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Todescode

Todescode

Titel: Todescode
Autoren: Barry Eisler
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trinken, werden Unterlagen vernichtet, Decknamen geändert, Alibis beschafft … Das ist praktisch Routine. Diese Leute wissen, wie sie sich schützen können, Sarah. Sie sind gut darin. Es haben schon einflussreichere Leute als du und ich versucht, sie fertigzumachen, und sie sind noch immer im Geschäft.«
    »Und das macht dich glücklich?«
    »Es löst bei mir keinerlei Gefühle aus. Es ist einfach so. Mag ja sein, dass Informationen frei sein wollen, aber der Preis der Freiheit ist so eine Einheit wie meine.«
    »Du möchtest das glauben.«
    Er schüttelte den Kopf, und einen Moment lang fand sie, dass er unbeschreiblich traurig aussah.
    »Hör mal«, sagte er. »Im Augenblick haben wir eine komische Schwebesituation. Ich glaube, Hort hat es ernst gemeint, als er sagte, er würde sich zurückziehen.«
    »Was ist mit Osborne?«
    »Du weißt, was mit ihm passiert ist.«
    »Und es könnte auch mir passieren, richtig?«
    »Wenn du Hort einen Grund gibst, ja, durchaus.«
    »Drohst du mir?«
    Die Traurigkeit legte sich wieder über sein Gesicht. »Nein. Ich will nicht, dass du Angst vor mir hast. Das ist das Letzte, was ich will.«
    Sarah schaute weg. Sie wusste, dass er recht hatte. Sie wusste, womit die Geheimdienste davonkamen – verdammt, das hatte sie doch seit Jahren immer wieder beobachtet. Wenn sie an die Öffentlichkeit ging, so hätte das, wie sie zugeben musste, eher was mit ihrer eigenen Würde zu tun als mit der Überzeugung, eine echte Veränderung bewirken zu können.
    Und ihr Zögern hatte noch einen anderen Grund. Sie wollte Ben nicht schaden. Der Grund beschämte sie mehr als jeder andere, und diese Scham machte sie wütend.
    »Tja, du hast jedenfalls eine merkwürdige Art, das zu zeigen«, sagte sie. »Schleichst dich nachts in mein Hotelzimmer, und jetzt schleichst du dich hier von hinten an mich ran …«
    Sie blickte weg. Nach einem Augenblick sah sie ihn wieder an. Es war offensichtlich, dass er versuchte, nicht zu lächeln. Vielleicht weil sie das mit dem Hotelzimmer erwähnt hatte. Sie musste zugeben, dass es ihr schwerfiel, nicht daran zu denken.
    »Du willst wirklich, dass ich vor dir zu Kreuze krieche, nicht?«, sagte er.
    Sie überlegte einen Moment. »Findest du nicht, das wäre angemessen?«
    Seine Miene wurde ernst. »Hör mal«, sagte er, »was da neulich Nacht passiert ist … es hätte für mich zu keinem schlechteren Zeitpunkt passieren können. Und es hätte nicht besser sein können.«
    »Das war alles?«
    »Ich weiß nicht. Ich bin es nicht gewohnt, zu Kreuze zu kriechen.«
    Jetzt musste Sarah ein Lächeln unterdrücken. »Ich glaube, du solltest daran arbeiten.«
    »Okay, wie wär’s damit: Ich würde dich gerne wiedersehen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wie soll das funktionieren? Alles, wofür du stehst, ist mir zuwider.«
    Er wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf. Sie merkte, dass sie wieder eine seiner typischen bissigen Antworten erwartet hatte. Dass er keine parat hatte oder ihr jedenfalls keine geben wollte, faszinierte sie plötzlich.
    »Ich meine, ich weiß nicht mal, wo du wohnst«, sagte sie. »Wo wohnst du? Wohnst du überhaupt irgendwo?«
    »Ich bin viel unterwegs. Aber … ich spiele mit dem Gedanken, eine Weile in San Francisco zu bleiben. Näher an zu Hause.«
    »Ach ja? Wie lange?«
    »Ich weiß nicht. Wie lange könntest du mich denn ertragen?«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Es wäre allerdings nicht sofort. Ich möchte vorher einen kleinen Abstecher nach Manila machen. Meiner Tochter zeigen, dass sie einen Vater hat. Aber danach. Wenn du willst.«
    Sarah antwortete nicht. Sie war sich nicht sicher, was hier gerade passierte. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr mitzukommen.
    Ihre Kaffees wurden serviert. Sie tat Milch und Zucker in ihren. Ben trank einen Schluck, schwarz. »Donnerwetter«, sagte er. »Schaffst du damit die vielen Überstunden?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß manchmal gar nicht, wie ich das schaffe.«
    Er sah sie an. »Eigentlich bist du nicht so, stimmt’s?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Was würdest du denn stattdessen gerne machen?«
    Sie trank von ihrem Kaffee. »Daran arbeite ich noch.«
    Er zuckte die Achseln. »Nimm dir eine Weile frei. Mach eine Reise. Denk darüber nach.«
    »Aus deinem Mund klingt das so einfach.«
    »Es ist einfach.«
    »Ach, wirklich?«, sagte sie. »Willst du deshalb nach Manila?«
    »Ich muss mir auch über einige Dinge klarwerden, ja.«
    »Welche zum Beispiel?«
    Seine Augen verengten sich,
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