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Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung
Autoren: Tove Alsterdal
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als Produktionsbüro für Gastensembles diente, zog die Tür hinter mir zu und riss das Kuvert auf.
    Ein kleines, schwarzes Notizbuch purzelte heraus. Eine CD mit der Aufschrift »Fotos«. Eine Postkarte mit dem Eiffelturm. Ein Anflug von Freude überkam mich, als ich den kurzen Text las.
    Mach Dir keine Sorgen, ich bin bald zu Hause. Muss nur noch eine Sache erledigen. Liebe dich für immer und ewig. P.
    PS: Bewahre dies bitte im Theater auf, bis ich nach Hause komme.
    Ich las die Zeilen wieder und wieder.
    Langsam wurde die Luft in dem engen Verschlag knapper. Die Wände schienen sich zusammenzuziehen, und ich musste die Tür aufstoßen, um Raum zu gewinnen, und rief mir ins Gedächtnis: Linker Hand führte der Korridor zur Laderampe auf der neunzehnten Straße. Rechts gelangte man ins Foyer und von dort über eine Treppe im Art-Déco-Stil ins Erdgeschoss. Es gab Ausgänge. Zwischen mir und der frischen Luft lagen nicht mehr als dreißig Sekunden Laufschritt.
    Ich lehnte mich im Bürostuhl zurück und betrachtete das berühmte Stahlgerüst auf der Vorderseite der Postkarte.
    Muss nur noch eine Sache erledigen, hatte er geschrieben. Der Umschlag war doch bereits vor einer Woche abgestempelt worden. Müsste er nicht längst damit fertig sein?
    Ich blätterte ein wenig in dem Notizbuch. Es enthielt Worte, Zeilen und Telefonnummern, die keinen Sinn ergaben; warum hatte er es mir überhaupt geschickt? Zur Aufbewahrung im Theater, nicht zu Hause. Unter der glatten Oberfläche der Postkarte begann sich Dunkelheit aufzutun.
    Mach Dir keine Sorgen bedeutete, dass ich allen Grund hatte, beunruhigt zu sein. Ich hatte lange genug im Theater gearbeitet, um zu wissen, dass Menschen nie das sagen, was sie meinen, und sich der wahre Sinn hinter den Worten verbirgt.
    Bald zu Hause und bis ich zu Hause bin klang wie eine einfache, sachliche Information, konnte jedoch genauso gut bedeuten, dass er mir etwas vormachte, oder sich selbst.
    Ich schob die CD in meinen Laptop. Während ich wartete, bis die Fotos sich öffneten, glitt ich in ein emotionales Niemandsland – ein Zustand, den ich mir in den Tagen vor Premieren oder in Katastrophenfällen zunutze machte. Als meine Mutter den Schlaganfall erlitten und ich sie in der Wohnung gefunden hatte, war ich mehrere Wochen lang in dieser Verfassung umhergelaufen. Ich hatte das Bühnenbild zu einem Musikvideo fertiggestellt und parallel dazu die Einäscherung organisiert und die Beerdigung geplant. Die Menschen in meiner Nähe hatten von psychologischer Hilfe gesprochen, doch ich schlief stattdessen lieber zwei Wochenam Stück, als alles vorüber war, und konnte anschließend wieder arbeiten gehen.
    Auf meinem Bildschirm öffnete sich ein Foto. Es war unscharf und zeigte einen Mann, der halb von der Kamera abgewandt stand. Auf dem nächsten Bild sah ich zwei Männer vor einem Tor, es war offenbar abends aufgenommen worden und ebenfalls nicht scharf. Ich klickte weiter und verstand nichts. Patrick war zwar kein glänzender Fotograf, sein Spezialgebiet waren Worte und Sprache, dennoch gelangen ihm normalerweise halbwegs annehmbare Aufnahmen. Diese hier waren einfach erbärmlich. Lauter verschwommene Männer mit gelangweilten Mienen. Einer von ihnen tauchte auf mehreren Bildern auf, ein typischer Bürohengst oder Bankangestellter, möglicherweise auch aus der Werbebranche, mit einer filigranen, rechteckigen Brillenfassung und hellen Augen, im Jackett oder Anzug. Die Fotos schienen aus der Distanz gemacht worden zu sein, heimlich. Das konnten alle möglichen Menschen sein, in jeder Stadt der Welt. Und sie gaben mir absolut keinen Hinweis darauf, in was für eine Geschichte Patrick sich dort verbissen hatte.
    Ich schloss die Augen und dachte eine Weile nach.
    Dann ging ich auf die Internetseite von The Reporter und suchte die Nummer seiner Redaktion heraus.
    »Ich würde gern mit Richard Evans sprechen«, sagte ich. Das war der Redakteur der Zeitung, an die Patrick seine Geschichten verkaufte; eine Journalistenlegende.
    »Einen Moment.«
    Dann wurde ich einer langgezogenen Stille überlassen, während ich darauf wartete, dass man mich durchstellte. Wie ich schließlich erfuhr, war Richard Evans nicht im Haus. Nachdem man mich eine halbe Stunde lang weiterverbunden hatte, gelangte ich jedoch zu einem Redaktionsassistenten, der sich entlocken ließ, wo er sich derzeit aufhielt. Ich behauptete, ich müsse in Patricks Auftrag einen Artikel abliefern, und erfuhr, dass der Redakteur in einer Stunde
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