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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen
Autoren: Frederik Pohl
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ihre Wut legte –, und für die meisten war die Gefahr gebannt. Nicht für alle. Das Serum konnte zum Beispiel nicht rechtzeitig in Südafrika eintreffen, und dort gab es schon viele Tote. Aber die Toten gingen nur in die Millionen …
    Cornuts Erwachen glich einer Explosion.
    Ihm brummte der Kopf; er rappelte sich kampfbereit auf die Beine. Rhame, der zwar voller Wachhaltetabletten war, aber sichtlich nachließ, beschwichtigte ihn schnell: »Alles in Ordnung. Sehen Sie nur.« Sie waren wieder in der Stadt, in einem hastig geräumten, unter Polizeibewachung stehenden Flügel eines Krankenhauses. Darin waren Paare schlafender oder torkelnder uralter Männer und Frauen untergebracht, Zimmer an Zimmer den ganzen Korridor entlang. »Zwanzig«, sagte Rhame stolz, »und jeder garantiert mit 1,5 Promille im Blut oder mehr. Wir halten sie in diesem Zustand, bis wir beschlossen haben, was mit ihnen geschehen soll.«
    »Nur zwanzig?« fragte Cornut, plötzlich alarmiert. »Was ist mit den anderen?« Rhame lächelte wie ein Hai. »Ich verstehe«, sagte Cornut und stellte sich den merkwürdigen Widerspruch vor: ein toter Unsterblicher … Besser, sagte er sich, als ein toter Planet.
    Er wollte keine Zeit mehr verlieren. Er mußte Locille sehen. Rhame hatte schon die Universität angerufen und berichtete, daß es ihr gutgehe, daß sie aber noch schlafe; Cornut wollte sich jedoch selbst davon überzeugen.
    Ein Polizeihubschrauber brachte ihn bei strömendem Regen zum Campus, und er rannte, nach rechts und links blickend, über das nasse Gras. Der Rasen war fleckig und mit Abfällen besät; die Fenster der Universitätsklinik zeigten, wo die aufgebrachte Menge sich fast gewaltsam den Zutritt verschafft hatte; er eilte vorbei, vorbei an dem nun verlassenen Lager der Ureinwohner, am Verwaltungsgebäude vorbei; vorbei an der Erinnerung an Master Carl und dem Gebäude, in dem Egerd gestorben war. Die Regenwolken stanken nach dem Rauch der Brände in der Stadt; jenseits des Flusses lagen immer noch Tausende von unbestatteten Toten.
    Aber die Wolkenschicht war dünn, und Helle schimmerte hindurch.
    In seinem Zimmer bewegte sich Locille und erwachte. Sie war recht gelassen und lächelte.
    »Ich wußte, daß du wiederkommst«, sagte sie. Er nahm sie in die Arme, aber sogar in diesem Augenblick konnte er nicht vergessen, was Rhame ihm gesagt hatte, was sie bereits von den betrunkenen, faselnden Unsterblichen erfahren hatten. Die Zahl der noch unentwickelten Telepathen war wirklich groß, wie ihm allmählich dämmerte; aber sie waren keine »Verkümmerungen« der Unsterblichen, keineswegs.
    Sie waren eine Realität. Die Mutation, die einen St. Cyr hervorgebracht hatte, hatte viele, viele Millionen hervorgebracht; sie hatten nicht die kurzlebigen Menschen getötet oder in den Tod getrieben, sondern junge Unsterbliche. Das Gen war eine Dominante, und da sie jetzt so häufig auftrat, würde die Rasse bald wieder angefüllt sein. Die Unsterblichen hatten sich selbst nicht auf Kosten einer Rasse bewahrt, die aussterben sollte. Sie hatten nur ihre eigene Macht gegen die Cornuts, die Locilles, die anderen verteidigt, mit denen sie die Macht nicht teilen wollten.
    »Ich wußte, daß du wiederkommst«, flüsterte sie nochmals.
    »Ich habe dir doch gesagt, daß ich wiederkommen würde«, sagte er. »Ich komme immer wieder …«, und er überlegte sich, wie er ihr sagen sollte, was »immer« plötzlich für sie bedeutete.
     
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