Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Hoffnung

Toedliche Hoffnung

Titel: Toedliche Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Alsterdal
Vom Netzwerk:
französischem Akzent aussprach, was lustig klang, als wäre er jemand, den ich nicht kannte. Wer rief ihn mitten in der Nacht in einem Pariser Hotelzimmer an? Patrick hob seine Stimme, schrie plötzlich so sehr, dass sogar der Russe am Ende der Treppe es gehört haben musste.
    »Mais qu’est-ce qui est en feu? Quoi? Maintenant? Mais dis-moi ce qui se passe, nom de Dieu!«
    Dann war er wieder in meiner Leitung.
    »Ich muss los, Liebling. Verdammt!« Es schepperte, als hätte er etwas umgestoßen, vielleicht war er auch gestolpert. »Ich rufe morgen wieder an.«
    Wir legten auf. Das war das Letzte, was ich von ihm hörte.
    Ich kreuzte die Achte Straße und ging in Richtung Joyce Theater. Aus dem Augenwinkel sah ich am nächsten Block Blaulichter kreisen, aber die Sirenen schienen weit entfernt, in einem anderen Universum, in dem all das nicht stattfand: das Handy, das stumm in meiner Hand lag. Das kleine Wesen, das in meinem Bauch wuchs. Patrick, der nicht wusste, dass er Vater wurde.
    »Ally!«
    Es war die Stimme des Mädchens an der Rezeption, BrendaSoundso, die mich aufhielt, als ich das Theater betrat. »Du heißt doch Cornwall, oder? Alena Cornwall? Es ist Post für dich gekommen.« Sie winkte mit einem prallgefüllten Umschlag. »Aus Paris.«
    Mein Herz machte einen doppelten Salto, als ich das Kuvert entgegennahm.
    An Alena Cornwall, stand dort, c/o Joyce Theatre, 8th Avenue, Chelsea, New York.
    Es bestand kein Zweifel, um wessen Handschrift es sich handelte: ordentliche Buchstaben in gerader Reihe, die verrieten, dass Patrick einst der ganze Stolz seiner Mutter gewesen war.
    Ich befühlte den Umschlag. Er war dick und enthielt mehr als nur Papier. Laut Poststempel war er eine Woche zuvor in Paris losgeschickt worden, am sechzehnten September. Letzten Dienstag. Das Bild auf der Briefmarke zeigte eine Frau mit Haube und wehendem Haar, umgeben von einem Sternenmeer; ein Symbol Frankreichs und der Freiheit.
    »Wann kam das denn an?«, fragte ich und sah zu Brenda auf.
    »Keine Ahnung«, antwortete sie und wischte sich die Finger an einer Papierserviette ab. Sie hatte immer einen klebrigen Marsriegel unter der Theke versteckt, von dem sie heimlich abbiss. »Vielleicht am Freitag. Da habe ich nicht gearbeitet. Die anderen wussten wohl nicht, wohin damit.«
    Ich betrat den Korridor, der zum Büro und zur Garderobe führte. Was für ein Mist, wenn man noch nicht einmal seine Post rechtzeitig bekam. Einige Menschen wollten einfach nicht glauben, dass man existierte, nur weil man keinen Beschäftigungsnachweis und kein Postfach besaß. Und warum in aller Welt hatte Patrick den Umschlag ans Theater geschickt und nicht nach Hause? Unpersönlicher ging es wohl kaum. Außerdem hatte er sich noch nicht einmal um die korrekte Adresse bemüht, es fehlten sowohl Hausnummer als auch Postleitzahl, und das musste etwas zu bedeuten haben.
    Eile. Dass etwas passiert war. Dass er eine Neue kennengelernt hatte und nicht wagte, nach Hause zu kommen und es mir ins Gesicht zu sagen. Dass er mich verlassen hatte.
    Ich stoppte abrupt, als direkt vor meiner Nase eine Tür aufgerissen wurde. Eine der Tänzerinnen aus der aktuellen Produktion stürzte heraus.
    »Ich hätte tot sein können«, kreischte Leia. »Kapierst du denn nicht, dass die Wand direkt auf mich zukam?«
    Ich stöhnte laut. Leia war ein zweiundzwanzigjähriges Nervenbündel, das man zum künftigen Stern am New Yorker Tanzhimmel erkoren hatte, weshalb sie davon überzeugt war, dass sich der Rest der Welt ebenfalls um sie drehte. Sie sperrte ihre Augen weit auf, als sie mich entdeckte.
    »Du musst etwas dagegen unternehmen«, sagte sie, »sonst betrete ich diese Bühne nie wieder.«
    »Ich kann dieses Gebäude verdammt noch mal nicht umbauen«, antwortete ich. »Alle wissen, dass es hinter der Bühne eng ist. Du musst eben jemanden bitten, auf der anderen Seite der Wand zu warten und dich hereinzulassen, das machen die anderen auch so.« Ich wandte ihr den Rücken zu und ging weiter. Ich sah nicht ein, vor einem jungen Ding zu kuschen, das nach einer Star Wars --Prinzessin getauft war.
    »Jemand wie du dürfte gar nicht in so einem Bereich arbeiten«, schrie sie mir nach, »andere Menschen sind dir doch völlig egal.«
    Ich drehte mich um.
    »Und du bist eine verwöhnte kleine Diva«, konterte ich.
    Leia rannte in ihre Umkleide und knallte die Tür hinter sich zu.
    Der Umschlag in meiner Hand war mittlerweile schweißnass.
    Ich betrat den fensterlosen kleinen Verschlag, der

Weitere Kostenlose Bücher