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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie
Autoren: Sara Paretzky
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Schaumburg kannte.
    „Ich werde es ausrichten lassen, sobald eine
Schwester Zeit hat. Warum nehmen Sie in der Zwischenzeit nicht im Warteraum am
Ende des Flurs Platz? Wir sehen es nicht gerne, wenn Leute vor der Besuchszeit
auf den Gängen rumstehen.“
    Was hatte das mit meinem Wunsch zu tun, Neuigkeiten
über Consuelo zu erfahren? Aber wahrscheinlich war es besser Kräfte zu sparen
für einen Kampf, der sich wirklich lohnte. Ich machte kehrt und suchte den
Warteraum.
     
    2 Kindstaufe
     
    Das Wartezimmer zeugte von der Sterilität, wie sie
Krankenhäuser typischerweise an den Tag legen, um das Gefühl der Hilflosigkeit
bei den Leuten, die auf schlechte Nachrichten warten, noch zu steigern.
Billige, knallorange Plastikstühle standen ordentlich vor lachsfarbenen Wänden;
Architektur-, Sport- und Frauenzeitschriften lagen verstreut auf den Stühlen
und den Nierentischen aus Metall. Außer mir wartete nur eine gepflegte Frau
mittleren Alters, die unablässig rauchte. Sie saß starr da und bewegte sich
nur, wenn sie sich aus ihrer Tasche eine neue Zigarette holte, die sie mit
einem goldenen Feuerzeug anzündete. Als Nichtraucherin hatte ich nicht mal
diese Ablenkung.
    Ich studierte gerade gewissenhaft jedes Wort über
die Baseball-Endspiele 1985, als die Frau, mit der ich im Schwesternzimmer
gesprochen hatte, auftauchte.
    „Sind Sie nicht mit dem schwangeren Mädchen gekommen?“
fragte sie mich.
    Mir stockte der Atem. „Sie - gibt es etwas Neues?“
    Sie schüttelte den Kopf und lachte verlegen. „Uns
ist gerade aufgefallen, daß niemand die Papiere für sie ausgefüllt hat. Würden
Sie bitte mitkommen und das nachholen?“
    Sie führte mich durch endlos lange Korridore zum
Aufnahmebüro an der Vorderseite des Krankenhauses. Eine flachbrüstige Frau,
deren blond gefärbtes Haar dunkel nachwuchs, warf mir einen ärgerlichen Blick
zu.
    „Sie hätten sich bei Ihrer Ankunft sofort hier
melden sollen“, zischte sie mich an.
    Ich warf einen Blick auf ihr Namensschild, das
doppelt so groß war wie ihre linke Brust. „Sie sollten in der Notaufnahme
Zettel verteilen, auf denen steht, was man zu tun hat. Ich kann nicht Gedanken
lesen, Mrs. Kirkland.“
    „Ich weiß nichts über das Mädchen, ihr Alter, ihre
Krankheitsgeschichte, wer im Notfall zu unterrichten ist -“
    „Schenken Sie sich den Rest, ich bin ja hier. Ich
habe ihren Arzt und ihre Familie benachrichtigt, und in der Zwischenzeit werde
ich Ihre Fragen soweit wie möglich beantworten.“
    Die Schwester, die mich hergebracht hatte, hatte
offensichtlich nichts Dringendes zu tun. Sie stand an den Türrahmen gelehnt
und hörte interessiert zu. Mrs. Kirkland warf ihr einen triumphierenden Blick
zu.
    „Wir gingen von der Annahme aus, daß sie bei Canary
and Bidwell arbeitet, weil Carol Esterhazy die Notaufnahme verständigt hat.
Aber als ich zurückrief, um die Krankenversicherungsnummer des Mädchens zu
erfragen, erfuhr ich, daß sie gar nicht dort arbeitet. Sie ist irgendein
mexikanisches Mädchen, bei dem auf dem Firmengelände die Wehen eingesetzt
haben. Wir sind nicht die Heilsarmee. Wir werden das Mädchen in ein
staatliches Krankenhaus bringen lassen.“
    Ich zitterte vor Wut. „Haben Sie schon jemals was
von der Gesetzgebung des Staates Illinois bezüglich des Gesundheitswesens gehört?
Ich ja - sie schreibt vor, daß in Notfällen keiner Person Hilfe verweigert
werden darf, nur weil man glaubt, daß die Person nicht zahlen kann. Damit nicht
genug - jedes Krankenhaus dieses Staates ist gesetzlich verpflichtet, einer
Gebärenden beizustehen. Ich bin Anwältin und gerne bereit, Ihnen den Text im
Wortlaut zusammen mit einer Vorladung wegen Vernachlässigung der beruflichen
Sorgfaltspflicht zukommen zu lassen, falls Mrs. Hernandez etwas geschieht, nur
weil Sie ihr die Behandlung verweigern.“
    „Die Ärzte warten ab, bis feststeht, ob sie in ein
anderes Krankenhaus verlegt wird oder nicht“, erwiderte sie und kniff die
Lippen zusammen.
    „Wollen Sie damit sagen, daß sie nicht behandelt
wird?“ Das brachte das Faß zum Überlaufen. Ich kochte vor Wut. Am liebsten
hätte ich sie gepackt und an die Wand geschmettert. „Sie bringen mich zum
Direktor der Klinik! Sofort!“
    Mein Zustand machte ihr angst. Oder die Androhung
gesetzlicher Schritte. „Nein, nein - man kümmert sich um sie. Wirklich. Wenn
sie hierbleibt, wird ihr ein anderes Bett zugewiesen. Das ist alles.“
    „Sie werden die Ärzte jetzt anrufen und ihnen
mitteilen, daß sie nur dann
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