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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen
Autoren: Frederik Pohl
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gefährlich wurde.
    Sergeant Rhame sagte mit schwerer Zunge: »Schlechtes Wetter hier oben. Ich glaube nicht, daß wir es schaffen.« Hinter ihnen folgten die Hubschrauber am klaren Himmel, aber vor ihnen türmten sich die Wolken über den Bergen.
    Cornut schüttelte den Kopf. Er wußte nur, welchen Weg St. Cyr eingeschlagen hatte, so wie ihn St. Cyr mit eigenen Augen gesehen und der alte Insulaner ihm übermittelt hatte. Sie mußten sich durch das Unwetter hindurchkämpfen.
    Cornut schloß kurz die Augen. Es war ein Kampf auf Leben und Tod, und er fragte sich, wie es wohl wäre, einen Menschen zu töten. Er konnte die Motive St. Cyrs und der anderen sehr gut verstehen, die einen erbitterten Kampf gegen jede Bedrohung führten, die jeden erschlugen, der, wie er selbst, vielleicht von ihrer Existenz erfuhr, die jede Forschung unterbanden, die sie verraten konnte. Sie mußten sich ständig verteidigen, und er konnte die Notwendigkeit, jede Gefahr zu beseitigen, verstehen, ja sogar irgendwie verzeihen. Er konnte ihnen die Anschläge auf sein Leben verzeihen, er konnte ihnen den Versuch verzeihen, die Welt weitgehend zu zerstören.
    Aber er konnte ihnen nicht verzeihen, daß sie Locille bedrohten. Denn sie war der Gefahr ausgesetzt. Einige wenige würden auf alle Fälle die Seuche überleben – das taten einige wenige immer –, aber Cornut war Mathematiker, und er ließ sich nicht wie ein Glücksspieler auf eine Chance von eins zu einer Million ein.
    In all den Jahren, träumte er, hatten die Unsterblichen die Menschheit in die Richtungen gelenkt, die sie aussuchten. Kein Wunder, daß die Medizin solche Fortschritte machte, kein Wunder, daß der Konkurrenzkampf zwischen Herstellern von Luxus und Komfort immer härter wurde. Wie wäre es, wenn die Unsterblichen vernichtet würden?
    Und doch, dachte er, allmählich wieder nüchtern werdend, und doch stand nicht etwas darüber im Wolgren? Nein, nicht im Wolgren. Sondern irgendwo in einer statistischen Theorie. Etwas über zufällige Bewegungen. Die Brownsche Bewegung der Moleküle? Das hatte Master Carl angenommen, fiel ihm ein. Die Torkelei des Betrunkenen – die ziellose Bewegung von einem festen Punkt aus, die immer langsamer, asymptotischer wurde, aber nie aufhörte. Eine gradlinige Bewegung hatte immer ein Ende; wenn die Unsterblichen sie lenkten, konnte sie nur so weit reichen, wie sie sie zulassen konnten.
    Sie waren nicht die Zukunft, erkannte er klar und deutlich. Keine übermächtige Kraft war die Zukunft; ein Hundezüchter konnte Hunde nur bis zu seiner eigenen Spezialisierung züchten, er konnte es der Spezies nicht ermöglichen, sich frei und endlos fortzupflanzen; und – Cornut, sagte ein schrilles wütendes Winseln in seinem Gehirn.
    Von Panik ergriffen packte er die Arzneiflasche Brandy und löschte die Stimme mit einem Schluck aus, an dem er fast erstickte.
    Die Flasche ging langsam zur Neige. Sie mußten sich beeilen. Sie wagten es nicht, nüchterner zu werden.
     
    Senator Dane machte eine wütende Bewegung und stieß in Gedanken einen Fluch aus, der die Gesellschaft zum Lachen brachte. Lacht gefälligst nicht, ihr verdammten Narren, dachte er. Ich habe sie schon wieder verloren.
    »Süßer«, singsangte der uralte Backfisch aus Südamerika, Senhora Sant’ Anna. »Eiasantpanna. Weine nicht.« Das Gedankenbild eines fetten weinenden Babys mit Danes Gesicht.
    Pistolenfeuer, Senhora Sant’ Anna von tausend Schwertern durchbohrt, dachte der Senator.
    Nicht ich. »Warum machst du mir bange?« Gekicher.
    Du wirst bald unter der Erde lachen. Das Bild eines namenlosen Grabes. Eine obszöne Geste des Senators; aber in Wirklichkeit hatte auch er keine Angst. Er suchte mit seinen Gedankenwellen Cornuts Verstand, aber nur noch verzagt, und als er ihn nicht finden konnte, projizierte er das Gedankenbild eines torkelnden, kotzenden Betrunkenen, das ihnen ein Lächeln entlockte. Der Senator schleuderte sofort einen schmerzhaften Gedanken gegen einen seiner schwarzen Diener und wartete fröhlich darauf, daß dieser ihm seine Süßigkeiten bringe.
    Senator Dane trank nie, aber er hatte die Kurzlebigen beim Trinken beobachtet, er wußte, was das Trinken bewirken konnte. Manchmal erlangten die Unsterblichen die gleiche selektive Befreiung durch Alkaloide. Genügend Alkohol, um die Selbstmordkontrolle auszulöschen, dessen war er sicher, würde auch die automatischen Reflexe auslöschen. Sie würden miteinander zusammenstoßen. Bestimmt würden sie diesen Ort nie
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