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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman
Autoren: Patrick Lennon
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Glimmstängel an. »Ich habe Breakman schon angerufen.
     Sie konnten vor morgen Vormittag keinen Rückflug bekommen.«
    »Wie heißen die beiden?«
    »Er heißt Crispin Breakman. Ihr Name ist Olga. Sie haben vor vier Monaten geheiratet, ist das nicht reizend?« Ron stockte
     erneut und ließ den Blick wieder in die Halle wandern. »Kann ich jetzt gehen, bitte? Es war einfach ein Unfall.«
    Fletcher sah ihn noch eine Weile nachdenklich an.
     
    Die riesige Maschinenfabrik in Stawropol trug den Namen Niva. Zwischen den Produktionshallen und den Unterkünften der Arbeiter
     lag ein Stausee. Im Winter, wenn die Temperaturen auf minus dreißig Grad fielen, gefror er zu einer festen Eisfläche, über
     die die Kinder gern schlitterten. Im Sommer schwammen sie im Staubecken und sprangen von den Betonmauern ins Wasser.
    Es war der Sommer vor jenem Winter, der sein Leben verändern sollte. Der Junge wuchs heran, und sein Selbstvertrauen wuchs
     mit ihm. Er hatte das Pioniermädchen geküsst. Er konnte quer durch das Staubecken und wieder zurück schwimmen. Er schaffte
     einen Salto von der Umfassungsmauer.
    Einmal, als er Wasser trat, um wieder zu Atem zu kommen, und sich ausruhte, schwamm die beste Freundin des Pioniermädchens
     langsam an ihm vorbei. Sie war die beste Turnerin aller Schulen Stawropols. Ihr Haar lag auf dem funkelnden Wasser wie eine
     Schleppe. Er spürte ihren nackten Fuß an seinem Rücken, und als er sich umdrehte, sah er, wie ihre in der Sonne halb geschlossenen
     violetten Augen aufblitzten.
    Mein ganzes Leben wird so sein, dachte er. Alles wird besser und immer besser.
    Damals war er elf.
     
    Auch Jake Skerrits Büro war ein weiß gestrichener Raum: fünf mal fünf Meter, von einem kleinen Fenster und einer Neonleuchte
     erhellt, sauber und ordentlich. An der einen Wand stand ein Aktenregal, an der anderen sein Schreibtisch. Auf dem Schreibtisch
     befanden sich Bildschirm und Tastatur, ein gerahmtes Diplom der Anglia Polytechnic University und ein kleiner Stapel Unterlagen.
    Das scharrende Geräusch in der Halle verstummte. In der plötzlichen Stille überflog Fletcher die Unterlagen, hauptsächlich
     Rechnungen und Termine für die Lieferung von Landmaschinen. Er zog die Schublade des billigen Schreibtischs auf: weitere Rechnungen.
     Briefpapier. Eine Schachtel Streichhölzer mit der Werbung eines örtlichen Lokals. Und dann, ganz hinten, ein kleines Büchlein.
    Russisch für Anfänger.

Montagnachmittag
    Fletcher wartete vor der menschenleeren Halle in der Sonne, das Jackett über die Schulter gelegt, und betrachtete den weiten
     Himmel der Fens. Wolken in der Größe ganzer Landstriche ballten sich in Schichten vor dem endlosen Blau zusammen. Ein Vectra
     hielt neben ihm, ein Zivilfahrzeug. Fletcher legte seine Jacke zusammen und stieg ein.
    Detective Sergeant Sal Moresby war mit Ende zwanzig ein paar Jahre jünger als Fletcher. Er war bei der ersten Festnahme dabei
     gewesen, die sie als Detective vorgenommen hatte, und bei der Erinnerung musste er heute noch lächeln. Der Verdächtige, ein
     sonderbarer kleiner Mann, der sich später zu einem nützlichen Informanten entwickelte, hatte sie bewundernd angesehen.
Wissen Sie was, Miss Moresby, Sie haben das Gesicht einer präraffaelitischen Schönheit.
    Der Gauner hatte recht. Ihr zusammengebundenes, glattes braunes Haar umrahmte ein ovales Gesicht und braune Augen, die sie
     jetzt fragend auf Fletcher richtete, als sie den Motor anließ.
    »Verdächtige Umstände?« Sie redete ihn nicht mit
Sir
an – das wollte er nicht.
    »Ein bisschen undurchsichtig, das Ganze. Es gibt eine Überwachungskamera, aber das ganze Wochenende war keine Kassette eingelegt.
     Der Wachmann meint, er sei eigentlich nur ein Hausmeister, und er fängt schon vormittags an zu trinken.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Die Schuhe des Toten.«
    »Seine Schuhe?«
    »Sie kamen mir sehr, sehr teuer vor. Erstklassiges Leder, handgenäht. Und sie waren brandneu, ich konnte noch das Logo auf
     der Sohle erkennen. Und dann sagte der Wachmann mir, Jake habe keinen Penny in der Tasche gehabt.«
    »Vielleicht hatte er ja deswegen keinen Penny: weil er sich schicke Schuhe auf Kreditkarte leistete.«
    »Kann sein, aber wenn ich ein neues Paar handgenähter Schuhe hätte, würde ich sie nicht gerade sonntagabends in einem Ausstellungsraum
     für Traktoren tragen. Und ganz bestimmt nicht, wenn ich mit gefährlichen Maschinen herumspielen will.«
    »Weißt du, was noch ungewöhnlich ist? Ich habe
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