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Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit
Autoren: Alexandra Balzer
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Shora in das Versammlungshaus. Von außen schien kaum genug Platz zu sein für die mehreren hundert Hexen, die in den umliegenden Hütten wohnten oder aus allen Teilen Enras herbeigeeilt waren – alle, die ihre Aufgabe für eine Nacht im Stich lassen konnten. Fasziniert sah Inani sich in diesem kühlen düsteren Steingemäuer um und betrachtete die vielen Frauen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Vom jungen Mädchen bis zur Greisin war alles vertreten, es gab edel gekleidete Schönheiten mit aufwändigen Frisuren und kostbarem Schmuck, schlichte, unauffällige Frauen, die wie Dienstmägde oder Bäuerinnen gewandet waren, Bürgersfrauen mit Abzeichen verschiedener Gilden, hässliche Weiber, deren Anblick kaum zu ertragen war. Inani spürte, dass gerade diese scheinbar entstellten
    Gesichter von Illusionszaubern herrührten. Wer kann sich denn wünschen, alt und grässlich auszusehen?
    Einige besaßen die dunkle Haut und die Mandelaugen der Menschen im Süden, andere schienen das Blut der nichtmenschlichen Völker in sich zu tragen. Inani bemerkte eine schwarzhaarige, grazile Frau ganz in der Nähe, von solch überirdischer Schönheit, dass sie gewiss ein Elfenmischling war – oder vielleicht eine Loy, nur ohne Flügel? Sie redeten in allen Sprachen und Dialekten des Kontinents, lachten, scherzten, schienen sich zu freuen, einander zu sehen. Inani sah aber auch Frauen, die sich von allen anderen fernhielten und spürte Spannungen zwischen einigen Gruppen. Immer wieder hörte sie ihren eigenen Namen, erhaschte neugierige, freundliche und feindselige Blicke.
    Sie hassen Mutter … Warum hassen so viele von ihnen meine Mutter?, dachte sie verwirrt. Sie fühlte, dass der Hass sie einschloss.
    Inani versuchte stolzen Gleichmut zu zeigen, bis Kythara den Raum betrat und sofort alle Aufmerksamkeit auf sich zog.
    „Seid gegrüßt, ihr Töchter der Dunkelheit! Wir alle freuen uns auf das Karr-Fest, wenn der Herbst stirbt und Dunkelheit und Kälte Einzug halten in den Landen. Doch bevor wir der Göttin huldigen können, gilt es, zwei junge Mädchen zu prüfen, ob sie als Novizin in unsere Welt aufgenommen werden dürfen oder nicht.“
    Überrascht sah Inani um sich und entdeckte schließlich ein blondes, pausbackiges Mädchen in ihrem Alter, das sich ängstlich hinter seiner Mutter versteckte.
    „Siehst du Ylanka? Was denkst du von ihr?“, wisperte Shora in Inanis Ohr und wies dabei auf die Frau, die nun ärgerlich ihre Tochter von sich stieß, auf Kythara zu.
    Nachdenklich musterte Inani die weiblich gerundete Frau mit den kastanienbraunen Haaren, gehüllt in ein schlichtes Leinenkleid, die kraftvollen Bewegungen, den entschlossenen Ausdruck auf dem ebenmäßigen Gesicht.
    „Sie ist wütend“, erwiderte Inani leise.
    „Ja, das ist sie, denn sie fürchtet, dass ihre Ziehtochter die Prüfung nicht bestehen wird. Sie selbst besitzt starke Magie, hohen Einfluss und zahlreiche Freundinnen hier im Schwesternbund. Was denkst du: Ist sie harmlos oder gefährlich?“
    „Gefährlich. Sie wird sich verteidigen, wenn sie angegriffen wird und mit allen Mitteln kämpfen, um ihr Ziel zu erreichen.“ Inani ließ die Frau nicht aus den Augen, studierte die fühlbare Anspannung, mit der Ylanka ihre Ziehtochter der Königin darbot.
    „Sie hat Angst und ist bereit zu Kampf oder Flucht, wie eine Wildkatze.“ Inani sah, wie Alanée und Shora einander zunickten.
    „Sie ist durch ihre Angst und Wut unberechenbar, aber keine wirklich große Gefahr“, sagte Alanée. „Kythara weiß, was in ihr vorgeht und braucht sie nur zu beobachten, um rechtzeitig reagieren zu können. Merke dir: Eine Gefahr, die man erkennt, sollte man keinesfalls unterschätzen, doch man hat Zeit, sich auf sie einzustellen. Sage mir nun, wie du Kythara zu begegnen hast!“ Inani nickte. „Kythara ist mächtig und gefährlich. Sie kann mit mir machen, was sie will, niemand würde sie daran hindern. Ich darf nichts tun, was sie wütend macht und muss ihr gehorchen, dann wird mir nichts geschehen.“ Sie legte den Kopf schräg und betrachtete Shora aufmerksam. „Wirst du deshalb gehasst, Mutter? Weil du ihr nicht gehorcht hast?“
    Shora wurde bleich, Alanée hingegen kicherte und legte den Finger auf Inanis Lippen.
    „Sieh zu, dass du die Prüfung bestehst, Liebes“, flüsterte sie, „die Welt dort draußen ist zu klein für eine gewöhnliche Sterbliche, die solche Dinge sagt!“
    Derweil war die Königin mit der Begutachtung von Ylankas Tochter
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