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Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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sich auf dem Glastisch in aller Ruhe ein kleines Lager von Filterzigaretten drehte.
    Die Mutter dachte nach. »Ehrlich gesagt, ich glaube, ich habe mir keinen davon richtig gemerkt, ich weiß nicht.«
    Der Kriminalhauptkommissar blickte nicht auf. »Aber Sie wohnen hier doch schon ein halbes Jahr! Im Treppenhaus war doch sicher kein Hochbetrieb!«
    Darauf gab sie keine Antwort.
    »Und sie war eine flotte Biene«, sagte er. »Eine flotte Biene, der Ihr Mann gerne mal hinterherschaute!«
    Gunnarstranda begegnete ihrem Blick und las darin Verwirrung. Aber er lächelte nur unverbindlich. Er konnte sehen, dass sie bereit war, diese Frage freundlich auszulegen. »Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass ich jemanden nach einer kurzen Begegnung hier auf der Treppe auf einem Foto wiedererkennen könnte, nein, das glaube ich nicht.«
    Gunnarstranda sammelte seine Zigaretten ein und erhob sich. In diesem Moment hörten sie die Wohnungstür. Der Kleine lief, gefolgt von seiner Mutter, hinaus. Gunnarstranda steckte sich eine Zigarette an, trat ans Fenster und öffnete es einen Spaltbreit, während sie ihren Mann begrüßte. Er konnte hören, wie der Vater mit dem Kind herumalberte und wie das Ehepaar leise miteinander tuschelte.
    Um niemanden zu verärgern, versuchte er, so viel Rauch wie möglich aus dem Fenster zu blasen.
    Kurz darauf standen sie in der Tür. »Sie können ruhig rauchen«, versicherte sie nervös. »Ich hole einen Aschenbecher. Das ist der Herr von der Polizei.«
    Letzteres galt ihrem Ehemann, der hinter ihr stand.
    Sie begrüßten sich.
    Der Mann ging auf die vierzig zu. Er hatte feuchte Hände, was von Handschuhen kommen konnte. Als er sich sehr formell verbeugte, fiel ihm sein dickes, widerspenstiges Haar in die Augen. Im Nacken war es zu einer scharfen Kante geschnitten. Seine hektischen Augen betonten seine abstoßende Energie.
    »Wir untersuchen den Mord an der Frau in der unteren Etage«, sagte Gunnarstranda langsam.
    »Ja, das wird aber auch Zeit.«
    Gunnarstranda starrte dem Mann in die Augen und streifte seine Asche im Aschenbecher ab, den die Mutter des Kindes ihm hingestellt hatte. Ein sensibler Mund, um die Lippen war die Andeutung eines Lächelns zu sehen.
    Der Polizist beschloss zuzuschlagen. »Sind Sie je in ihrer Wohnung gewesen?«
    Ein zögerndes Schweigen überschattete die Selbstsicherheit seines Gegenübers für einen Augenblick. Es war ein Schatten kalter Berechnung. Für Gunnarstranda war das Antwort genug.
    »Ja.«
    Gunnarstranda spürte, wie die Augen der Frau seine rechte Schulter verbrannten.
    »Wie oft?«
    Diesmal musste er etwas länger auf die Antwort warten. »Ich habe ihr mal geholfen. Nicht wahr, Mia? Im Winter, mit dem Starthilfekabel, und dann … na ja, sie war doch unsere Nachbarin.«
    Der Mann breitete in gespielter Resignation die Hände aus.
    Gunnarstranda nickte nachdenklich. »Sie hatte ja eine viel kleinere Wohnung als Sie. Stört es Sie, wenn ich mich hier ein bisschen umsehe?«
    »In allerhöchstem Maße!«
    Joachim Senior schürzte die Oberlippe. Gunnarstranda zog wieder an seiner Zigarette. Er blickte dem anderen gerade ins Gesicht: »Sie möchten diesen Mord doch aufgeklärt sehen, nicht wahr?«
    Der Mann starrte zurück und fauchte: »Zuerst habt ihr hier den halben Tag mit Leuten und Autos Krach gemacht. Dann mussten wir den halben Nachmittag auf euch warten. Ich habe zwei wichtige Termine abgesagt. Bei dem Tempo klärt ihr den Mord irgendwann im nächsten Jahrhundert auf!«
    »Was sind Sie von Beruf?«, fragte der Kriminalhauptkommissar.
    »Wirtschaftsberater. Wirtschaftsprüfer.«
    Gunnarstranda nickte. »Privat?«
    »Ja.«
    »Sie haben vielleicht eine Karte?«
    Mit resignierter Miene griff der Mann nach seiner Brieftasche und reichte Gunnarstranda eine Karte mit Firmenstempel und Farbfoto. Gunnarstranda ließ sie zwischen seinen Fingern wippen. »Nun, Herr Bjerke«, sagte er und fixierte sein Gegenüber. »Da diese Wohnung so privat ist, können Sie mir vielleicht erzählen, welches Ihrer Zimmer Reidun Rosendals Wohnung am nächsten gelegen ist?«
    »Das Schlafzimmer.«
    Mia Bjerke, die das Kind jetzt auf dem Arm hielt, schaltete sich ein. Etwas nervös blickte sie ihren Ehemann an. »Unser Schlafzimmer liegt ungefähr über ihrer Wohnung«, fuhr sie fort und lächelte leicht angestrengt. »Im Schlafzimmer merkt man ja, wie hellhörig diese alten Häuser sind.«
    Gunnarstranda wandte sich ihr zu.
    »In der Nacht zum Sonntag, haben Sie da etwas Besonderes
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