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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie
Autoren: Sara Paretzky
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ein Weißer wie du zustande. Also, bevor du mit den
Bullen redest, denk dran, daß wir nicht unsern Kopf für dich hinhalten.“
    Humphries erwiderte nichts, schnappte erneut nach
Luft. „Was zum Teufel wollen Sie?“
    „Aha, endlich kapiert! Was ich will? Ich will, daß
du laut und deutlich sagst: Ich habe Fabiano Hernandez erschossen.“
    Schweigen, Keuchen.
    „Na los, Mann. Wir haben die ganze Nacht Zeit. Kein
Mensch wird dich hier schreien hören.“
    Endlich sagte Humphries mit erstickter Stimme:
„Okay. Ich hab den Kerl erschossen, aber er war Dreck, ein Versager, Abschaum.
Wenn Sie hier sind, um seinen Tod zu rächen, dann setzen Sie Ihr Leben für
einen Haufen Scheiße aufs Spiel.“
    Ich holte tief Luft, zog den Revolver, stieß die
Tür auf und stürzte ins Zimmer. „Hände hoch!“ schrie ich und zielte auf Sergio.
    Er stand mit dem Messer in der Hand vor Humphries, Tattoo
hielt Humphries' Arme auf dessen Rücken. Zwei weitere Löwen standen mit Waffen
in der Hand an der Wand. Das riesige Fenster war zerbrochen - sie waren
eingebrochen und hatten hier auf Humphries gewartet.
    „Laßt die Pistolen fallen“, herrschte ich sie an.
    Anstatt meinem Wunsch nachzukommen, legten sie auf
mich an. Ich schoß. Einer ging zu Boden, den anderen verfehlte ich. Als ein
Schuß losging, ließ ich mich zu Boden fallen und rollte zur Seite. Die Kugel
bohrte sich ins Parkett knapp neben mir. Sergio ließ Humphries los. Aus dem
Augenwinkel sah ich, daß er mit dem Messer nach mir werfen wollte. Ein weiterer
Schuß ging los, und Sergio sackte vornüber auf den Schreibtisch. Ich schoß auf
den anderen bewaffneten Löwen. Er ließ seine Pistole fallen.
    „Nicht schießen! Nicht schießen!“ kreischte er.
    Rawlings stieg durch das zerschlagene Fenster
herein. „Sie sollten zum Augenarzt gehen, Warshawski. Warum um alles in der
Welt haben Sie dazwischengefunkt?“
    Ich zitterte am ganzen Körper. „Rawlings! Sie waren
das in dem Buick! Ich dachte - dachte Sergio - sind Sie heute morgen nicht
einen Chevy gefahren?“
    Gold blitzte kurz auf. „Der Buick ist mein
Privatwagen - hab mir schon gedacht, daß Sie ihn nicht kennen. Unternehmungslustig
wie Sie sind, hab ich mir gedacht, es ist besser, wenn ich Sie nicht aus den
Augen lasse. Warum, glauben Sie, konnten Sie ungestraft achtzig Meilen auf unseren
Straßen fahren? Polizeibegleitung... Okay, Humphries. Mr. Humphries, meine
ich. Diesmal sieht's schlecht für Sie aus. Wie ich schon vor ein paar Stunden
sagte, Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern. Sollten Sie auf dieses
Recht verzichten -“
    Humphries schüttelte den Kopf. Blut sickerte aus
den Schnitten, die ihm Sergio beigebracht hatte. „Ich kenne den Text. Also
lassen wir das. Sie standen die ganze Zeit draußen, warum um alles in der Welt
sind Sie nicht eingeschritten, als dieser Mexikaner drohte, mir die Kehle
durchzuschneiden?“
    „Keine Angst, Humphries, so recht es mir auch
gewesen wäre, ich hätte nicht zugelassen, daß er Sie umbringt. Aber mir ging's
wie ihm, ich wollte, daß Sie sagen: Ich habe Fabiano Hernandez erschossen. Ms.
Warshawski hat's auch gehört. Ich glaube, das wird dem Richter gefallen.“
    Ich ging hinüber zu Sergio. Rawlings hatte ihn an
der Schulter getroffen, es war keine lebensgefährliche Verletzung. Der Löwe,
den ich angeschossen hatte, lag pathetisch stöhnend auf dem Perserteppich und
besudelte ihn mit Blut. Tattoo und der andere Löwe standen blöd an der Wand.
    „Ich weiß nicht, Humphries“, sagte Rawlings.
„Vielleicht ist es besser, daß Sie ins Kittchen wandern - womöglich würde es
Ihr Herz brechen, wenn Sie tagtäglich die Blutflecken auf dem Teppich und dem
Schreibtisch vor Augen hätten. Gibt es hier im Haus einen Arzt?“
     
    35   Ein letzter Tag am See
     
    Die Spätsommersonne brachte den Sand zum Glühen und
tanzte blitzend auf dem Wasser. Kinder tobten herum; es war ihr letzter Ferientag.
Familien machten Picknick und genossen das letzte Wochenende am Strand.
Radiosender stritten miteinander. Prince gegen die Chicago Cubs. Ich starrte
gedankenverloren ins Leere.
    „Was ist los mit Ihnen, Mädchen? Warum gehen Sie
nicht ins Wasser? Ist vielleicht der letzte schöne Tag heute.“ Mr. Contreras
lag in einem Liegestuhl unter einem großen Sonnenschirm. Er war mit mir nach
Pentwater gekommen, einer Kleinstadt auf der Michiganseite des Sees, und hatte
mir hoch und heilig versprochen, nicht in die Sonne zu gehen. Ich hatte
gehofft, er würde schlafen. Als
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