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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wollte Nikiforow zuschlagen. Einem Mitarbeiter der nordkoreanischen Botschaft in Bukarest bot er achtundfünfzig Kilogramm angereichertes Uran an. Der russische Geheimdienst verhaftete daraufhin in einer Blitzaktion mutmaßliche Lieferanten in den Atomwerken Obninsk und Tomsk und einen Vermittler in St. Petersburg. Nikiforow hatte Glück: Der kleine, raffinierte Pensionist schaffte es, daß die russische Atompolizei ihm eine Beteiligung am Münchener Deal nicht lückenlos nachweisen konnte. Die Information der konspirativen FSB-Agenten, die angebotenen achtundfünfzig Kilo Uran seien in einem Bunker der Stadt Elektrostal südöstlich von Moskau versteckt, konnte nicht bestätigt werden. Auch das Uran war verschwunden. War Nikiforow gewarnt worden, vielleicht durch einen Mitarbeiter des Geheimdienstes? Es besteht kein Zweifel, daß Nikiforow eine zentrale Figur der Atommafia geworden ist, denn in seiner Garage in Moskau entdeckten Fahnder über sechseinhalb Kilogramm Urantabletten, die allerdings für militärische Zwecke unbrauchbar sind, da der Reinheitsgehalt zu niedrig war. Man kann also sagen, daß Nikiforow der direkte Konkurrent des sagenhaften Igor Germanowitsch Sybin war, den man aus der Seine gefischt hat. Ob er mit diesem Mord etwas zu tun hat, wird nie geklärt werden können. Der Wettbewerb im Atomhandel eskaliert, das wissen wir alle. Und nun eine interessante Zahl. In den vergangenen achtzehn Monaten hat das russische Innenministerium hundertdreißig Fälle von Nuklearstraftaten registriert.«
    Wallner unterbrach seinen Vortrag und trank einen großen Schluck Mineralwasser. Seiner Kehle war trocken geworden … soviel redete er normalerweise in drei Monaten nicht. Er blickte über die Versammlung seiner Beamten und hinüber zum Präsidenten, der nachdenklich vor sich hinstarrte. Er ahnte, daß Wallner noch mehr brisante Informationen in seiner Akte verwahrte. Und er täuschte sich nicht.
    »Sind das, was sie uns vortragen, keine Hypothesen, Herr Wallner«, fragte er. »Ist alles belegt?«
    »Ich werde Ihnen die Berichte vorlegen, Herr Präsident.«
    »Sie müssen sofort an den BND und die Bundesregierung geschickt werden.«
    »Es ist alles vorbereitet. Ich wollte den ganzen Komplex zuerst im vertrauten Kreis vortragen. Das BKA wird ja die Hauptlast aller weiteren Ermittlungen tragen.«
    Der Präsident nickte zustimmend. Ein As, dieser Wallner. Schade, daß er Polizeipräsident von Stuttgart werden soll. So einen Mann bekommen wir so schnell nicht wieder.
    »Die Atomkriminalität wird, aus russischer Sicht, der ich beipflichte, sehr schwer zu bekämpfen sein. Wir kennen bisher zehn ehemals ›geheime Städte‹, in deren Kernkraftwerken und Forschungsinstituten Plutonium hergestellt wird: Arsamas-16, südlich von Nishni Nowgorod, die älteste Nuklearanlage, an der auch die erste russische Atombombe gebaut wurde. Bereits im Jahre 1942 erhielt der damalige KGB-Chef Lawrentij Berija von Stalin den Auftrag, die Nuklearforschung zu forcieren und eine Atombombe zu konstruieren. Unter der Leitung von Professor Igor Kurtschakow bastelten die besten Chemiker und Physiker an dieser Bombe, aber die Amerikaner kamen ihnen zuvor. Damals hatte übrigens auch Hitler die Idee, einen Atomkrieg zu entfesseln. Bei uns war der Beauftragte Wernher von Braun, aber auch er verlor das Wettrennen. Sagen wir, Gott sei Dank – undenkbar, wenn Hitler einen Atomkrieg angefangen hätte! Doch zurück nach Rußland. Die ›Geheimen Städte‹ sind: Arsamas-16, Pensa-19, Slatoust-36, Swerdlowsk-45, Swerdlowsk-44, Tomsk-7, Krasnojarsk-26, Krasnojarsk-45, Tscheljabinsk-65 und Tscheljabinsk-70. Hinzu kommen neunundzwanzig in Betrieb befindliche Reaktorblöcke, hundertsechzehn Forschungsreaktoren, verteilt über das ganze Land, allein in Moskau sind es fünfzig Reaktoren. Zusammen erzeugen sie pro fünfhundert Kilogramm Uranbrennstäben gute fünf Kilo Plutonium! Sie können sich ausrechnen, was da pro Jahr zusammenkommt. Zwei Probleme gibt es in diesen Werken: Die Sicherheitsvorkehrungen sind lückenhaft, zum Teil sogar nicht vorhanden, und seit der Abrüstung der Atomwaffen erhalten die hochqualifizierten Forscher und Ingenieure ein Monatsgehalt von rund hunderttausend Rubel. Das entspricht zirka hundert Mark! Jede Putzfrau im öffentlichen Dienst verdient mehr! Wer versteht da nicht, daß jeder auf der Jagd nach einem Nebenverdienst ist! Und wo liegt das Zusatzbrot? In den Lagern mit Plutonium und Uran, Lithium und Cäsium.
    Man hat
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