Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliches Konto

Toedliches Konto

Titel: Toedliches Konto
Autoren: Wolfgang Hirsch
Vom Netzwerk:
irgendwelche Beweise?”
    Kurt zuckte die Schultern, und beide fielen in einen Prozess der Schweigens und Nachdenkens. Wobei Kurt mehr darüber nachdachte, ob sich sein Verhältnis zu Lena schon wieder ganz normalisiert hat. Er wollte aber auf keinen Fall einen Fehler machen und beschloss, zunächst noch auf der dienstlichen Schiene zu bleiben, aber entspannt und freundschaftlich.
    “Ich glaube”, sagte schließlich Lena, “dass wir noch einmal die Bevölkerung um Mithilfe bitten sollten. Vielleicht fällt doch noch jemandem irgendeine Beobachtung vor dem Haus von Bock und dem von Olga ein. Es war ja der Tag, an dem die Osterferien begonnen hatten, das könnte jetzt noch einen zeitlichen Anhaltspunkt für die Erinnerung sein.”
    Der Aufruf wurde vorbereitet mit Fotos von Bock und Olga sowie den Häusern, in denen die Morde passierten. Man kam nicht umhin, den dürftigen Ermittlungsstand zuzugeben, so dass es jetzt wirklich ganz entscheidend auf weitere Hinweise ankam. Aber man konnte immerhin als Ermittlungserfolg das Aufdecken der wahren Identität des Mordopfers Olga Kerkov hervorheben.
    Nach diesem Kraftakt gingen Kurt und Lena gemeinsam zum Mittagessen, und sie fühlten sich beide gut dabei. Doch am Abend nach Dienstschluss gingen beide getrennte Wege.

    Was sie nicht wussten, war, dass Jim Lauffer an diesem Tag allmählich einen klareren Kopf bekam und mit Vera Bock telefonieren konnte. Er bat sie vor allem, seiner Redaktion Bescheid zu geben, was Vera auch tat. Die Redaktion tat dagegen einiges mehr, telefonierte ebenfalls noch mit Jim und schickte einen örtlichen Fotografen vorbei, der ein schauriges Bild vom Krankenbett in die Münchner Redaktion übertrug.

29

    Schon auf dem Weg zur U-Bahn sprang Kurt die Schlagzeile der Morgenpost ins Auge: Chefreporter halb totgeschlagen. Im weiteren Text war zu lesen, dass die Kripo in den Mordfällen Bock und Freundin falsche Spuren verfolgte und der Chefreporter auf eigene Faust Ermittlungen aufgenommen hatte. Dass er allein auf der richtigen Spur war, zeigte der brutale Überfall auf ihn. Der neue Aufruf, in dem die Bevölkerung um Zeugenaussagen zu jenem Freitagabend gebeten wurde, war für die Redaktion ein weiterer Beweis dafür, dass die Kripo dem Fall völlig hilflos gegenüber stand. Kurt wusste, was ihn jetzt im Präsidium erwarten würde.
    Das Schlimmste für Kurts Chef waren schlechte Presseberichte, weil er dann ein Donnerwetter vom Polizeipräsidenten zu erwarten hatte, denn dieser könnte vom Innenminister einen unfreundlichen Anruf erhalten. Also gehörte es zum Ritual, dass gleich als Erster Kurt in die Mangel genommen wurde, was ein souveräner Mitarbeiter mit einer gut einstudierten schuldbewussten Miene emotionslos an sich abperlen lassen könnte. Aber so souverän war Kurt nicht und kam erfahrungsgemäß immer völlig geknickt von der lautstark vorgetragenen Rüge zurück. Lena hatte Mitleid mit ihm, aber so deutlich wollte sie das jetzt nicht zeigen.
    Doch das Schicksal meinte es gut mit ihm und spielte ihm noch im Laufe des Vormittags eine Zeugenaussage in die Hände. Eine Rentnerin, die eine Woche Urlaub gemacht hatte, fühlte sich durch den Zeitungsaufruf - der in anderen Blättern ohne die Häme der Morgenpost erschienen war - zu einer Aussage verpflichtet. Sie meinte zwar, es sei sicher unerheblich, aber an diesem Abend so gegen sechs Uhr war ihr schräg gegenüber von Bocks Haus ein Auto aufgefallen. Sie wohnte auch dort in der Gegend und hatte vor dem Abendessen, das sie immer um halb sieben zu sich nahm, noch einen Spaziergang gemacht. Früher aß sie immer erst nach sieben, aber nachdem vor einem Jahr ihr Mann gestorben war, gab es schon um halb sieben Abendessen. Zunächst war ihr nur dieses kleine geschmacklose Auto aufgefallen. Lila. Wo gab es denn so etwas? Sie hatte noch auf die Marke geschaut: Mini. Und dann noch diese Zahl im Nummernschild: 666. Das passte ja. Wieso, wollte Kurt wissen. Nun ja, lila und 666, da kann man sich ja denken, was das für welche sind. Und dann saß so eine Frau auf dem Beifahrersitz, ein Kopftuch vor Mund und Nase, dass nur noch die Augen heraus schaute n. Eindeutig eine arabische Terroristin, sie ist schnell weggegangen. Ob es ein Münchner Kennzeichen war, wollte Kurt wissen. Das war es. Und ob noch jemand auf dem Fahrersitz gesessen hätte. Ja, ein Mann, aber den hätte sie sich gar nicht näher angeschaut.
    Kurt hatte die Aussage schon in die Schublade der nutzlosen Meldungen einsortiert, aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher