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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman
Autoren: Patrick Lennon
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Wohneinheiten) Blocks untergebracht. Diese waren hufeisenförmig
     um eine von Wegen durchzogene Rasenfläche angelegt. Dort stand ein sowjetisches Arbeiterdenkmal, und daneben lag ein Spielplatz
     mit Klettergerüsten in Sputnik-, Lokomotiven- und, natürlich, Traktorenform.
    Die offene Seite der Rasenfläche führte zum Staubecken, hinter diesem lag das Niva-Traktorenwerk. Morgens strömten die Arbeiter
     über die Wege und der Rauch der Schlote zeichnete sich vor dem Sonnenaufgang ab.
    Niva war ein guter Arbeitgeber, und wer dort arbeitete, war stolz darauf. Zum Werk gehörten auch Versammlungs- und Besprechungsräume
     mit lebensgroßen Porträts von Präsident Breschnew, Kantinen, ein Krankenhaus, eine Bibliothek und Einrichtungen zur Kinderbetreuung.
     Alles wurde von
den beiden Traktoren-Fertigungshallen überragt, die je einen Quadratkilometer groß waren.
    In dieser Umgebung wuchsen die Kinder auf. Sie turnten an den Sputniks und rannten über den Rasen. Sie gingen zur Stadtschule
     302, wo die Kinder der Niva-Familien sich als etwas Besonderes fühlten, herausgehoben aus der Schar der anderen.
    Einer der Jungen wusste, dass er selbst unter den Niva-Kindern etwas ganz Besonderes war. Er hatte das hübscheste Pioniermädchen
     geküsst – und ihre beste Freundin, die Spitzenturnerin, hatte ihn im sonnenglänzenden Wasser des Staubeckens mit ihren kräftigen
     Händen umfangen.
    Der Junge hieß Iwan.
     
    Debbie sah von Fletcher zu Sal.
    »Crispin ist ein netter Kerl, aber er hat null Ausstrahlung. Wir dachten schon, er würde niemals heiraten, obwohl er Geld
     wie Heu hat. Wissen Sie, warum Jake bei ihm wohnte? Crispin stellte ihm ein Zimmer zur Verfügung, weil er sich in dem großen
     Haus einsam fühlte und gern ein bisschen Gesellschaft wollte. Jedenfalls, letzten März war Crispin drei Wochen verreist. Na,
     und da ist er tatsächlich in Moskau gewesen und hat den Mut gehabt, zu einer Ehevermittlungsagentur zu gehen. Die haben eine
     russische Ehefrau für ihn aufgetrieben, und im April ist er mit ihr nach Hause gekommen. Sie ist eine Ausländerin, aber nett,
     Sie verstehen schon.« Debbie konzentrierte sich wieder auf Fletcher. »Aber wissen Sie, Jake hatte noch immer sein Zimmer in
     der Villa. Ein gutaussehender junger Mann, fast gleichaltrig mit ihr. Das ist doch nur natürlich. Also, zweimal die Krebse.«
    Debbie sammelte noch ein paar Gläser ein, und ihr Piercing blitzte und blinkte in der Sonne. Mit einem letzten Blick auf Fletcher
     kehrte sie in die Gaststube zurück.
    »Meinst du, dass Crispin wirklich in Jersey ist?«, fragte Sal.
    »Ich habe es überprüfen lassen. Er hat morgen den ersten Flug zurück nach London Stansted gebucht.«
     
    Sie bestrichen warme Brotscheiben mit Butter. Sie brachen die Krebspanzer auf, holten das Fleisch heraus und beobachteten
     die Möwen, die über die Oberfläche des Thinbeach Pool strichen. In der Hoffnung auf Reste streckten die Fische ihre bleichen
     Lippen aus dem Wasser.
    »Hübsch und ruhig ist es hier«, sagte Sal.
    »Ja, allerdings.« Er warf einen Blick auf sein Handy: Der Empfang war schwach und gelegentlich war überhaupt keine Verbindung
     angezeigt. Er warf den letzten Krebsrest einer Möwe zu, die ihn im Flug packte und damit davonschoss. »Ich frage mich nur,
     wie es Olga hier gefällt.«
     
    Sie fuhren, Sal am Steuer, durch den Gürtel der alten Fenlandschaft um Thinbeach, wo sich unter den hohen Wolken des Nachmittagshimmels
     weite Binsenflächen dehnten. Sal mochte die Landschaft mit ihrem Gewirr von Weißdorn und Geißblatt und den Schmetterlingen
     in den Hecken. Tom Fletcher saß gedankenversunken auf dem Beifahrersitz. Sal mochte die Stille. Sie mochte auch Tom Fletcher,
     der nun seit zwei Jahren ihr Vorgesetzter war.
    Am Ende ihres ersten Jahres sollten sie in der Nähe von Swavesey jemanden festnehmen. Der Mann hatte lächelnd in der Haustür
     gestanden, dann nach hinten gegriffen, eine Armbrust zum Vorschein gebracht und auf Sal angelegt. Einen Moment lang hatte
     die Bolzenspitze zitternd auf sie gezeigt. Dann war Fletcher vor Sal getreten, hatte die Hand auf die Waffe gelegt und sie
     zur Seite gedrückt.
    Sie gehört zu mir.
    Seine Tapferkeitsmedaille als Polizist hatte er sich vermutlich auf ähnliche Weise verdient – seine Kollegen sprachenmanchmal darüber, aber er selbst erwähnte es niemals.
    Jetzt fuhren sie wieder zwischen den Foliengewächshäusern hindurch, die sich zu beiden Seiten der Straße hinzogen wie
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