Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
auch nicht vorstellen. Vielleicht sind das für Sie nur lumpige Nigger.«
    Ich zuckte ein wenig zusammen. Einen
Moment blieb es still, dann räusperte sich Hank.
    Johnny Hart lachte. »He, machen Sie
nicht so’n Gesicht. Es ist doch nur ein Wort; das tut keinem weh. Gerade Sie«,
fügte er zu mir gewandt hinzu, »sollten das doch wissen. Ihrem schwarzen Haar
und Ihrem Gesichtsschnitt nach würde ich sagen, daß Sie indianische Vorfahren
haben.«
    »Schoschonen«, bestätigte ich.
    »Und das hat Ihnen bestimmt manches Mal
Kummer bereitet. Setzen Sie also nicht diese selbstgerechte Liberalenmiene auf.
Das kann er tun.« Er deutete auf Hank, der sich an seinem Whisky verschluckte
und einen Hustenanfall bekam. Mir begann der Wirt zu gefallen.
    »Ich habe mich nie wie eine Indianerin
gefühlt«, sagte ich. »Ich bin ja auch nur ein Achtel Indianerin, und keiner
sonst in der Familie sieht im geringsten indianisch aus.«
    »Und die restlichen sieben Achtel?«
    »Schotten und Iren.«
    »Aha. Und was hat Sie heute abend in
unser Viertel geführt?«
    Ehe ich antworten konnte, wurde die Tür
aufgestoßen, und ein junger Schwarzer mit Ledermantel und Cowboyhut kam herein.
»He, Johnny«, sagte er.
    »‘n Abend, Ray.«
    Der junge Mann musterte Hank und mich
mit argwöhnischem Blick. »Drüben haben sie einen umgelegt. In einem der
leerstehenden Häuser.«
    Harts Blick flog zu mir und kehrte
sogleich zu dem Schwarzen zurück. »Jemand, den wir kennen?«
    »Nein, ein Weißer, der für Wintringham
die Häuser gestrichen hat.«
    »In welchem Haus ist es passiert?«
    »In dem großen mit dem Turm, an der
Ecke.«
    »Ach was.« Mit steinerner Miene wandte
sich Johnny mir zu. »Mir scheint, Sie haben mich ein bißchen an der Nase
rumgeführt, Lady«, sagte er leise.
    »Ich —«
    »Was interessiertes denn Sie, wem die
Häuser gehören? Und weshalb die Fragen?« Mit zusammengekniffenen Augen beugte
er sich über den Tresen.
    Ich rutschte voll Unbehagen auf meinem
Hocker hin und her.
    »Also?« drängte Johnny.
    Genau da ging die Tür wieder auf, und
Greg kam mit großen Schritten herein.
    »Ah, da bist du ja«, sagte er. »Gehen
wir.«
    Ich sprang vom Hocker und nahm meine
Tasche. Johnny Hart maß mich mit unfreundlichem Blick. Ich sah von ihm weg.
    Zu Hank sagte Greg: »Übrigens, Hank, da
der Tote ja dein Mandant war, könntest du vielleicht —«
    Hank hob die Hand. »Ich weiß schon.«
     
     
     

3
     
    »Da hast du wieder mal zwei Fliegen mit
einer Klappe geschlagen«, sagte ich zu Greg, als wir in den Dienstraum des
Morddezernats traten.
    Er sah mich mit Unschuldsmiene an. »Wie
meinst du das?«
    »Du hast eine unangenehme Aufgabe
abgewälzt und meinen Anwalt abgeschüttelt.«
    »Du brauchst keinen Anwalt, wenn du
nichts zu verheimlichen hast.«
    »Na klar.« Ich sprach in verächtlichem
Ton. »Das sagen sie alle, ehe sie einen in den Knast stecken.«
    Er öffnete die Tür zu seinem winzigen
Büro und warf mir einen zornigen Blick zu, als ich unter seinem ausgestreckten
Arm hineinschlüpfte.
    »Es würde mich mal interessieren, was
mit euch Privatdetektiven eigentlich los ist? Bei euch hat man immer den
Eindruck, daß ihr zu viele Krimis gelesen habt.«
    »Aber sicher.«
    Greg deutete auf einen Stuhl und sah
mich interessiert an. »Wirklich? Du liest solches Zeug?«
    »Während meines Studiums hab ich nachts
als Nachtwächterin gearbeitet, um mir die Studiengelder zu verdienen. Wenn man
stundenlang dahockt und ein Gebäude bewacht, in das höchstens ein armer Irrer
einbrechen würde, liest man alles, was einem in die Hände fällt, das kannst du
mir glauben.«
    Er schüttelte ungläubig den Kopf und
verlangte dann über die Sprechanlage eine Stenografin. Die Hände hinter dem Kopf
verschränkt, lehnte er sich in seinem Sessel zurück. Sein Blick war ruhig und
neutral. Ich erwiderte ihn ebenso ruhig.
    »Du hast wirklich ein Talent dafür, zur
richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein«, bemerkte er schließlich.
    »Oder am falschen Ort — je mach
Standpunkt.«
    Er nickte. »Gilt unsere Verabredung für
morgen abend noch?«
    »Wenn ich bis dahin nicht sitze.«
    »Ganz sicher nicht. Du bist zu
gescheit, um nicht mit uns zusammenzuarbeiten.«
    Unvermittelt drehte er sich in seinem
Stuhl herum und sah zum Fenster hinaus, das aber lediglich Blick auf eine kahle
Mauer bot. Ich fragte mich, was er dort wohl sah, oder was er hier zu sehen
vermeiden wollte.
    Ich hatte bald erkennen müssen, daß das
Merkmal vom eiskalten Bullen, das ich in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher