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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu
Autoren: Tom Sharpe
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widerhallten, sangen sie. Und ihr Gesang war ein großes Freudenrequiem auf Elsens Tod, des Kaffern-Killers Els, des Henkers Els, die Geißel der Zulus. In ihrer Mitte, nackt und schwarz, wie der geringste von ihnen, stampfte und tanzte und sang Els ums bare Leben. Jemand warf ein Streichholz auf den Stapel aus Mauerwerk und altem Holz, und eine Sekunde später standen die Überreste des Galgens in Flammen. Während der Staub sich langsam setzte, stieg eine schwarze Rauchwolke in den wolkenlosen Himmel. Und da sie in der reglosen Luft fast senkrecht nach oben stieg, verkündete sie weit und breit, daß etwas Ungewöhnliches und Bedeutungsvolles geschehen war. Die sich wiegenden Gefangenen näherten sich, die Knie hochgerissen zu dem emphatischen Stampfen ihrer Füße, dann zogen sie sich wieder zurück, um sich zu einer neuen triumphierenden Woge zu sammeln, und sie begleiteten die Flammen und das Getöse des Feuers mit ihrem endlosen Gesang.
    »Els ist tot, Kaffern-Killer Els, Zum Teufel gegangen, wo seine Seele hingehört. Schänder unserer Frauen, Mörder unserer Männer, Wir werden das Schwein nie wieder sehn.« Das Lied wurde von den Zulus auf den Straßen außerhalb des Gefängnisses aufgeschnappt, und sie sangen den Refrain mit.
    Von Haus zu Haus, von Straße zu Straße verbreitete sich der Gesang wie ein Lauffeuer, während schwarze Dienstboten auf die Straßen strömten, um den Rauch des Scheiterhaufens über dem Piemburger Gefängnis aufsteigen zu sehen. Innerhalb einer Stunde hallte ganz Piemburg vom Singen der Zulus wider. In seinem Bett im Piemburger Krankenhaus hörte Kommandant van Heerden halb im Schlaf den Kehrreim des Liedes und lächelte. Er erschien ihm ein gutes Vorzeichen zu sein. Er begann, ihn fröhlich mitzusummen. Er öffnete ihm weit das Herz.
    Als es dunkel wurde, tanzten und sangen die Gefangenen immer noch. Im Verwaltungstrakt duckten sich angstvoll die Wärter und spähten voller Furcht durch die Gitter auf die schwarzen Gestalten, die sich gegen die Flammen abhoben. Der alte Wärter verfluchte Els und sein verdammtes Hängen, aber er war nicht so dumm zu versuchen, dem Feiern ein Ende zu machen. Er würde sich nicht von den Volksmassen in Stücke reißen lassen, indem er versuchte, sich einzumischen, und als er das Polizeirevier anrief und um Verstärkung bat, wurde ihm von Luitenant Verkramp mitgeteilt, daß das Polizeirevier selber belagert werde, und er müsse halt beten und warten, daß der Rausch sich von selbst wieder lege. Verkramp hatte nicht übertrieben. Die Straßen von Piemburg waren von tanzenden Menschenmengen überfüllt. Der Verkehr brach zusammen, und die weißen Autofahrer liefen entweder nach Hause oder verbrachten die Nacht lieber in ihren Büros, ehe sie den Versuch wagten, durch die erregten Volksmassen hindurchzufahren. Nicht daß es irgendein Anzeichen von Wut unter der Menge gegeben hätte, nur ein überwältigendes Gefühl der Befreiung und Freude.
    Als in derselben Nacht ein Flugzeug nach London niedrig über Piemburg hinwegflog, machte ein hochgewachsener, fröhlicher Geistlicher seine Sitznachbarin auf das Feuer und die in den Straßen tanzenden Menschenmassen aufmerksam.
    »Und alles darin ist muntrer als zuvor«, bemerkte er sibyllinisch.
    Seine Nachbarin legte den Gummiwaren-Katalog beiseite, in dem sie gelesen hatte. »Ich bin sicher, du wirst einen sehr guten College-Kaplan abgeben«, sagte sie und seufzte, »aber ich bezweifle, daß ich in London einen Zulu-Koch finden werde.« Erst nach einem Monat ging es Kommandant van Heerden gut genug, daß er das Krankenhaus verlassen konnte. Sein neues Herz hatte keine Abstoßungssymptome gezeigt, und die Ärzte waren über seine Fortschritte begeistert. Eine kleine Schwierigkeit hatte es wegen der Injektionen gegeben, und es waren die vereinten Kräfte von sechs Krankenpflegern nötig, um den Kommandanten festzuhalten, aber abgesehen davon war er ein Musterpatient gewesen. Nach vierzehn Tagen hatte man ihm erlaubt aufzustehen, und erst da hatte er das volle Ausmaß der Tragödie im Piemburger Gefängnis erfahren. »Es war ja ein Wunder, daß es den Sanitätern gelungen ist, den Spender noch rechtzeitig wegzuschaffen«, sagte er zu Dr. Erasmus. »Eine Minute länger, und ich wäre heute nicht hier.« Dem mußte Dr. Erasmus zustimmen. »Ein echtes Wunder«, sagte er.
    »Sind Sie sicher, daß das neue Herz nicht mehr abgestoßen wird?« fragte der Kommandant und war erleichtert, daß der Doktor ein so großes
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