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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel
Autoren: Marcia Muller
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am Great Highway, der ganz aus Draht und Mörtel konstruiert war. In
San Francisco finden sich immer Leute, die irgend etwas erhalten wollen, und
wenn es der größte Blödsinn ist.
    »Fahren Sie fort«, sagte Greg mit einem
Blick auf die Stenografin. Seine unprofessionelle Abschweifung schien ihm etwas
peinlich zu sein. Es ging schließlich nicht an, daß sich das Protokoll meiner
Vernehmung wie das einer zwanglosen Unterhaltung las.
    »Diese van Dyne ist eine sehr traditionsbewußte
Frau. Ihrer Meinung nach dürfen alte Bauten nur nach Originalvorlagen
restauriert werden. Und für helle Farben hatten die Architekten der
Viktorianischen Zeit keinen Sinn; die meisten ihrer Häuser waren ziemlich
trist. Kein Wunder, daß Jake Kauffmann Eleanor van Dyne ein Dorn im Auge war.
Als er ein Haus in ihrer Straße in Pacific Heights in drei verschiedenen
Rottönen strich und dann noch Verzierungen in Rosarot und Gold daraufsetzte,
verklagte sie ihn wegen Verunstaltung des Straßenbildes.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Und Sie
sammelten Material für seine Verteidigung?«
    »Ja. Ich befragte die Nachbarn nach
ihrer Reaktion, sprach mit dem Eigentümer des Hauses und informierte mich etwas
näher über diese Bewegung der Farbenfreunde.«
    »Und wie ging die Sache aus?«
    »Van Dyne nahm ihre Klage zurück. Sie
war sowieso in ziemlich schwacher Position, aber ich glaube, vor allem veranlaßten
sie ihre persönlichen Gefühle für Jake zur Zurücknahme der Klage. Sie hatte ihn
nämlich trotz aller Meinungsverschiedenheiten gern. Sie sah in ihm einen
hervorragenden Handwerker, der auf Abwege geraten war, und hoffte, ihn doch
noch zu ihren Ansichten bekehren zu können.«
    »Gelang ihr das?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Hatten Sie nach dieser Geschichte
weiteren Kontakt mit dem Ermordeten?«
    Ich zögerte. »Vor ungefähr einem Jahr
sind wir ein paarmal zusammen ausgegangen.«
    »Oh?« Sein Ton klang interessiert.
    Ich lächelte im stillen. »Ja. Es war
keine große Romanze. Er hat bald danach geheiratet.«
    »Aha.« Greg nickte mit ausdruckslosem Gesicht.
»Und wie war das mit seinem Anruf bei Ihnen? Er sagte nicht, mit wem er sich
treffen wollte?«
    »Nein.« Irgend etwas rührte sich in
meinem Gedächtnis, aber... Müde drückte ich die Fingerspitzen an meine
Schläfen.
    Greg schwieg einen Augenblick, dann entließ
er die Stenografin. Er saß mit hängenden Schultern in seinem Sessel und
betrachtete mich nachdenklich.
    »Ich möchte dir noch eine Frage stellen
— ganz unter uns.«
    »Ja?«
    »Verheimlichst du etwas?«
    Ich riß die Augen auf. »Warum sollte
ich?«
    »Du hast die Frage nicht beantwortet.«
    »Ich habe dir alles gesagt, was ich dir
zu diesem Zeitpunkt sagen kann.«
    Er sah mich immer noch durchdringend
an.
    »Mit einem schlichten Ja oder Nein geht’s
bei dir nicht, wie?«
    »Anscheinend nicht.«
    Abrupt stand er auf. »Okay, das wär’s.
Ich laß dich von einem unserer Leute zu deinem Wagen bringen.«
    Ich stand ebenfalls auf und ging zur
Tür.
    »Ach, übrigens, Indianerbaby«, sagte
er, und ich ärgerte mich wieder einmal über diesen Spitznamen, den ich nicht
mochte.
    »Bitte, Sir?« erwiderte ich eisig.
    »Vergiß unser Abendessen morgen nicht.«
     
     
     

4
     
    Ich widerstand dem Läuten des Telefons,
indem ich mir die Decke über den Kopf zog, die von einer Nacht schrecklicher
Träume von farbverschmierten Leichen völlig verwurstelt war. Es läutete weiter.
Schließlich streckte ich einen Arm aus, stieß dabei irgend etwas Schweres vom
Nachttisch und ergriff den Hörer.
    »Hallo?«
    »Sharon?« Es war Katy, die Telefonistin
meines Auftragsdienstes, die tagsüber Dienst machte. »Ich weiß, daß Sie
samstags nicht gestört werden möchten, aber der Mann sagte, es handle sich um
Mord, und da dachte ich...«
    »Moment mal.« Etwas mühsam setzte ich
mich auf und sah nach, was ich vom Nachttisch geworfen hatte. Es war ein Buch,
ein dicker soziologischer Wälzer über Gewalt und Gerechtigkeit. Ich wollte den
Kontakt mit meinem Studienfach, der Soziologie, nicht ganz verlieren.
    »Okay«, sagte ich in die Sprechmuschel.
»Was gibt’s?«
    »Ein David Wintringham ist am Apparat.
Er möchte Sie wegen eines — nein, wegen des Mordes sprechen. Soll ich —?«
    »Nein, stellen Sie durch.«
    Eine nasale Stimme meldete sich. »Miss
McCone?«
    »Ja.«
    »Sie sind die Miss McCone, die gestern
abend Jake Kaufmann gefunden hat? Die Privatdetektivin?«
    »Ja. Woher —?«
    »Das spielt doch keine Rolle.
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