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Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Eins
    Als er die Augen aufschlug, waren sie trocken wie Sandpapier. Er starrte an eine grauweiße Decke und wusste, es war Morgen, wusste, dass er in einem fremden Bett lag, aber nicht, warum. Das fiel ihm erst wieder ein, als er ihren warmen Arm an seiner Brust spürte.
    Die Dämmerung verlieh dem Raum weiche Schatten. Es war Morgen, und er musste aufstehen. Er musste zur Schicht.
    Sie konnten nicht lange geschlafen haben. Im schwachen Licht zeichnete sich ihr Körper als Silhouette ab. Ihre Haut schimmerte leicht im Halbdunkeln, nur Waden und Füße waren vom Laken bedeckt, das ans Fußende gerutscht war.
    Langsam setzte er sich auf. Er lehnte sich an die Wand, um einen klaren Kopf zu bekommen. Er war müde und hätte sich gern wieder hingelegt. Hätte gerne die Decke über sich gezogen und weitergeschlafen. Wenn da nicht dieser Arsch von Vorarbeiter gewesen wäre, der schon in der ersten halben Stunde den Lohn kürzte.
    Es war halb sechs. Keine Eile.
    Er tastete nach seiner Unterhose und den restlichen Kleidern. Klemmte sich die Sachen unter den Arm und ging ins Badezimmer. Es dauerte lange, bis aus dem altmodischen Wasserhahn heißes Wasser kam. Das ließ ihm die Zeit, sein Spiegelbild zu betrachten. Ein blasses und unrasiertes Gesicht unter langen schwarzen Haaren, die eine Wäsche dringend nötig gehabt hätten. Er starrte die vielen Fläschchen und Tiegel auf der Ablage an. Wandte sich zu dem Wäscheständer über der Badewanne um. Kleine, verknitterte Slips und lange Strumpfhosen hingen im weißen Licht still da. Langsam zog er sich an und warf sich mit den Händen Wasser ins Gesicht.
    Er wollte sich lieber davonschleichen und sie nicht wecken. Lieber später anrufen, vielleicht heute Nachmittag oder heute Abend. Aber erst musste er im Schlafzimmer seine Socken suchen. Die waren nicht zu sehen, auch nicht unter dem Bett.
    Seine Knie knackten, als er sich aufrichtete. Sie lag da wie in einem Traum, schlief still, die Knie bis an die Brust hochgezogen. Weiße Haut und volle Lippen. Ihre kurzen hellen Haare fielen ihr über die Augen.
    Da. Seine Socken lagen zerknüllt unter dem Bücherregal.
    Es knallte. Er war mit dem Hinterkopf gegen ein Regal gestoßen. Er fasste sich an den Kopf und fluchte lautlos. Dabei hörte er die Decke rascheln. Sie kam zu ihm herüber.
    »Gehst du?«
    Ihre Stimme war belegt und schlaftrunken, ihre Haut warm.
    »Ich wollte dich nicht wecken.«
    Die Begegnung mit ihren wahnsinnig weichen Lippen ließ ihn leicht erzittern.
    »Ich wäre gern mit dir zusammen aufgewacht«, flüsterte sie. Fuhr langsam mit ihrer Nase über seine Haut, während er mit der Handfläche über ihre Brustwarze strich.
    »Ich ruf dich an«, sagte er und ließ sich widerwillig auf den Holzstuhl vor ihrem kleinen Schreibtisch fallen. Er zog seine Socken an, während ihre Finger mit seinen Haaren spielten.
    Da klingelte das Telefon auf dem Tisch.
    Der Ton schnitt in das halbdunkle Zimmer und ließ ihn zu ihr hochblicken. Ihr Blick war starr auf das Telefon gerichtet.
    Er küsste ihren Bauch. Schöner Nabel, dachte er, während sie zögernd die Hand zum Telefon ausstreckte, das weiter klingelte.
    »Ist das vielleicht für dich?«
    Sie flüsterte mit unsicherer Stimme.
    »Für mich?«
    Ihr Gesicht war im Morgenlicht des Fensters nur ein weicher Schatten. »Niemand weiß, dass ich hier bin.«
    Sie zögerte noch immer.
    »Dann zieh doch den Stecker raus. Wenn du jetzt mit niemandem reden willst.«
    Mit einer raschen Handbewegung nahm sie den Hörer ab. »Ja, hier ist Reidun!«, sagte sie in energischem Tonfall.
    Stille in der Leitung. »Hallo, hier ist Reidun!«
    Sie lächelte zu ihm hinab und klemmte den Hörer zwischen Kopf und Schulter. Ihre Finger spielten wieder mit seinem Haar.
    Noch immer Stille in der Leitung.
    Er spürte, wie sie seine Haare nach hinten strich, sie zusammenfasste.
    »So.«
    Sie lächelte. Ihre Hand winkte mit dem Pferdeschwanz, zu dem sie seine Haare gerade gebunden hatte.
    Warum nicht, dachte er. Pferdeschwanz kann gut aussehen. Vor allem, wenn er ihr gefällt.
    Er beugte sich vor und band sich die Schuhe zu, während sie zum dritten Mal ihren Namen nannte. Keine Antwort.
    Ihre Brüste wogten, als sie mit den Schultern zuckte und den Hörer ansah. In diesem Moment hörten sie es beide. Ein trockenes Klicken.
    Der Unbekannte hatte die Verbindung unterbrochen.
    Langsam legte auch sie auf.
    »Kriegst du häufiger solche Anrufe?«
    Sie drehte sich um und schaute aus dem Fenster.
    »Nein«, sagte
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