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Todesfrauen

Todesfrauen

Titel: Todesfrauen
Autoren: Jan Beinßen
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schallte es durch den Kopfhörer. »Starten Sie durch!«
    Huber ignorierte die Anweisung des Lotsen. Mit minimaler Landegeschwindigkeit fliegend, setzten sie extrem hart auf, prallten zurück in die Luft, sodass es ihnen sämtliche Knochen durchschüttelte.
    »Gas geben«, rief der Lotse, »Seitenruder!«
    Huber gab Gas und hielt die Nase des Flugzeugs leicht nach links. Wieder setzte die Maschine mit einem entsetzlichen Krachen auf, schnellte nach oben, um abermals aufzuprallen. Diesmal offenbar nicht auf Beton, sondern auf Gras. Sie hatten die Landebahn verfehlt, schoss es Diehl durch den Kopf.
    Huber riss den Steuerknüppel ganz nach hinten, sodass sich die Nase hob, der letzte verbleibende Auftrieb gekappt wurde und das Flugzeug wie ein Sack zu Boden fiel. Die beiden vorderen Räder gruben sich ins regennasse Erdreich, bremsten das Flugzeug rapide ab, sodass sich Heck samt Spornrad in die Höhe hoben. Gefährlich vornüber geneigt, schlug der Propeller eine Schneise durch das Gras. Pilot und Passagiere wurden hin- und hergeschüttelt.
    Erschreckend plötzlich kam die Maschine zum Stillstand. Dann herrschte Stille.
     
    Während die anderen aufatmeten, sich von den Gurten lösten, sortierten und nur noch eines wollten: aussteigen, in die Freiheit!, trieben Diehl die drängenden Gedanken an seine nächste Aufgabe: Es war ihm gelungen, ein Verbrechen zu verhindern, doch stand die Herausforderung des nächsten, bei Weitem größeren noch vor ihm. An ihm lag es, ein Attentat auf den amerikanischen Vizepräsidenten zu vereiteln, wenn nicht sogar eines gegen das amerikanische Volk!
    Er sprang aus dem Flugzeug, das dampfend und in besorgniserregender Schieflage in der Wiese hing, und rannte über die Asphaltdecke der Startbahn. Nun galt es, seine Fürsorge gegenüber den Zurückgelassenen in der Pilatus hinten an zu stellen und den Gefahren zu trotzen, denen er sich aussetzte, während er ungesichert über das Flughafengelände lief. Er hatte in diesen kurzen Minuten nur eines vor Augen: die Präsidentenmaschine!
    Mit Geheul und blinkenden Lichtern rasten die Fahrzeuge der Werkfeuerwehr an ihm vorbei. Diehl setzte seinen Weg unbeirrt fort. Er erreichte das weitläufige Vorfeld, das im Schein einiger Flutlichtmasten beinahe taghell vor ihm lag, im Hintergrund erkannte er das lang gestreckte Terminalgebäude. Nach kurzer Orientierung hielt er sich links und steuerte auf eine große Flugzeughalle zu.
    Vor der Halle stand eine dreistrahlige Passagiermaschine, die er als DC-10 erkannte. Die McDonnell Douglas DC-10 war ein riesiges Flugzeug. Der Bug ragte vor ihm auf wie der Rumpf eines hochseetauglichen Schiffes. Zwei Triebwerksgondeln, jeweils von der Größe eines Kleinbusses, hingen an den weit ausladenden Tragflächen, eine dritte dominierte das mächtige Heckleitwerk. Der Gigant stand auf zwölf Rädern, jedes so dick wie ein Lkw-Reifen.
    Diehl wusste: Die DC-10 hatte den Tross der Begleiter transportiert, während der Vizepräsident selbst an Bord eines zweiten Flugzeuges angereist war: Es handelte sich um eine weitaus grazilere Ausführung, deren schlanker Rumpf in der klassischen Bemalung einer Air Force One durch das halb offen stehende Tor der großen Flugzeughalle zu erahnen war. Der weißblau lackierte Jet vom Typ Boeing 707 verfügte über vier schlanke Düsen und gab eine wesentlich elegantere Erscheinung ab als der klobige Riese auf dem Vorfeld.
    Diehl wollte weiter: zur Präsidentenmaschine selbst! Er musste dort Alarm schlagen! Denen sagen, was er inzwischen wusste! Sie über die drohende Gefahr informieren! Doch dazu kam es nicht. Er hörte die Schritte, die auf ihn zukamen, nur kurz. Zu spät, um reagieren zu können. Gleich darauf packten ihn starke Hände im Nacken. Er wurde zu Boden gestoßen. Jemand presste ihm einen Unterarm ins Genick. Sein Kopf wurde auf den kalten, feuchten Asphalt gedrückt.

33
     
    Der Rotwein stammte aus Gabrieles Vorratsschrank, den Käse hatte Sina mitgebracht, frisch gebackene Weißbrotstangen steuerte Diehl bei. Einträchtig saßen sie am runden Tisch in Gabrieles Küche, eine Kerze sorgte für heimelige Atmosphäre.
    Während sie tranken, aßen und plauderten, drang von unten ein Poltern und Rumpeln bis zu ihnen herauf. Gabriele schmunzelte, denn diese Geräusche verrieten ihr, dass Friedhelm fleißig am Schuften war. Sie hatte neue Ware geordert, und an ihrem Bruder war es nun, die Kisten und Kästen, Pakete und Paletten zu entladen beziehungsweise auszupacken und für
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