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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman
Autoren: Patrick Lennon
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anschließend
     nach Hause geschickt worden. Der einzige Mitarbeiter, der noch auf dem Gelände war, erwartete Fletcher im Wachraum, einem
     der einfachen Büros im vorderen Teil der Halle. Fletcher betrachtete ihn einen Moment lang durch die verglaste Tür.
    Es war ein übergewichtiger, rotwangiger Sechzigjähriger in einem karierten Sportsakko. Er saß vorgebeugt da, eine Zigarette
     in der einen Hand, während er sich mit der anderen die kahle Stirn massierte. Dabei sprach er kopfschüttelnd mit sich selbst.
     Fletcher öffnete die Tür einen Spalt weit, ohne dass der Mann es bemerkte. »Zu nah gekommen   ... verdammt   ... verdammt . . .«, hörte er ihn immer wieder murmeln.
    Der Raum war klein, mit Wänden aus weiß gestrichenen Hohlblockbausteinen. Darin standen drei stapelbare Stühle, ein einfacher
     Schreibtisch und ein Stahlschrank. Als Fletcher die Tür ganz aufmachte, schlug ihm ein Whiskydunst entgegen,vor dem er zurückzuckte. Der Geruch von Alkohol bereitete ihm körperliches Unbehagen, eine seiner Eigenheiten. Er setzte sich
     in vorsichtiger Entfernung auf einen der Stühle und sagte: »Ich bin Detective Inspector Tom Fletcher von der Polizei Cambridge.
     Wenn ich recht unterrichtet bin, haben Sie die Leiche gefunden.«
    »Jawohl – ich bin Ron Teversham, der Wachmann. Eher eine Art Hausmeister, genau genommen. Ich schließe abends zu und morgens
     wieder auf.«
    Zweierlei war ungewöhnlich an diesem Wachmann. Erstens versuchte er, seine Bedeutung herunterzuspielen. Und zweitens hatte
     er geweint.
    »Sie sind ziemlich aus der Fassung, Ron.«
    »Das ist der Schock. Ihn so zu finden, so schrecklich zugerichtet.«
    »Wie gut haben Sie ihn gekannt?«
    »Wie man sich eben kennt bei der Arbeit.«
    »Warum hat er das Ihrer Meinung nach getan? Warum hat er ein so gefährliches Gerät in Gang gesetzt?«
    Ron versuchte zu lachen. »Jake konnte nie die Finger von den Maschinen lassen. Das war sein Problem. Er hat immer damit herumgespielt.«
    »Gerade eben sagten Sie, er sei zu nah dran gewesen.«
    Ron fuhr hoch, und seine rotgeweinten Augen füllten sich einen Moment lang wieder mit Tränen.
    »Den Messern ist er zu nahe gekommen. Er war zu dicht am Schredder, und der hat ihn reingezogen.«
    »Erzählen Sie mir mehr über ihn. War er wohlhabend?«
    »Wohlhabend? Das soll wohl ein Scherz sein. Er hatte Schulden und so, überzogene Kredite.« Teversham stockte plötzlich. »Warum
     fragen Sie das? Es war ein Unfall, verdammt noch mal. Jeder weiß, dass er ständig mit den Maschinen zugange war.«
    »Was für Schuhe trug er normalerweise?«
    »Schuhe? Einfach alte Turnschuhe, was anderes konnte er sich nicht leisten.« Ron ließ den Blick zur Halle hinüberwandern,
     von wo man ein lautes Kratzen hörte. Die Schaufeln der Knochenmänner. »Es war doch ein Unfall, oder?«
    »Alles deutet darauf hin. Aber das lässt sich leicht klären.«
    »Wie denn?«
    »Wir schauen uns die Aufzeichnung der Überwachungskamera an.«
    Teversham versuchte erneut zu lachen. Er drehte sich um und schloss den Stahlschrank auf. Darin stand ein zehn Jahre alter
     Videorecorder, der mit einem noch älteren Fernseher verbunden war. Das Kassettenfach war leer, und Teversham schob seine nikotinverfärbten
     Finger hinein und sagte: »Es steckt nicht immer eine Kassette drin. Manchmal ja, manchmal nein.«
    »Und gestern Nacht?«
    »Nein. Ich habe Freitag keine eingelegt. Hören Sie, wenn ich entlassen werde, bin ich am Arsch.«
    Fletcher sah ihn aufmerksam an und fragte sich, ob er wirklich so eine Niete war. Dann sagte er: »Ron, warum ist der Geschäftsführer
     eigentlich nicht hier? Schließlich ist hier jemand ums Leben gekommen.«
    »Breakman? Der ist auf Vergnügungsreise. Die Firma Caterpillar hat alle Händler nach Jersey eingeladen, um ihnen einen neuen
     Traktor vorzuführen. Das Hotel und alles wird bezahlt, und Breakman hat sogar seine Frau mitgenommen. Ist das zu glauben?
     Die haben Geld wie Heu, und dann wirft man ihnen auch noch Gratiswochenenden hinterher.« Das brachte Ron nun endlich wirklich
     zum Lachen, und er wieherte so laut heraus, dass er das Scharrgeräusch der Schaufeln übertönte. Er warf seine Kippe auf den
     Zementboden und holte sich sofort die nächste Zigarette aus der Packung. »Rauchen Sie?« Er hielt Fletcher das Päckchen hin.
     »Nein? Sie halten sich in Form und treiben Sport, was? Sieht man. Ich schätze, heutzutagestehen die Mädels auf so was.« Mit zitternden Händen zündete er seinen
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