Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliches Konto

Toedliches Konto

Titel: Toedliches Konto
Autoren: Wolfgang Hirsch
Vom Netzwerk:
wohl auch Liebe, aber es war nicht das ganz starke Band, das beide fest umschlungen hielt. Sie hatten ihre eigenen Persönlichkeiten schon zu weit entwickelt, um ein richtiges Liebespaar zu werden. Dabei hatte Kurt gerade in dem Telefongespräch anklingen lassen, dass sie ihm etwas bedeutet. Es gab also doch so etwas wie ein Band. War sie nur zu streng mit ihm, und hatte er noch eine Chance verdient? Hätte sie seinen Alleingang rügen können, ohne ihn gleich in Grund und Boden zu stampfen? Er hat seine Eigenheiten, aber solange sie sich gegenseitig mögen, könnte man auch anders damit umgehen.
    Lena schlief im Grübeln ein, und als am Morgen der Wecker klingelte, fühlte sie sich zerschlagen und suchte vergebens die Klarheit in ihrem Kopf.

28

    Im Dezernat war die Stimmung zwischen Kurt und Lena weiterhin sehr bedrückt. Ein Gespräch kam nicht zustande, und Kurt nahm die Gelegenheit wahr, sich erst mal Kaffee und eine belegte Semmel zu kaufen. In dieser Zeit wurde ein Gespräch von Pfarrer Hackelberg durchgestellt, das Lena entgegennahm. Der Pfarrer sagte, dass er eine wichtige Aussage in der Mordsache von Walter Bock und dem Mädchen machen müsse, aber nicht am Telefon. Das kam Lena entgegen, und sie verschwand sofort, hinterließ aber noch einen Zettel auf Kurts Schreibtisch, dass sie einen wichtigen Auswärtstermin wahrnehmen müsse.
    Als Kurt das las, dachte er, wenn sie verheiratet wären, würde er annehmen, dass sie zum Scheidungsanwalt liefe.
    Als Lena zurückkam, war die Morgenandacht vorbei, aber Kurt saß noch immer missmutig vor seinem Schreibtisch. Ganz anders Lena, die heiter und frühlingshaft strahlend ins Zimmer trat. Der Scheidungsanwalt scheint ihr Mut gemacht zu haben, dachte Kurt.
    “Wir sollten noch mal kurz unseren Fall rekapitulieren”, sagte sie zu Kurt. “Fang mal an.”
    Es wäre jetzt das Letzte gewesen, den Sinn zu hinterfragen, und Kurt begann brav mit dem Mord an Bock und dann an Ina, die in Wirklichkeit Olga war. Und dass Olga mit derselben Waffe erschossen wurde, mit der sich später Günther Bartol ins Jenseits befördert hatte, so dass er wohl für die Morde an Bock und Olga in Frage käme. Es sei denn, ein anderer hätte mit seiner Waffe den Mord an Olga verübt, was aber keinen Sinn ergab, denn Bartol wollte ja unbedingt die Kopie, die er wahrscheinlich schon bei Walter Bock an sich genommen hatte, und Ina, vielmehr Olga, musste er beseitigen, weil sie Zeugin von Bocks Zeitplan war.
    “Alles falsch”, sagte Lena. “Wir müssen von vorne anfangen.”
    Sie grinste so unverschämt, dass Kurt fragte, was denn los wäre.
    “Bartol hat für den Abend der Morde ein Alibi, er war nicht der Mörder von Bock und Olga. Das weiß ich von Pfarrer Hackelberg, bei dem ich gerade war.”
    “Du warst allein bei...”
    Kurt wollte nicht weitersprechen. Ihm wurde blitzartig klar, dass Lena eine Revanche für gestern gebraucht hatte, um sich wieder ebenbürtig zu fühlen. Er durfte jetzt nichts dagegen sagen. “Erzähl!”
    “An diesem Freitag war - was wir schon von Aumüller erfahren hatten - der in Miami lebende Petersburger Alexander Grohe zu Besuch hier. Dieser Freund hat aber nicht mehr viele wirkliche Freunde in dem Kreis, weil er mit seinem Reichtum zu sehr prahlt und andere gerne lächerlich macht. Jedenfalls hatte jeder eine andere Ausrede, um ihn am Abend nicht treffen zu müssen, aber stattdessen waren Günther Bartol und ein anderer, dessen Name aber tunlichst aus den Ermittlungen herausgehalten werden solle, zusammen.”
    “Da bleibt ja nicht mehr viel übrig. Aumüller hatte ein anderes Alibi. Und wenn es der Pfarrer nicht selber war, kann’s nur noch der Staatssekretär gewesen sein.”
    “Psst, nicht so laut, was würde die Öffentlichkeit denken, wenn der Staatssekretär als schwul geoutet wird?”
    “Na und, was ist schon dabei? Und außerdem kennt den doch sowieso niemand.”
    “Also Bedingung bei dieser Aussage, der Name darf nicht nach draußen dringen.”
    “Was ist das für ein armes Würstchen. Also der und Bartol waren am Abend zusammen?”
    “Den ganzen Abend bis halb elf. Da laut Obduktion die Morde vorher passierten, sind die beiden aus dem Schneider.”
    “Ich würde ja am liebsten zu meiner ersten Intuition zurückkommen: Mord aus Eifersucht. Aber warum sollte sich dann Bartol erschießen, warum wird Lauffer in Sibenik zusammengeschlagen?”
    “Ich glaube, wir kommen an den Petersburgern nicht vorbei. Allerdings scheinen alle ein Alibi zu haben.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher