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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis
Autoren: Bernward Schneider
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dass Frank Jago nicht sonderlich intelligent sein konnte, wenn er ihren Bekundungen traute und in Bezug auf sie zu solchen Fehleinschätzungen gelangte. Sie zog ihren Mantel aus und warf ihn über einen Stuhl. Frank griff nach ihren nackten Armen. »Zieh dich ganz aus!«, sagte er heftig atmend. »Ich bin ziemlich geladen und brauche Entspannung. Wir werden es im Bett deines verflossenen Liebhabers tun!«
    Sie entgegnete nichts. In dieser Nacht, zu dieser Stunde, war es ihr egal, wenn er sie nahm. Sie wusste, dieses eine Mal würde ihr nicht erspart bleiben. Das war ihr bereits auf der Fahrt zu Phils Wohnung klar gewesen, aber mehr als dieses eine Mal würde es nicht geben, das hatte sie sich fest vorgenommen. Sie trat auf die von Frank abgewandte Seite des Bettes und setzte sich. Nach der neuesten Mode trug sie ein dünnes, an Trägern hängendes Abendkleid, das nicht bis zum Boden reichte, sondern ihre schlanken Fesseln zeigte. Bevor sie es auszog, knüpfte sie die Strumpfbänder auf und fühlte dabei das kleine Stilett, das an einer Schnalle in einer Halterung an ihrem Oberschenkel steckte. Langsam zog sie die Strümpfe aus und schob sie mit dem Stilett unter das Bett, dann hob sie ihr Kleid über den Kopf und schob es darüber, und bevor Frank Jago auf den Gedanken kommen konnte, ihre Sachen zu inspizieren, wandte sie ihren nackten Körper ihm entgegen.
    Er lächelte, als er sie in dieser Pose erblickte, und seine Augen begannen zu flackern.
    Gladys wusste um die Macht ihrer erotischen Ausstrahlung. Diese Ausstrahlung war ihre Waffe, eine äußerst scharfe, geeignet, jeden Mann sofort zu entwaffnen, indem sie sein Begehren entflammen ließ, und Frank Jago war nicht der Typ, dem es anders ergangen wäre. Sie sah ihm zu, wie er sich entkleidete. Er war nicht schlecht gebaut, dachte sie beim Anblick seines nackten Körpers, aber sie hatte trotzdem kein Interesse an ihm. Er stieg zu ihr auf das Bett, und sie wandte sich ab und drehte das Gesicht zur Wand. Sie hörte, wie er lachte, dann fühlte sie seine Hände, wie sie begannen, ihren Rücken und ihre Seite zu betasten. Zum Glück hat er warme Hände, dachte sie und ließ sich fallen, sodass sie seine Berührungen nicht mehr als unangenehm empfand. Sie wusste, was er von ihr erwartete, und da sie ihm, damit er nicht ärgerlich wurde, etwas hätte vorspielen müssen, kam sie ihm entgegen und ließ ihrerseits sexuelle Empfindungen zu.
    »Ich dachte schon, du wolltest Zicken machen«, sagte er, »ich wusste doch, dass du es magst.«
    Obwohl er kein sehr rücksichtsvoller Liebhaber war, der auch vor Grobheiten nicht zurückschreckte, war er im Umgang mit Frauen erfahren und machte deshalb seine Sache nicht ungeschickt.
    »Na, siehst du!«, sagte er, während ihr Stöhnen verebbte. »ich wusste doch, dass wir ganz gut zueinander passen.«
    Er wirkte zufrieden. Nachdem er sich von ihr gelöst und in seinem Kissen zurückgelehnt hatte, schien er mit sich vollkommen im Reinen. Sie selbst aber merkte, dass sie ihn noch mehr hasste und verabscheute als vor dem geschlechtlichen Akt.
    »Morgen wirst du hier ausziehen«, sagte er. »Ich besorge dir eine neue Unterkunft.«
    »Gut«, erwiderte sie, »aber jetzt geh nach Hause und lass mich für eine Weile allein.«
    Er seufzte. »Ich überlege, ob ich nicht bis zum Morgen bei dir bleibe. Es wird nicht lange dauern, dann bin ich wieder bereit.«
    »Besser nicht.«
    Er blickte zur Seite. »Wie meinst du das?«
    »Musst du nicht nach Hause?«, fragte sie. »Deine Frau wartet auf dich! Sie wird sich Sorgen machen, wenn du nicht heimkommst.«
    »Mach dir bloß keinen Kopf wegen meiner Frau!«, gab er zurück. »Weder heute noch irgendwann. Die weiß, dass es nächtliche Termine gibt.« Er kam ein Stück näher und ergriff ihren Arm. »Warum willst du mich loswerden?«
    »Wundert dich das? Nach allem, was heute Nacht geschehen ist? Ich brauche etwas Zeit, um wieder zu mir selbst zu finden.«
    »Unsinn«, grunzte er. »Was ist schon geschehen? Eine Abrechnung wie die heute gehört in unseren Kreisen zum Geschäft. Es ist völlig normal, einen Verräter zu liquidieren! Da, wo du herkommst, macht man es nicht anders. Du bist doch in Limehouse aufgewachsen, nicht wahr?« Sie nickte. »Na also«, fuhr er fort, »der Mann, der heute Nacht gestorben ist, hat es nicht anders verdient. Er hat das Schicksal erlitten, das jedem Verräter gebührt. Du selbst hast ja nichts damit zu tun!« Er hielt inne. »Das hoffe ich jedenfalls für dich!« Er
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