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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis
Autoren: Bernward Schneider
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beängstigende Stimmung verströmte, die ihr die Kehle zuschnürte, ein Fluss, der die Hoffnungen und Träume der Menschen mit sich forttrug, um sie zu verschlingen; ein Todesfluss, der schon zahllose Selbstmörder und Mordopfer aufgenommen hatte.
    Gladys wusste, dass hier auf Hilfe von dritter Seite nicht zu rechnen war. In dieser Gegend, die so weit entfernt von den großen Straßen lag, gab es kein Gesetz. Niemand würde ihnen beistehen, selbst Hilfeschreie, sollte sie jemand hören, würde keiner hier beachten. Die Menschen, die in diesen Straßen hausten, waren vom Schicksal und den Verhältnissen gebeutelt und mischten sich nicht in Dinge ein, von denen sie wussten, dass sie ihnen nur Ärger einbringen würden.
    »Jeffrey, hör mir zu«, ließ sich die Stimme von Phil vernehmen, die all ihre Souveränität verloren hatte und mittlerweile einen spürbar gequälten Ton besaß. »Hast du vergessen, was ich für dich getan habe? Bin ich nicht immer großzügig zu dir gewesen? Glaubst du, ohne mich würde dein Junge heute auf eine bessere Schule gehen?«
    Jeffrey war ein großer Mann mit freundlichem Gesicht.
    »Ist schon recht, Phil«, sagte er. »Es tut mir auch wirklich leid, und du darfst es nicht persönlich nehmen. Aber so ist das Geschäft. Du weißt das selbst am besten.«
    Mit Phil und Gladys in der Mitte war die Gruppe ein paar Schritte in Richtung Themse vorangegangen, aber nun blieb Phil stehen und machte eine Drehung, als wolle er zurückgehen.
    »Okay, Frank«, sagte Phil, »ich bin bereit, mit dir zu verhandeln. Stell deine Forderung!«
    Frank Jago lächelte höhnisch.
    »Fesselt ihn«, sagte er, und zwei seiner Schergen traten hinter Phil, rissen ihm mit brachialer Gewalt die Arme auf den Rücken und banden seine Handgelenke fest aneinander.
    »Du glaubst doch nicht wirklich, dass du damit durchkommen wirst«, schrie Phil verzweifelt sein Gegenüber an, während er vergeblich an seinen Fesseln zerrte.
    »Sei ein Mann«, fauchte Frank, »und hör auf zu jammern.«
    Phil trat mit den Füßen um sich, weil die Helfer seines Peinigers nun auch begonnen hatten, ihm die Füße zusammenzuschnüren, aber er verlor auch diesen Kampf, und am Ende waren seine Füße so fest gebunden, dass er keinen Schritt vor und zurück mehr machen konnte.
    »Was soll das?«, rief er. »Wollt ihr mich tragen wie ein Baby?«
    Gladys schrie auf, da die Antwort auf Phils Frage schrecklicher Gewissheit wich. Es war ihr nun ganz klar, was mit ihrem Geliebten geschehen sollte. Jemand packte sie von hinten und legte ihr eine dicke Hand über den Mund.
    »Still, Täubchen!«, zischte er ihr ins Ohr. »Noch ein Muckser, und du wirst das Schicksal deines Geliebten teilen.«
    »Damit kommst du nicht durch!«, heulte Phil auf, der noch nicht aufgegeben hatte. »Niemals, man wird mich rächen; lass ab, noch ist es nicht zu spät, wenn du es tust, wirst du es später bitter bereuen!«
    »Ich bin schon damit durchgekommen, Phil«, sagte Frank Jago zu dem gefesselten Mann. »Glaubst du, ich würde dich ohne Zustimmung von oben ins Jenseits befördern? Nein, es ist alles geregelt. Morgen oder irgendwann in den nächsten Tagen wird man deine Leiche aus dem Hafenbecken fischen.« Er zuckte mit den Achseln. »Niemand wird graue Haare bekommen, weil du nicht mehr da bist, Phil. Der Polizeichef wird zu seinen Jungs sagen: Na prima, da haben sie uns mal wieder die Arbeit abgenommen.«
    Phils markantes Gesicht war totenbleich geworden.
    »Warum sagst du nicht einfach, wo dich der Schuh drückt, Frank? Erwachsene Männer reden miteinander und klären die Probleme, die entstanden sind. Wenn es ein Missverständnis gibt, hören sie zu, was der andere zu sagen hat, aber sie greifen nicht zu solchen Mitteln.«
    »Spar dir deine schlauen Reden!«
    »Schlaue Reden? Wie dumm muss eigentlich jemand sein, damit er sich auf dein Niveau begibt? Wer sich so verhält wie du, beschwört das Schicksal herauf; er sorgt dafür, dass das, was er anderen antut, irgendwann ihm selbst widerfährt. Wenn du dieses Vorhaben zu Ende bringst, fällt der Fluch deiner Tat auf dich zurück. Weißt du das nicht? Also gib dich mit dieser Drohung zufrieden und rede mit mir.«
    Frank gab keine Antwort, sondern schenkte seinem Opfer ein letztes müdes Lächeln und wandte sich dann von ihm ab.
    »Wer wärst du denn ohne mich?«, rief Phil seinem Peiniger hinterher. »Wenn ich dich nicht gefördert hätte, wärst du nie an deine Position gelangt. Geht man so mit seinem Partner
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