Todesstatte

denn, es hatte so stark geregnet, dass sie Gefahr lief zu ertrinken. Doch er sah, was ihr aufgefallen war. Über dem Hammerton Hill hing eine dichte graue Wolkenwand, die jedoch stellenweise aufbrach und den Blick auf den Himmel freigab.
    Er drehte sich um und blickte Fry an. Sie starrte an ihm vorbei, als sähe sie die Landschaft zum ersten Mal. Über ihrer Schulter sah Cooper den geschnitzten Minenarbeiter lächeln, als die Sonne sein Gesicht erleuchtete. Der Minenarbeiter machte sich keine Sorgen, was mit seinem Körper geschah – und warum sollte er auch? Sein Schöpfer hatte seinen Geist eingefangen und für die Ewigkeit erhalten. Sein Gedächtnis würde niemals verfallen, seine Seele war intakt, und seine Unsterblichkeit war über die Notwendigkeit erhaben, einen Körper zu besitzen. Irgendwie hatte er irgendwo das Geheimnis des Friedens gefunden.
    Doch Cooper musste noch eine Sache loswerden. Etwas, das ihm auf dem Herzen lag, seit er jene Stunden am Bett seiner Mutter gesessen und zu wenig Zeit gehabt hatte, um nachzudenken.
    Â»Vernon Slack hat gesagt, die Todesstätte würde sich im Herzen anderer Menschen befinden«, sagte er.
    Â»Und?«, erwiderte Fry.
    Â»Aber in der Hinsicht hat er sich auch getäuscht, oder?«
    Â»Wie meinst du das, Ben?«
    Â»Alle, die Vernon kannten, haben gelogen, um ihn zu schützen. Alle. Sie haben versucht, seinem Vater die Schuld in die Schuhe zu schieben, der es auch verdient hat, Gott hab ihn selig. Und sein Großvater hat beschlossen, lieber selbst zu leiden, als zuzulassen, dass Vernon den Albtraum erleben muss, der ihm bei seiner Verhaftung bevorgestanden hätte.«
    Cooper legte dem geschnitzten Minenarbeiter die Hand auf die Schulter und spürte ein bisschen Wärme, wo die Sonne das Holz berührt hatte.
    Â»Eigentlich war Vernon bei allen Menschen in seiner Umgebung beliebt«, sagte er. »Er wusste es nur nicht.«
    Â»Ben...«
    Cooper nahm die Hand von der Skulptur und sah Fry an. Doch er war sich nicht sicher, zu wem er sprach, als er wieder das Wort ergriff.
    Â»Wir wissen so wenig über den Tod. Aber Tatsache ist, dass die meisten von uns noch weniger über die Liebe wissen.«

Die Originalausgabe erschien 2005 unter dem Titel »The Dead Place« bei HarperCollins Publishers , London.
    Verlagsgruppe Random House
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    1. Auflage
    Deutsche Erstveröffentlichung September 2007
    Copyright © der Originalausgabe 2005 by Stephen Booth
    Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2007
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagfoto: plainpicture/Jenkins
Redaktion: Ilse Wagner
NG · Herstellung: Str.
    eISBN : 978-3-641-01768-2
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