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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel
Autoren: Marcia Muller
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Außerdem
ist die Zeit knapp. Mir gehört das Haus, in dem Sie ihn fanden, und ich würde
gern einmal mit Ihnen sprechen.«
    »In Ordnung. Sprechen Sie.«
    »Persönlich, meine ich. Könnten Sie
heute morgen hierherkommen?«
    Es war Samstag. Ich hatte vorgehabt,
Hausputz zu machen und groß einzukaufen. Aber eigentlich interessierte mich ein
Gespräch über Jake Kauffmann mehr.
    »Ja, das ginge.«
    »Gut. Am Vormittag?«
    »Ich werd’s versuchen. Wo finde ich
Sie?«
    »In der Steiner Street. In den
viktorianischen Häusern. Fragen Sie in dem Haus, das wieder ganz im italienischen
Stil restauriert wird, am anderen Ende von — vom Todeshaus nach mir. Ich bin
auf einer Baustelle, aber man wird Ihnen sagen, wo Sie mich finden können.«
    »Wo soll ich nach Ihnen fragen?«
    »Ach so, ja, natürlich, die
verschiedenen Stilrichtungen sind Ihnen kein Begriff. Es ist das Haus am
anderen Ende der Reihe, das einzige, das bis jetzt gestrichen ist. Dort haben
wir unsere Büros und Wohnräume. Ich erwarte Sie.«
    »Gut.«
    »Und, Miss McCone — vielen Dank.«
    Ich legte auf und starrte einen Moment
lang auf das gelbe Sonnenlicht auf der Bettdecke. Es war noch früh genug, und
ich brauchte noch lange nicht aufzustehen. Ich kroch wieder unter die Decke und
rief mir den Tag ins Gedächtnis, als ich Jake Kauffmann kennengelernt hatte.
    Ich hatte ihn endlich auf einer
Baustelle in Haight aufgestöbert, wo er, von seinen Farbtöpfen umgeben hoch
oben auf einem Gerüst hockte. Als ich meinen Namen hinaufschrie, brüllte er
zurück, er habe keine Zeit hinunterzukommen, aber wenn ich wolle, könne ich ja
zu ihm heraufkommen. Ich kletterte also hinauf und ließ meine Beine in der Luft
baumeln, während Jake strich. Nach fünf Jahren bei unserer Kooperative war ich
von unseren teilweise exzentrischen Mandanten einiges gewöhnt.
    Über die Klage Eleanor van Dynes konnte
Jake nur sagen: »Wie kann sie so etwas tun? Hat diese Frau denn keinen Sinn für
Schönheit? Kann sie nicht sehen? Schauen Sie sich die Putte da oben an.« Er
deutete hinauf, beugte sich dabei soweit ins Leere, daß ich die Augen schließen
mußte. Als ich sie öffnete und aufblickte, sah ich den aus Stein gehauenen
Kopf, das liebreizende Lächeln, die ausgebreiteten kleinen Flügel.
    »Wollen Sie wissen, was ich da tun
werde?« fragte Jake. »Das Lächeln, ein solches Lächeln muß in Rot erstrahlen.
Und die Flügel — ein einziger Regenbogen. Diese Putte ist ein wahrer Schatz — ein
Geschenk Gottes. Und ebenso der Architekt dieses Hauses. Ich werde seine ganze
herrliche Schönheit so richtig zum Strahlen bringen.«
    Ich konnte Eleanor van Dyne in gewisser
Hinsicht verstehen, während ich ihm zuhörte. Aber in Jakes Augen war
Farbenpracht Schönheit. Während er mir seine Putte beschrieb, wippte er
aufgeregt auf den Fußballen auf und nieder und die schwarzen Augen blitzten in
seinem braungebrannten Gesicht.
    »Ja, ein Schatz, ein Geschenk ist
dieser Kopf. Und mit meinen Farben werde ich ihn dem Schmutz und der Unscheinbarkeit
entreißen, damit jeder sich an ihm erfreuen kann. Sagen Sie, hat diese Frau
denn überhaupt keinen Sinn für das, was ich tue? Fühlt sie es nicht?« Er
breitete die Arme aus, als wollte er fliegen wie der kleine Engel oben. »Nein«,
sagte er laut und senkte die Arme. »Nein, ich fürchte nein. Diese Frau wird
niemals begreifen.«
    Jake hatte seinen Beruf mit
Leidenschaft ausgeübt. Er war ein besonderer Mensch gewesen. Es erfüllte mich mit
tiefem Zorn, daß jemand ihm das Leben genommen hatte, und ich wollte den Täter
finden.
    Noch einmal dachte ich zurück an unser
Gespräch vom vergangenen Nachmittag.
    »Ich habe Angst«, hatte Jake gesagt.
»Das ist wahrscheinlich albern, aber ich brauche auf jeden Fall einen Zeugen.«
    »Weswegen hast du Angst?« fragte ich.
    »Weil ich etwas entdeckt habe.«
    »Und was soll ich bezeugen?«
    Es blieb einen Moment still. »Darüber
möchte ich am Telefon nicht sprechen. Ich kann nur sagen, daß die Person, mit
der ich verabredet bin, unzuverlässig ist — oft total blau. Kommst du?«
    »Aber Jake, kannst du mir nicht sagen —«
    »Bitte, Sharon.« Sein Ton war gequält.
»Komm einfach.« Ich hatte zugesagt. Und jetzt war Jake tot.
    Meine Schuld? Nein, das wohl nicht.
Aber ich schuldete es Jake, daß sein Mörder gefunden wurde, diesen Mörder, der
»oft völlig blau« war, also zuviel trank. Leider war San Francisco nicht gerade
für die Enthaltsamkeit seiner Bevölkerung bekannt. Trotzdem...
    Ich warf
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