzig, mit angegrauten Schläfen.
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