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Todesmelodie

Todesmelodie

Titel: Todesmelodie
Autoren: Christopher Pike
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»Wenn du springst, werden alle angerannt kommen, um zu sehen, was passiert ist. Sie werden dich am Seil hängen sehen!«
    »Ich hab’ dir doch schon gesagt daß die Nacht mondlos sein wird. In den Bergen sieht man ohne Mond die Hand vor Augen nicht, es ist stockdunkel!«
    »Und wie soll ich den andern erklären, warum ich mich runterlasse, um das Seil loszumachen?«
    »Das ist doch eine ganz normale Panikreaktion! Erinnere sie daran, daß man volle vierzig Minuten braucht, um den ganzen Weg bis unten zurückzugehen. Du kannst doch sagen, es könnte sein, daß ich auf einem Absatz gelandet bin. Und wenn du dann runtergehst und sie dich mit ihren Lampen beobachten, bittest du sie, sie auszumachen, weil sie dich blenden. Was jetzt kommt ist sehr wichtig: Mach das Seil nicht los, bevor du nicht ganz sicher sein kannst daß ich wirklich unten bin!«
    »Aber ich werde dich doch gar nicht sehen können«, protestierte Paul.
    »Das brauchst du auch nicht«, erwiderte Ann ungerührt. »Warte nur so lange, bis das Seil nicht mehr gespannt ist. Aber ich bin ganz sicher unten, bevor du dazu kommst, den Haken rauszuziehen!«
    »Wenn der Haken tief genug im Felsen steckt, um dein Gewicht zu halten, bekomme ich ihn ohne Brecheisen wohl kaum heraus!«
    »Er steckt wirklich ziemlich tief drin«, gab Ann zu. »Es wäre schon besser, wenn du ihn irgendwie rausbekämst, aber wenn es nicht klappt, mach dir keine Sorgen: Bestimmt kommt keiner auf die Idee, fünfzehn Meter unterhalb der Klippe nach einem Haken zu suchen!«
    »Darf ich dich was fragen?«
    »Natürlich«, erwiderte Ann.
    »Warum tust du das alles?« wollte Paul wissen.
    »Um Sharons Leben zu zerstören.«
    »Aber das ist doch verrückt! Niemand wird glauben, daß sie dich die Klippe hinuntergestoßen hat. Alle meinen, ihr wärt die dicksten Freundinnen!«
    »Was sollen sie denn sonst denken? Daß ich Selbstmord begehe?«
    »Wenn deine Leiche nirgendwo auftaucht, werden sie glauben, daß du das alles vorgetäuscht hast und fröhlich Margaritas schlürfend in Mexiko sitzt.«
    Aber auch darauf hatte Ann eine Antwort. »Chad hat mir von den drei Brückenbauern erzählt, die vor ein paar Jahren in den Whipping River gefallen sind. Die Leichen von zweien sind nie gefunden worden, sie müssen im Winter Lake verschwunden sein. Dasselbe könnte mit mir doch auch passieren!«
    »Es kann nicht funktionieren, Ann«, versuchte Paul sie zu überzeugen.
    »Du bist also immer noch dagegen! Warum sollte es nicht gehen?«
    »Du willst, daß Sharon für deinen Tod verantwortlich gemacht wird. Liest du keine Zeitungen? Die Staatsanwälte haben schon Schwierigkeiten, Mörder zu verurteilen, die mit einem blutigen Messer in der Hand und einem abgetrennten Kopf in ihrem Kofferraum erwischt werden. Sieh doch ein, ohne Leiche geht es nicht.«
    Ann nickte. »Ich weiß, daß es schwierig ist, jemanden wegen Mordes zu verurteilen, wenn keine Leiche zu finden ist. Sharon hat aber gute Chancen, wegen eines anderen Delikts verurteilt zu werden. Und selbst das ist gar nicht nötig. Schau dir ihr Leben doch an – bei ihr läuft alles nach Plan, sie hat ihre Musik und ihr Stipendium für Juillard. Alle mögen und bewundern sie, und sie hat viele Freunde. Aber glaubst du im Ernst, die Akademie würde ein Mädchen zulassen, das einen Mordprozeß hinter sich hat? Glaubst du, daß die Leute nicht, solange sie lebt, Vermutungen darüber anstellen werden, ob sie es nicht doch getan hat? Zumindest wird Sharon kapieren, daß ich sie mit Absicht in diese Lage gebracht habe; sie wird glauben, daß ich mich umgebracht habe, weil ich sie haßte. Das wird sie mehr treffen als alles andere, weil ich ihre beste Freundin bin.« Ann kicherte, aber es klang ein wenig gezwungen. »Sharon muß nicht unbedingt verurteilt werden – ihr Leben ist so oder so zerstört.«
    »Mal angenommen, alles klappt, und es kommt zum Prozeß«, murmelte Paul nachdenklich, »was soll ich aussagen, wenn sie mich als Zeugen aufrufen?«
    »Du sagst einfach das gleiche wie die andern, das ist alles, was du wissen solltest.«
    »Und wenn Sharon wirklich verurteilt wird, sieht es dann nicht verdächtig aus, wenn ich kurz danach von der Bildfläche verschwinde?«
    »Warum? Du warst doch nicht mal in meiner Nähe, als ich von der Klippe fiel. Wie könnte man dich auch nur im entferntesten damit in Verbindung bringen? Du siehst das Ganze vom falschen Standpunkt aus! Der Plan ist verrückt und gerade deshalb wird niemand darauf kommen, wie es wirklich
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