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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel
Autoren: Marcia Muller
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hellbraune Haar und sah mich an.
    »Ich hab ihn angerufen«, sagte ich.
    »Warum denn das? Du hast den Mann doch
nicht umgebracht, oder?«
    »Natürlich nicht. Aber er ist — war — ein
Mandant von uns.« Hank riß die Augen auf. »Wer ist es?«
    »Erinnerst du dich an Jake Kauffmann?«
    »Klar. Das ist doch der, der die alten
viktorianischen Häuser streicht. Der ist seit Jahren bei uns Mandant.«
    »Genau. Er rief mich heute an —«
    »Moment«, unterbrach Greg. »Von Anfang
an. Der Tote heißt Kauffmann?«
    Ich nickte. »Jake Kauffmann.« Um uns
herum war plötzlich eine Menge Betrieb. Von den Blaulichtern und Sirenen
angelockt, hatte sich eine kleine Menschenmenge angesammelt. »Jake hat einen,
wie er es nannte, Malerbetrieb für künstlerische Anstriche. Er hatte sich auf die
Dekoration renovierter viktorianischer Häuser spezialisiert. Er wandte
leuchtende Farben an und produzierte verzwickte Muster damit. Richtig
auffallend. Viele Leute finden sie gräßlich. Allerdings nicht so gräßlich,
denke ich, daß sie ihn dafür gleich in einem Teich seiner eigenen Malerfarbe
ertränken würden.« Mir wurde bewußt, daß ich Unsinn redete, und ich nahm mich
zusammen. »Kurz und gut, er rief mich heute nachmittag an und bat mich, ihn
hier zu treffen.«
    »Warum?« fragte Greg.
    »Das weiß ich nicht genau. Er sagte
nur, er hätte etwas entdeckt, was ihm Angst mache, und wolle mich als Zeugin
haben.«
    »Warum gerade dich?«
    »Wir waren befreundet. Ich hatte schon
mal einen Auftrag von ihm. Das war auch so eine komische Geschichte.« Hank
nickte mit Nachdruck.
    »Auf jeden Fall«, schloß ich, »hielt er
mich wohl für vertrauenswürdig.«
    »Und?«
    »Ich erklärte ihm, daß ich nicht schon
um halb acht da sein könne, weil ich noch eine Besprechung in der Kooperative
hatte. Aber ich versprach ihm, so schnell wie möglich zu kommen. Nur-« Ich
hielt inne. Mir war übel. Wäre ich nicht so spät gekommen, wäre Jake jetzt
vielleicht noch am Leben gewesen.
    »Okay«, meinte Greg mit einem Blick auf
einen Streifenbeamten, der die Treppe zur Straße herunterkam, »sie scheinen
sich da oben eingerichtet zu haben. Gehen wir rauf, und dann rekapitulieren wir
Schritt für Schritt, was sich nach deiner Ankunft hier abspielte. — Du«, fügte
er zu Hank gewandt hinzu, »kannst hier warten.«
    Hanks Erleichterung war unverkennbar.
    Greg nahm mich beim Arm und ging mit
mir die Treppe hinauf. »Wird dir das auch nicht zuviel, du Meisterdetektivin?«
Sein Mund lächelte spöttisch, doch seine Augen waren besorgt.
    Ich drückte seinen Arm. »Das halt ich
schon aus.«
    »Gut.« Er nickte beifällig.
    Wir gingen den Gartenweg entlang, zur
Haustür zwischen den beiden Säulen. Von drinnen war Stimmengemurmel zu hören.
    »Du bist hier hereingekommen?« sagte
Greg. »Durch die Haustür?«
    »Ja.« Ich bezwang mein Grauen vor der
neuerlichen Konfrontation mit dem Toten und konzentrierte mich darauf, die
Fakten zu berichten. Wir durchquerten die Vorhalle und traten durch den
Torbogen in den Salon. Im Licht, das jetzt aus dem rückwärtigen Teil des Hauses
in den Raum strömte, sah ich einen zweiten offenen Kamin, mit einem hohen Sims.
»Ich bin hier durchgegangen zum hinteren Salon und von da ins Eßzimmer.«
    Greg folgte mir. Unsere Schritte
hallten auf den nackten Dielen.
    Am Torbogen zum Eßzimmer hielt ich an.
Einen Moment blieb mir die Luft weg. Im harten Licht der Scheinwerfer wirkte
die rote Farbe tausendmal greller, Jakes Blässe noch geisterhafter. Eine
Leiter, die ich im Schein meiner kleinen Lampe nicht bemerkt hatte, stand nicht
weit von dem Toten, und auf dem Boden lagen ein umgestoßener Farbeimer und ein
Pinsel.
    »Vielleicht war es ein Unfall«, sagte
ich leise. »Ausgeschlossen.« Greg ging mir voraus. »Komm, ich zeig’s dir.«
    Ich folgte widerstrebend. Der eine Arm
Jakes war ausgestreckt, der andere unter seinem Körper zusammengekrümmt. Sein
Overall war voll roter Spritzer.
    »Siehst du da?« Greg wies auf eine
eingedrückte, bläulich verfärbte Stelle hinter Jakes linkem Ohr. »Diese
Verletzung kann unmöglich durch einen Sturz verursacht worden sein, schon gar
nicht in Anbetracht der Körperlage. Ich nehme an, sie wurde ihm mit dem
sprichwörtlichen stumpfen Gegenstand beigebracht. Und wenn du dich ein wenig
umsiehst, fallen dir bestimmt andere Dinge auf, die mit einer Unfalltheorie
nicht vereinbar sind.«
    Ich sah mich um. »Wie zum Beispiel, daß
er im Dunkeln gearbeitet haben
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