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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen
Autoren: Frederik Pohl
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die gleichen Experimente, weil sie nicht wußten, welche anderen sie machen sollten. In der ersten Stunde hatten sie entdeckt, daß aus den betreffenden Archiven drei Jahrhunderte der Epidemiologie gestohlen worden waren; sie konnten nicht hoffen, sie in absehbarer Zeit zu ersetzen, aber sie konnten nicht umhin, es wenigstens zu versuchen. Die Hälfte der Mediziner war selbst krank, hielt sich zwar noch auf den Beinen, doch schon zum Tode verdammt.
    Cornut machte sich Sorgen, nicht um sich, sondern um Locille. Als er an die Expedition zurückdachte, fielen ihm die Spritzen ein, die St. Cyr sich selbst gegeben hatte, und er hielt es für höchst wahrscheinlich, daß jeder sie bekommen hatte, um gegen die Pocken immun zu werden. Aber Locille? Sie hatte nichts bekommen.
    Er hatte Rhame schon von den Spritzen erzählt, und Rhame hatte das sofort an das Polizeipräsidium durchgegeben; sie wollten die Funkverbindung mit der Insel aufnehmen und versuchen, die Ärzte ausfindig zu machen, die die Injektionen vorgenommen hatten. Keiner von ihnen hatte große Hoffnung. Die Unsterblichen hatten bestimmt alle Spuren dessen verwischt, was ihren Angriff auf die kurzlebige Masse der Menschheit zum Stillstand bringen könnte. Aber dieser Gedanke ließ eine logische Folgerung zu: Wenn die Unsterblichen den Impfstoff entwendet hatten, befand er sich jetzt in ihrem Besitz.
    Die Ureinwohner warteten auf sie. »Sie haben uns gerufen«, sagte Cornut – es war eine Frage; er konnte es noch immer nicht recht glauben –, und Masatura-san nickte und ergriff seine Hand.
    Rhame blinzelte sie benommen an. Cornut hatte auch ihm drei tüchtige Schlucke eingeflößt – nicht weil Rhame irgendwelche telepathischen Symptome aufwies, sondern nur, weil Cornut sichergehen wollte. Der Mathematikprofessor, der dem gedrungenen braunen Mann stumm die Hand drückte, schien das Trugbild eines Betrunkenen zu sein. Aber es war keins.
    Nach einem Augenblick ließ Cornut die Hand des Insulaners los. Masatura-san nickte, nahm wortlos die Flasche von Cornut entgegen, trank einen großen Schluck und gab sie an seinen hinter ihm fast bewußtlos auf dem Boden liegenden Adjutanten weiter.
    »Los jetzt«, sagte Cornut mit schwerer Zunge und glasigen Augen. (Es war nicht leicht, im genau richtigen Maß betrunken zu sein!) »Wir brauchen einen Hubschrauber. Können Sie einen beschaffen?«
    Automatisch griff Rhame in seine Tasche und sprach kurz in den Polizeifunk, ehe er Fragen stellte. »Was ist passiert?«
    Cornut taumelte und hielt sich an Rhames Arm fest. »Verzeihung. Es dreht sich alles um die Unsterblichen. Sie hatten recht: Sie haben die Pockenträger eingeführt – und keine Mühe dabei gescheut. Aber dieser Bursche hier ist wesentlich älter, als er aussieht. Auch er kann Gedanken lesen.«
    Der Polizeifunk quäkte leise. »Sie treffen uns bei der Universitätsklinik«, sagte Rhame und steckte das Gerät wieder in die Tasche. »Los jetzt.« Er setzte sich in Bewegung, ehe er fragte: »Aber wohin gehen wir denn?«
    Cornut hatte Schwierigkeiten beim Laufen. Alles bewegte sich so langsam, so schrecklich langsam; seine Füße waren wie wurstförmige Luftballons, er watete durch Gelatine. Er maß seine Bewegungen in der betrunkenen anstrengenden Bemühung um Klarheit sorgfältig ab; er wagte weder allzu betrunken noch nüchtern zu werden. Er sagte: »Ich weiß, wo die Unsterblichen sind. Er hat es mir gesagt. Ohne Worte – während er meine Hand festhielt, von Verstand zu Verstand; körperlicher Kontakt hilft. Er kannte nicht den Namen des Ortes, aber ich kann ihn mit dem Hubschrauber finden.« Er blieb stehen und sah erstaunt aus. Er sagte: »Mein Gott, ich bin betrunken. Wir brauchen Hilfe.«
    Rhame sagte, wobei er über die Wörter stolperte: »Ich bin auch betrunken, aber das habe ich mir schon selbst ausgerechnet. Die gesamte Notstandsabteilung trifft uns.«
     
    Die geräumte Fläche bei der Universitätsklinik war ideal für landende Hubschrauber, obwohl sie jetzt von hingestreckten kranken oder bloß erschöpften Gestalten getüpfelt war. Rhame und Cornut hörten das Stakkatoknattern und -flattern der Hubschrauber, während sie am Rande der geräumten Fläche warteten. Zwölf Polizeihubschrauber senkten sich zu ihnen herab; elf blieben in der Luft schweben, der zwölfte schaltete seine Scheinwerfer ein und landete.
    In dem grellen Landungslicht richtete sich einer der in ihrer Nähe Liegenden auf dem Ellenbogen auf und murmelte etwas. Trotz des blendenden
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