Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesmelodie

Todesmelodie

Titel: Todesmelodie
Autoren: Christopher Pike
Vom Netzwerk:
Gehirnmasse auf seinem Kissen. Da hatte sie blitzartig nicht nur ihren Bruder verstanden, sondern auch die Wahrheit über Sharon begriffen. In genau diesem Augenblick, so schrecklich er auch gewesen war, hatte sie eine gedankliche Klarheit erlebt, die sie immer noch in sich fühlte und die ihr erlaubte, das Undenkbare zu denken: Sharon war schlecht, und deshalb mußte sie vernichtet werden! Es war ganz einfach. Und dann, Monate später, war dieser Plan in ihrem Kopf aufgetaucht, schon fast völlig ausgereift. Er schien ihr beinahe wie ein Geschenk der Götter.
    Die Pistole hatte Chad gehört, Jerrys bestem Freund. Chad konnte sich nicht erklären, wie oder wann Jerry die Waffe an sich gebracht haben könnte, aber er fühlte sich für den ›Unfall‹ verantwortlich, wie der verwirrte Freund in einer rührenden Geste das Geschehene nannte. Doch Ann wußte, daß die Schuld ganz woanders zu suchen war: Jerry hatte einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem nicht mehr stand als Ich liebe sie! Für Ann hatte das genügt…
    »Hallo, Ann«, rief Sharon, als sie oben auf dem Hügel angekommen war, ein bißchen außer Atem vom Aufstieg.
    »Hey, Boß«, sagte Chad, der ihr folgte.
    »Du bist nicht gerade in Topform«, wandte Ann sich an Sharon, die nickte und sich mit der Hand über die Stirn fuhr.
    »Ja, zu dumm, daß ich bei unserem Ausflug nächste Woche nicht meine Finger für mich wandern lassen kann!«
    Jetzt sagte Ann zu Chad: »Ich dachte, du wärst bei mir zu Hause damit beschäftigt, die Mauer wieder aufzubauen!«
    »Ich hab’ heute Nachmittagsunterricht, das weißt du doch«, gab er zurück.
    Ann warf Paul einen Seitenblick zu und antwortete dann: »Das muß ich irgendwie vergessen haben!«
    Paul zuckte mit den Schultern. »Die Entschuldigung war so gut wie jede andere, wo ich nun mal zu spät dran war.«
    Ann fragte sich, warum er sie wohl belogen und ihr erzählt hatte, er habe Chad bei der Mauer geholfen. Es war nicht das erstemal, sie hatte ihn schon öfter bei solchen Lügen erwischt. Normalerweise ging es dabei um unwichtige Dinge, die leicht aufzudecken waren. Trotzdem machte sein Mangel an Ehrlichkeit ihr Sorgen, aber da sie jedesmal log, wenn sie mit Sharon sprach, konnte sie ihm schlecht fehlende Moral vorwerfen – vor allem, da sie ihn nie dabei ertappt hatte, daß er sie in wirklich wichtigen Dingen beschwindelte.
    »Hab’ ich da vielleicht was nicht mitbekommen?« erkundigte sich Sharon bei Paul.
    »Wir sollten uns da wohl besser raushalten«, belehrte Chad sie. »Ich hab’ festgestellt, daß junge Paare sehr reizbar sind, wenn sie kurz vor der Hochzeit stehen!«
    »Meinst du nicht, du solltest mich erst mal die Schule fertig machen lassen, bevor du mich unter die Haube bringst?« gab Ann zurück, und er grinste über ihre Antwort. Er war ein sehr zufriedener Mensch, einer der wenigen, die sie kannte, und seinem Bruder in keiner Hinsicht ähnlich. Er war ehrlich, unglaublich geduldig, und ihm war nichts zu anstrengend. Er war ihr Angestellter, aber gleichzeitig auch so etwas wie ein Schutzengel; als sie ihm das einmal gesagt hatte, hatte er verlegen gelacht. Sie sei diejenige, die wie ein Engel aussehe, hatte er geantwortet. Und obwohl er ihr monatelang in den Ohren gelegen hatte, anstelle seines Bruders lieber ihn zu heiraten, war er einer der wenigen, die ihre Entscheidung gut fanden.
    Sharon war alles andere als begeistert über ihre Hochzeitspläne – sie wollte nicht, daß die Freundin eine übereilte Entscheidung traf.
    Wenn sie wüßte, wie sich die Ereignisse bald überstürzen werden… dachte Ann.
    »Was machen wir denn heute nachmittag?« fragte Sharon in diesem Moment.
    »He, mußt du denn heute nicht üben?« erkundigte sich Ann erstaunt.
    »Ich muß immer üben«, murmelte Sharon trübselig.
    »Ich dachte, wir könnten schon mal ein paar Dinge für den Ausflug einkaufen«, schlug Ann vor. »Es sind nur noch sieben Tage bis dahin.«
    »Das kann ich doch alles besorgen«, meinte Chad.
    »Warum essen wir nicht irgendwo Eis und schauen uns im Kino einen Film an?«
    Sharon horchte interessiert auf. »Ich hab’ seit Ewigkeiten keinen Film mehr gesehen! Was läuft denn?«
    »Horrorfilme und Sexfilme«, erwiderte Chad grinsend.
    »Dann sollten wir uns gleich zwei anschauen«, meinte Sharon trocken.
    »Von Horrorfilmen bekomme ich immer Alpträume«, bemerkte Ann mit einem Seitenblick auf Paul, der aber offensichtlich ihre Anspielung nicht verstand. »In einem Streifen spielt ein Mädchen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher