Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Investitionen

Tödliche Investitionen

Titel: Tödliche Investitionen
Autoren: Kjell Ola Dahl
Vom Netzwerk:
er zeigte aus dem Fenster. »In der Seilduksgata unterhalb von Dælenenga. Es würde mich kein bisschen wundern, wenn ich damals auch in dieser Bude Bekannte gehabt hätte.«
    Den letzten Satz begleitete ein breites Lächeln.
    Er durchquerte das Zimmer und ließ sich auf dem geschwungenen rosa Ledersofa nieder.
    Der kleine Junge klammerte sich ans Hosenbein seiner Mutter und starrte Gunnarstranda aus großen Augen an. Ihre hellblauen Augen glitzerten nervös, und sie rang sich ein angespanntes Lächeln ab, das ihm mitteilte, er solle nicht mehr als nötig von alten Zeiten reden. Er blickte sie über den Tisch hinweg an und schenkte dem Kleinen keine weitere Beachtung. Für Kinder interessierte er sich nicht.
    »Bist du Polizist?«, wollte der Junge wissen.
    »Mein alter Herr hat bei Freia gearbeitet«, fuhr Gunnarstranda nachdenklich fort. »Gute Rente hat er auch gekriegt. Dafür war er berühmt, der Direktor Throne-Holst! Er hat seinen Leuten schon Rente bezahlt, als sonst noch kaum jemand auf den Gedanken gekommen war. Sie haben doch sicher von Throne-Holst gehört?«
    Nervös schüttelte die Frau den Kopf.
    Er lehnte sich vertraulich zu ihr hinüber. »Sie müssen schon entschuldigen, aber wissen Sie, als einer, der in dieser Gegend aufgewachsen ist, kann ich sagen, dass in dieser Wohnung eine unglaubliche Arbeit stecken muss. Das kann nicht billig gewesen sein?«
    Ihr Lächeln veränderte sich bei diesem Kompliment, und Gunnarstranda begriff, dass sie bei der Renovierung fleißige Finger mit im Spiel gehabt haben musste. Aber ihr Lächeln verschwand, und der Ernst überkam sie wieder.
    »Das ist noch die Frage«, antwortete sie. »Jetzt, wo unten der Mord passiert ist. Joachim und ich haben Angst, die Preise könnten fallen, und dann verlieren wir hier eine Menge Geld.«
    »Wollten Sie denn schon wieder ausziehen?«
    Gunnarstranda versuchte, auch den Jungen anzulächeln. »Du arbeitest also schon als Wohnungsmakler?«
    Sie lächelte. »Joachim ist mein Mann. Das ist Joachim Junior.«
    Sie streichelte dem Kind über den Kopf.
    Joachim Junior, wiederholte Gunnarstranda in Gedanken und holte Atem. »Die Ermordete …«
    Er begegnete ihrem Blick. »Wie gut haben Sie sie gekannt?«
    Sie zögerte kurz und dachte nach.
    »Schwer zu sagen. Nun, wir haben uns gegrüßt, und sie wirkte … ja, ganz okay. Sie schien mir recht umgänglich. Und Joachim«, wieder zögerte sie, »er kannte sie auch nicht besser als ich – glaube ich zumindest.« Sie lachte mit einem kleinen Unterton. Sofort reagierte Gunnarstranda. »Wie meinen Sie das?«
    Sie senkte den Blick. »Das war ein Scherz«, sie lächelte leicht verkrampft. »Sie war doch eine sehr hübsche Frau.«
    Ihr Gesicht verriet, dass sie ihren Mann gut im Blick hatte.
    »Er hat also ab und zu mit ihr gesprochen?«
    Gunnarstranda merkte, dass sie sich über diese Frage ärgerte.
    »Wir waren ja irgendwie Nachbarn, und ja … nein!«
    Sie hob die Arme.
    »Sie hatten also nicht viel mit ihr zu tun, es gab keine gemeinsamen Freunde?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, ob sie einen festen Bekanntenkreis halte, ob irgendwer sie oft in ihrer Wohnung besuchte?«
    »Da kann ich leider nicht helfen«, sagte sie entschieden. Und als der Polizist schwieg, fuhr sie fort:
    »Tja, sie hat ja unter uns gewohnt, und wenn ich ihr begegnet bin, war sie fast immer allein. Ich habe sie auch schon zusammen mit anderen gesehen, Männern und Frauen, aber das ist doch immer so. Sie war eine ganz normale Frau, die allein lebte, und wir wohnen hier ja noch nicht einmal ein halbes Jahr.«
    »Sind Sie berufstätig?«
    »Halbtags, ja.«
    Der Junge wurde auf dem Arm seiner Mutter unruhig, und ein Teil ihrer Aufmerksamkeit richtete sich jetzt auf ihn. »Würden Sie diese Leute auf einem Foto wiedererkennen?«
    »Wen denn? Schluss jetzt, Joachim!«
    Ärgerlich packte sie die Hand des Kleinen, um ihn zu bändigen.
    Gunnarstranda sah sie geduldig an. »Die, mit denen Sie sie gesehen haben …«
    »Entschuldigung«, sagte sie und erhob sich. Sie bückte sich zu dem Kleinen hinunter, und während sie leise mit ihm sprach, blickte sie ihm in die Augen. »Mama muss mit dem Mann reden. Du musst was anderes machen. Spiel doch ein bisschen mit deinen Klötzchen!«
    »Nein!«
    Der Kleine war alles andere als willig. Beleidigt starrte er den Polizisten an, der seinen Tabak hervorzog und sich an seinem Drehmaschinchen zu schaffen machte. Das fand der Junge interessant, und er drehte sich um, um Gunnarstranda zu beobachten, der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher