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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu
Autoren: Tom Sharpe
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unerschütterlicher Verfechter des südafrikanischen Standpunkts und hatte für Liberale keine Zeit.
    »Ich versuche, mindestens einmal im Jahr in sonnigere Klimagegenden zu entfliehen«, sagte er. »Die Studenten sind heutzutage so gottlos, und mein wahres Interesse gilt dem Gartenbau. Südafrika ist voll wunderschöner Gärten.«
    »Dann wird Ihnen vielleicht das Gedicht hier gefallen«, sagte der Bischof und begann, »Die Vorboten« herzusagen. »Schöne, berückende Worte: Zuckerrohr, Honig der Rosen, wohin wollt ihr fliehen?«
    Er rezitierte noch immer, als Direktor Schnapps und Scharfrichter Els eintrafen. Während man ihm die Ketten abnahm und er in den Harnisch eingeschnürt wurde, der seine Arme festhielt, fuhr der Bischof fort:
    »Wahre Schönheit weilt im Himmel: unsre ist nur eine Flamme Doch geborgt von dort, um dort uns wieder hinzuführen. Schönheit und die schönen Worte sollten stets zusammen regieren.«
    »Scheiß Schnallen«, sagte Els, der Schwierigkeiten mit den Riemen hatte.
    Die feierliche Prozession marschierte aus dem »Hintern« hinaus in den hellen Sonnenschein des Gefängnishofes. Zwischen Els und dem alten Wärter stolperte Jonathan Hazelstone daher und sah sich ein letztes Mal um. Sich grell vom dumpfen schwarzen Anstrich des Todeshauses abhebend, stand dort ein weißer Krankenwagen. Zur Überraschung aller fing der Verurteilte an zu lachen.
    »Öde Blässe bleicht die Türe«, rief er. »Die Boten sind gekommen. Sieh, sieh ihr Zeichen! Weiß ist die Farb’ und schau! mein Haupt!«
    Die beiden Sanitäter starrten voll Entsetzen auf die schreiende Gestalt, deren Leiche sie für die Transplantation abholen sollten. »Doch müssen sie mein Herz auch haben? Müssen sie die reichen, die funkelnden Gefühl’ eröffnen, die ich dort geschaut?«
    Die kleine Gruppe eilte die Treppe zum Galgen hoch. Der alte Wärter half Els, den Bischof auf die Falltür zu stellen, dann sauste er die Leiter runter und über den Hof in sein Dienstzimmer. Es war nicht so, daß er zimperlich gewesen wäre, aber er hatte nicht vor, irgendwo in der Nähe des Galgens zu sein, wenn Els an dem Hebel zog, und außerdem hatte er für seine Abwesenheit eine plausible Entschuldigung. Er mußte sofort das Krankenhaus anrufen, wenn der Krankenwagen das Gefängnis verließ.
    Auf der Falltür stehend setzte der Bischof seine Rezitation fort. Direktor Schnapps fragte den Kaplan, was denn seiner Meinung nach die Vorboten in dem Gedicht bedeuteten. Der Kaplan sagte, er dächte, es seien möglicherweise Mitglieder der Familie der Hydrangeae, allerdings meine er sich zu erinnern, im Krieg unter einem Hauptmann Forebode gedient zu haben. Els versuchte, dem Bischof den Leinensack über den Kopf zu stülpen. Er hatte ziemliche Schwierigkeiten, erstens weil der Bischof so groß, und zweitens, weil der Sack offenbar für einen viel kleineren Kopf gemacht worden war. Els kriegte den Bischof nicht dazu, die Knie zu beugen, weil die Riemen jede Bewegung unmöglich machten. Schließlich mußte Direktor Schnapps Els hochheben, damit er den Sack in die richtige Position herunterziehen konnte. Er mußte die Darbietung noch mal wiederholen, als dem Verurteilten der Strick um den Hals gelegt werden mußte, und dann zog Els die Schlinge so fest, daß der Bischof gezwungen war, seine Rezitation zu unterbrechen. »Muß Trübsinn mich zu einem Nachch ...«, blieb er röchelnd stecken.
    »Um Gottes willen, Els, lockern sie das verdammte Ding«, schrie Direktor Schnapps, als das Gedicht abgedrosselt wurde, »Sie sollen ihn da unten hängen und nicht hier oben erwürgen.«
    »Arn besten scheinen sie auf sandigem Boden zu gedeihen«, sagte der Kaplan.
    »Ist Ihnen das lose genug?« fragte Els, nachdem er am Strick gezogen und die Schlinge so locker gemacht hatte, daß sie dem Bischof lose über die Schultern hing. Er konnte Leute nicht verknusen, die ihm andauernd in seinen Job reinredeten. Wenn der Direktor über das Erhängen so verdammt gut Bescheid wußte, warum macht er dann den ganzen Kram nicht selbst? »Was denn?« fragte Direktor Schnapps den Kaplan. »Hydrangeae.«
    »Narrn umschmieden«, sagte der Bischof, der seine Rezitation wieder aufnahm.
    Els ging hinüber zu dem Hebel.
    »Doch haben sie mich schon verlassen«, drang dumpf die Stimme des Bischofs durch den Stoffsack. Els zog an dem Hebel, und die vermummte Gestalt verschwand durch die Falltür in dem Loch, und die Stimme, schon undeutlich, wurde von dem gräßlichen Aufprall, der
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