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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen
Autoren: Frederik Pohl
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Lichts riß er die Augen auf. Er starrte Cornut an, wobei er die Lippen bewegte, und rief schwach: »Bazillenträger!«
    Rhame erkannte als erster die Gefahr. »Kommen Sie!« rief er und setzte sich taumelnd in Trab, auf den landenden Hubschrauber zu. Cornut folgte ihm, aber die anderen erwachten fieberhaft: »Bazillenträger!« schrien sie, erst zehn, dann ein Dutzend. Es war wie die Geburt eines lynchgierigen Pöbels. »Bazillenträger! Sie haben uns das angetan! Packt sie!« Kranke Gestalten rappelten sich auf Knien auf, Hände grapschten nach ihnen. Eine Gruppe von einem halben Dutzend Männern wirbelte herum und stürmte auf sie zu. »Bazillenträger!«
    Cornut begann zu rennen. Bazillenträger? Sie waren natürlich keine Bazillenträger; aber er wußte, woran es lag. St. Cyr selbst oder einer der anderen, die unfähig waren, durch die Alkoholschranke zu brechen und seinen eigenen Verstand zu erreichen, beeinflußten den halbwachen Verstand der hoffnungslosen Hunderten im Gras, um diese auf sie zu hetzen und sie vernichten zu lassen. Es war wirklich erstaunlich, dachte ein Teil seines Verstandes mit betrunkenem Ernst, daß es so viele partielle Telepathen unter dieser zusammengewürfelten Menge gab; aber der andere Teil seines Verstandes schrie: Renn! Renn!
    Es begann Steine zu hageln, und in einem Abstand von etwa fünfzig Metern hörte Cornut jenseits des Rasens einen Knall, der sehr gut ein Schuß sein konnte. Aber der Hubschrauber wirbelte jetzt seine Propeller über ihren Köpfen herum; sie stiegen ein, und die Maschine hob sich vom Boden ab, die plötzlich rasend gewordene wogende Menge unter sich zurücklassend.
    Der Hubschrauber schloß sich dem restlichen Geschwader an. »Das war knapp«, keuchte Cornut dem Piloten zu. »Vielen Dank. Steuern Sie jetzt nach Osten, bis …«
    Der Kopilot wandte sich zu ihm um, und etwas in seinen Augen ließ Cornut verstummen. Rhame sah es genauso schnell wie er. Als der Kopilot nach seinem Revolver griff, schnellte die Faust des Polizeisergeanten vor. Der Kopilot fiel zur einen, der Revolver zur anderen Seite. Auf dem Kopilot kniend starrten Cornut und Rhame sich an. Es bedurfte keiner Worte; bei der Gedankenverbindung zwischen ihnen handelte es sich nicht um Telepathie; sie waren beide gleichzeitig zu demselben Schluß gekommen. Cornut stürzte sich auf den Revolver und richtete ihn auf den einzigen anderen Mann in dem Hubschrauber, den Piloten. »Das ist doch ein Polizeihubschrauber für den Noteinsatz? Mit medizinischer Ausrüstung?«
    Rhame verstand ihn sofort. Er sprang zu dem Arzneischränkchen und riß eine versiegelte Halbliterflasche Brandy heraus. Er reichte sie dem Piloten. »Trinken Sie!« befahl er. Dann: »Schalten Sie den Funk ein. Ordnen Sie an, daß jeder Mann des Geschwaders mindestens 50 ccm Brandy trinkt!«
    Es war, dachte Cornut benommen, eine verteufelte Sache, so einen Krieg zu führen.
     

17
     
    Rhame war nur ein Sergeant, aber der Pilot des Leithubschraubers ein Inspektor. Sobald genug Alkohol durch seine Adern floß, um den nagenden Einfluß der Unsterblichen auszuschalten, übernahm er das Kommando. Die anderen Hubschrauber stutzten zwar über seine Befehle, aber sie gehorchten.
    Das Geschwader schwebte über die Bucht, über die Stadt hinauf zu den Bergen.
    Unter ihnen lag die hilflose Stadt. Von oben betrachtet war sie flach und still, aber auf ebener Erde war sie ein riesiger Schlachthof, durch den verblendete Menschenmassen streiften und Panik stifteten. Aus dreihundert Metern über den terrorisierten Straßen konnte Cornut die brennenden Fahrzeugwracks sehen, die kleinen Haufen lebloser Körper, das Chaos, das die Seuche angerichtet hatte. Schlimmer als die Seuche war die Panik. Der Inspektor hatte ihm erzählt, daß inzwischen über zehntausend Todesfälle in der Stadt zu verzeichnen waren, aber nur ein Bruchteil davon durch die Pocken. Der Terror hatte die übrigen erschlagen.
    Cornut wußte, daß dies dem Willen der Unsterblichen entsprach.
    Sie hatten ihre Herde zufriedener, hilfloser, kurzlebiger Rindviecher lange genug gehütet. Die Herde war gediehen, bis sie ihren unsichtbaren Eigentümern Nahrung und Lebensraum streitig machte. Wie jeder gute Hirte hatten die Unsterblichen beschlossen, die Herde zu lichten.
    Was konnte für sie müheloser sein als eine biologische Lichtung? So wie die Myxamotose Australien von der Kaninchenplage befreit hatte, konnten die Pocken das wimmelnde Menschengewürm dezimieren, das den Unsterblichen
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