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Todesträume am Montparnasse

Titel: Todesträume am Montparnasse
Autoren: Alexandra Grote
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Einzelheiten?«
    »Nein. Die Vernehmung beginnt, sobald Couperin eintrifft.«
    »Na schön. Ich würde ihr gern in die Augen sehen, wenn wir sie gleich in die Mangel nehmen, Chef!« Es klang zornig, LaBréa wusste, dass er tief verletzt war.
    Franck schickte sich an, aus dem Wagen zu steigen. LaBréa legte die Hand auf seinen Arm und hielt ihn zurück.
    »Sie kommen nicht mit zur Vernehmung, Franck. Dr. Clément ist die Hauptverdächtige in zwei brutalen Mordfällen. Sie scheint erleichtert, dass alles vorbei ist, und wird bestimmt ein Geständnis ablegen. Sie sind viel zu befangen, und Ihre Anwesenheit wäre für alle Beteiligten nur eine Belastung. Ich habe mich mit Ihnen hier unten getroffen, damit Sie gleich den Wagen nehmen und nach Hause fahren.«

    LaBréa stieg aus.
    »Nehmen Sie ein paar Tage Urlaub, wenn Ihnen das hilft. Also, Franck, alles Gute.«
    In manchen Situationen muss man einen Menschen allein lassen mit seinen Gefühlen, seiner Enttäuschung, seinem Zorn.
    LaBréas Schritte hallten auf dem Zementboden der Tiefgarage, als er mit zügigen Schritten zum Fahrstuhl ging. Er warf einen letzten Blick auf seinen Mitarbeiter. Der saß regungslos auf dem Beifahrersitz und starrte ins Leere.
     
    Ermittlungsrichter Couperin, LaBréa, Dr. Clément und Claudine saßen um den großen Konferenztisch in LaBréas Büro. Die Ärztin hatte ausdrücklich um Claudines Anwesenheit gebeten. Vermutlich fühlte sie sich im Beisein einer Frau eher in der Lage, die Vernehmung zu überstehen.
    Couperin schaltete das Tonband ein, nannte die formal notwendigen Einzelheiten wie die Namen der Anwesenden und das Datum der Vernehmung und sagte zu der Beschuldigten: »Dr. Clément. Es besteht begründete Annahme, dass Sie Stefan Vlankovic, gebürtig aus Foča, Bosnien, und Pascal Masson, Ihnen bekannt als ›der große Blonde‹, an ihren jeweiligen Wohnorten hier in Paris ermordet haben. Bekennen Sie sich dieser beiden Morde schuldig?«
    »Ja, Monsieur le Juge«, antwortete Dr. Clément mit leiser, doch fester Stimme.

    »Gut, Madame. Schildern Sie uns bitte zuerst die genauen Hintergründe dieser Taten.«
    Hélène Clément hatte die Hände auf den Tisch gelegt und wirkte gefasst.
    »Ich habe diese beiden Männer getötet für das, was sie mir und anderen Frauen während des Bosnienkriegs angetan haben. Der Zufall hat mir in die Hände gespielt, dass ich beide hier in Paris wiedertraf.«
    »Wann war das?«, fragte LaBréa.
    »Vor zwei Jahren. Im Januar 2002.« Sie begann zu erzählen.
    Nachdem Hélène Clément Ende 1993 Bosnien verlassen hatte, war sie nach Paris übersiedelt. Die Psychologin Christine Payan, die sie in einem Therapiezentrum in Zagreb kennengelernt hatte, riet ihr dringend dazu und half ihr bei ihrem Start in Frankreich. Unter anderem arrangierte sie die Heirat mit ihrem homosexuellen Bruder Louis Clément. Das ermöglichte Hélène, sofort eine Aufenthaltsgenehmigung und die französische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Die Scheinehe mit Louis Clément wurde wenige Jahre später geschieden. Immer noch in therapeutischer Behandlung bei Christine Payan begann Hélène, in Paris Medizin zu studieren. Nach Ende des Studiums trat sie ihre erste Stelle in der Klinik Val de Grace an. Im Herbst 2001 bewarb sie sich um die frei gewordene Stelle des Gefängnisarztes in der Haftanstalt La Santé.

    »Warum wollten Sie unbedingt in einer Haftanstalt arbeiten?«, fragte Claudine.
    »Weil ich keine unregelmäßigen Schichtdienste mehr verrichten wollte. Ich konnte es nicht. Oft musste ich im Val de Grace nachts arbeiten. Das empfand ich als besonders schlimm. Auf Station war wenig Personal. Die Erinnerungen kamen wieder hoch. Ich hatte Angst. In einem Gefängnis sind die Zeiten regelmäßiger. Ich wollte einen geregelten Tagesablauf. Vor allem auch, um die Abende freizuhaben, damit ich mich meiner Musik widmen konnte.«
    Am 20. Januar 2002 trat ein Häftling in der Santé seine Strafe an, den Hélène sofort erkannte, als sie ihn das erste Mal bei einem Hofgang zufällig beobachtete. Es war »der große Blonde« aus dem Lager in Foča. Zusammen mit Stefan Vlankovic hatte er Hélène und andere Frauen wochenlang in der Turnhalle festgehalten und Tag für Tag zusammen mit anderen Militärs vergewaltigt, erniedrigt und gequält.
    Dr. Clément hielt einen Moment inne in ihrer Erzählung. Jeder im Raum sah, welche Überwindung es sie kostete, die Turnhalle und die beiden Männer auch nur zu erwähnen.
    »Ein Zweifel war nicht
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