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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen
Autoren: Frederik Pohl
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vielleicht geholfen werden kann?«
    »Geholfen? Mein Gott, ich habe hier überall Helfer. Am schlimmsten ist es morgens, verstehen Sie; kurz vor dem Aufwachen, wenn ich noch nicht ganz da bin, das ist die ärgste Zeit. Deshalb habe ich ein kompliziertes Warnsystem eingerichtet. Ich stelle fünf Wecker. Ich habe dafür gesorgt, daß die Verwaltung die Beleuchtung an einen Zeitschalter angeschlossen hat. Ich habe den Nachtproktor beauftragt, mich über das Haustelefon anzurufen – alle gleichzeitig, verstehen Sie, so daß ich, wenn ich aufwache, sofort hellwach bin. An drei Morgen hat es funktioniert, und – das können Sie mir glauben – es ist so, als würde man mit einem Kübel eiskalten Wassers mitten ins Gesicht geweckt. Ich habe sogar Egerd beauftragt, jeden Morgen hereinzukommen und mein Erwachen zu beobachten, falls etwas schiefgehen sollte.«
    »Aber heute morgen ist Egerd zu spät gekommen?«
    »Er hat sich verspätet«, verbesserte Cornut ihn. »Eine Minute mehr, und er wäre zu spät gekommen. Und für mich wäre es zu spät gewesen.«
    Carl sagte: »Das ist nicht genau die Hilfe, die mir vorschwebte.«
    »Oh, Sie meinen die Klinik?« Cornut nahm eine Zigarette. Eine der servierenden Studentinnen eilte herbei, um ihm Feuer zu geben. Er kannte sie. Sie war in einem seiner Seminare und hieß Locille. Sie war hübsch und blutjung. Cornut sagte geistesabwesend, während er ihr nachblickte: »Ich bin schon dort gewesen, Carl. Sie haben mir angeboten, mich zu analysieren. Ja, sie bestanden darauf.«
    Master Carls Gesicht strahlte vor Interesse. Cornut wandte den Blick wieder ihm zu und glaubte, Carl nie mehr so engagiert gesehen zu haben seit ihrem Gespräch über die Abhandlung, die Cornut für ihn verfaßte: die Analyse der Diskrepanzen in Wolgrens statistischer Grundregel.
    Carl sagte: »Wissen Sie, was mich erstaunt? Es scheint Sie nicht besonders zu beunruhigen.«
    Cornut dachte nach. »… doch, das tut es.«
    »Sie zeigen es aber nicht. Tja, beunruhigt Sie sonst noch etwas?«
    »So sehr, daß ich mich deswegen umbringe? Nein. Aber ich nehme an, daß es etwas geben muß, nicht wahr?«
    Carl starrte ins Leere. Die Augen waren wieder hellblau; Master Carl arbeitete mit seinem Verstand, untersuchte Möglichkeiten, betrachtete ihre Relevanz, entwickelte eine Theorie. »Nur morgens?«
    »O nein, Carl. Darin bin ich vielseitiger: Ich kann zu jeder Tages- oder Nachtzeit versuchen, mich umzubringen. Es passiert immer, wenn ich schläfrig bin. Wenn ich einschlafe, aufwache – einmal mitten in der Nacht. Ich fand mich auf dem Weg zur Feuerleiter, Gott weiß warum. Vielleicht hat mich etwas halb geweckt, ich weiß es nicht. Deshalb leistet Egerd mir abends Gesellschaft, bis ich fest eingeschlafen bin, und dann wieder morgens. Mein Babysitter.«
    Carl sagte forschend: »Bestimmt können Sie mir noch mehr darüber sagen!«
    »Also … Ja, vermutlich wohl. Ich glaube, ich habe Träume.«
    »Träume?«
    »Ich glaube ja, Carl. Ich kann mich nicht gut daran erinnern, aber es ist so, als befehle mir jemand diese Dinge, jemand in autoritärer Stellung. Ein Vater? Ich kann mich an meinen eigenen Vater nicht erinnern, aber so empfinde ich es.«
    Der Glanz erlosch in Carls Gesicht. Er hatte das Interesse verloren.
    Cornut sagte neugierig: »Was ist denn los?«
    Der Dekan lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. »Nein, Cornut, Sie dürfen nicht glauben, daß irgend jemand Ihnen befiehlt. Es gibt niemanden. Ich habe das sorgsam untersucht, wirklich. Träume entstehen im Träumer.«
    »Aber ich habe doch nur gesagt …«
    Master Carl hob die Hand. »Irgendeine andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen«, dozierte er mit der Stimme, die jede Woche drei Millionen Fernsehzuschauer erreichte, »setzt ein oder zwei Möglichkeiten voraus. Wir wollen sie untersuchen. Erstens könnte es einen konkreten Grund geben. Das heißt, jemand spricht tatsächlich zu Ihnen, während Sie schlafen. Ich glaube, das können wir ausschließen. Die zweite Möglichkeit ist Telepathie. Und die«, sagte er betrübt, »gibt es nicht.«
    »Aber ich habe doch nur …«
    »Schauen Sie in sich, mein Junge«, sagte der alte Mann weise. Dann dämmerte wieder Interesse auf seinem Gesicht. »Und wie steht es mit Wolgren? Irgendwelche Fortschritte bei den Anomalien?«
     
    Zwanzig Minuten später floh Cornut mit der Beteuerung, sonst zu spät zu einer Verabredung zu kommen. Es standen zwölf Tische im Speisesaal, und acht davon luden ihn ein, sich zu einer
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