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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel
Autoren: Marcia Muller
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die Decke zur Seite, setzte
Kaffee auf und stellte mich unter die Dusche. Der harte kalte Strahl machte
mich munter und lebendig. Wenn es mir gelang, David Wintringham bei unserem
Gespräch dazu zu bringen, daß er mich engagierte, konnte ich vielleicht meine
Jagd auf Jakes Mörder selbst finanzieren — und was wäre das für eine
Gelegenheit, Lieutenant Greg Marcus ein Schnippchen zu schlagen!
     
    Fünfundvierzig Minuten später war ich
in der Steiner Street. Mein Haar flatterte im milden Juni wind. Das Haus, das
Wintringham mir beschrieben hatte, war ein gelb und blau gehaltener Bau mit
eckigen Erkerfenstern und einer Säulenveranda. Es hatte viel Ähnlichkeit mit
dem Haus, in dem unsere Kanzlei untergebracht war. Ich ging zur Tür hinauf und
folgte dem Schild, das besagte, man solle ohne zu klopfen eintreten.
    Ein stämmiger, stupsnasiger Mann in
teuren Jeans und einer grünen Samtjacke stand im Vorsaal hinter einem
Schreibtisch. Er sah auf, als ich hineinkam, und musterte mich mit seinen
kleinen Augen von Kopf bis Fuß, ehe sein Blick über meine Schulter glitt, als
erwarte er, daß noch jemand Interessanterer kommen würde.
    »Ja?« Sein Ton war frostig.
    »Sharon McCone. Ich bin mit Mr.
Wintringham verabredet.«
    Der Mann verzog das breite Gesicht zu
einem spöttischen Grinsen. »Ach ja, die Detektivin aus der Westentasche. Ich bin
gespannt, was dem Jungen noch alles einfallen wird.« Mit einer solchen
Begrüßung hatte ich nicht gerechnet. »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen«,
bemerkte ich freundlich. »Ist er hier?«
    »Er ist auf einer Baustelle. Sie sollen
hinkommen.« Er schwieg, während er mit einer schweren Goldkette spielte, die
auf seiner gebräunten Brust unter dem geöffneten Hemd lag. »Na, was meinen Sie,
Miss McCone. Werden Sie’s schaffen?«
    »Was denn?«
    »Davids Probleme zu lösen.«
    »Hat er Probleme?«
    »Das müssen Sie doch am besten wissen.
Sie haben es schließlich gefunden.«
    »Es?« Es gelang mir nicht, den Ärger
aus meiner Stimme herauszuhalten.
    »Die sterbliche Hülle von Jake
Kauffmann.«
    »Hören Sie, Mr. —«
    »French. Larry French. Ich bin
Wintringhams Partner.«
    Der Name kam mir vage bekannt vor.
    »Mr. French, ich möchte mich lieber mit
Ihrem Partner unterhalten. Sie sagten, er ist auf einer Baustelle?«
    »Richtig. Zwei Türen weiter, in dem
kleinen Haus im Stickstil.«
    »Im Stickstil?«
    »Ja. Das ist ‘ne viktorianische
Stilrichtung, aber davon verstehen Sie wahrscheinlich nichts.«
    Ich hatte es satt, von den Leuten
ständig auf meine Unwissenheit hingewiesen zu werden, so groß sie tatsächlich
auch sein mochte. Doch ich schüttelte meinen Ärger über French ab und ging zur
Tür.
    »He, Miss McCone!«
    Gereizt fuhr ich herum. »Ja?«
    »Finden Sie auch hin?«
    Ohne ihn einer Antwort zu würdigen,
ging ich hinaus. Um das andere Haus zu erreichen, konnte ich mir unter Fichten
einen Weg durch Gebüsch und wucherndes Gestrüpp der Vorgärten bahnen, oder ich
konnte zur Straße hinuntersteigen und die Treppe vor dem anderen Haus wieder
hinaufklettern. Ich entschied mich für die letzte Möglichkeit.
    Das Haus im »Stickstil« war kleiner als
das, in dem ich eben gewesen war, und seine Linienführung war strenger. Man
hatte die alte Fassade irgendwann beigebraun verputzt, und auf den Stufen
fehlten mehrere Dielen. Von drinnen hörte ich zornige Stimmen. Ich stieg zur
Veranda hinauf und lauschte.
    »...ein ordentlicher und anständiger
Handwerker, bis du ihn angestellt und auf dein Niveau heruntergezogen hast.« Es
war eine schrille Frauenstimme.
    »Ich hatte mit Jakes Entscheidung, in
seiner Arbeit eine neue Richtung einzuschlagen, nicht das geringste zu tun. Das
passierte lange, ehe ich auf der Bildfläche erschien.« Ich erkannte David Wintringham
an seinem Näseln.
    »Aber du hast ihn kräftig ermutigt, so
weiterzumachen.« Ich hörte das Murmeln einer zweiten Frau.
    »Sie sollten lieber ganz den Mund
halten!« rief die erste Frau wütend. »Man muß sich das ja nur ansehen! Da haben
Sie die besten Kunstschulen besucht und produzieren jetzt diese
Scheußlichkeiten, nur damit Ihr Freund auf die Schnelle groß verdienen kann.
Sie sollten sich schämen, Charmaine. Und zwar gründlich!«
    Charmaine murmelte etwas, das ich nicht
verstand. »Unterstehen Sie sich, so mit mir zu sprechen, Sie billiges kleines
Flittchen. Ich weiß, daß Sie für ihn vor keiner Scheußlichkeit zurückschrecken
würden. Bleiben Sie lieber bei Ihren dilettantischen
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