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Titan 5

Titan 5

Titel: Titan 5
Autoren: Frederik Pohl
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warm wäre. Wir schauten auf die Uhr. Wir fragten uns, ob er sich vielleicht irgendwo versteckt hielt und uns beobachtete. Dann klingelten wir noch einmal.
    In diesem Augenblick kam der alte Knabe den Weg herauf.
    Wir stellten uns mit den üblichen Begrüßungsfloskeln vor. Mein Herz schlug heftig. Was hatte es mit diesem Mann auf sich, wenn sein Name die Sowjetunion und die halbe Welt in Aufregung versetzen konnte, wenn etwas vielleicht sogar aus dem Weltraum kam, etwas, das Tausende von Menschen gehört hatten, und womit niemand etwas anfangen konnte, etwas, das so geheimnisvoll war, daß es unsere Vorstellungskraft einfach überstieg, und das irgendwie mit diesem Mann zu tun hatte, das seinen Namen und seine Adresse unüberhörbar sagte. Was konnte es nur sein?
    Wir wußten es nicht.
    Da stand der alte Mann nun. Er war groß, trotz seines Alters ungebeugt. Seine Haut war sonnenverbrannt. Seine Wangen, seine Nase und seine Ohren hatten eine gesunde Rötung. Er war so gesund, wie man nur sein kann, ein Schwede bis auf die Knochen.
    Wir brauchten ihm bloß zu erzählen, daß wir mit seinem Bruder, Tice Angerhelm, zu tun hatten, und schon hörte er uns gespannt zu. Wir hatten überhaupt keine Probleme mit ihm.
    Als wir zu erzählen begannen, wurden seine Augen groß, und er sagte: »Ich weiß, daß hier eine Menge herumgeschnüffelt worden ist, und daß ihr Leute eine Menge Ärger hattet, und da dachte ich mir schon, daß mal jemand zu mir rüberkommen würde. Ich hätte bloß nicht erwartet, daß es so schnell gehen würde.«
    Da der FBI-Mann nur irgendwelche Höflichkeitsfloskeln vor sich hin murmelte, fuhr Angerhelm fort: »Ich vermute, daß die Herrschaften vom FBI sind. Ich glaube nicht, daß mein Bruder ein Betrüger war. Er war kein unredlicher Mensch.«
    Ein kurzer Moment des Überlegens, dann sprach er weiter: »Andererseits – er sah immer so aus, als hätte er gerade einen Scherz auf Lager.«
    Angerhelms Augen leuchteten auf. »Wenn es um einen Streich ging, hätte er möglicherweise sogar eine Schandtat begehen können. Ich weiß es nicht, meine Herren. Ich kümmere mich nur um meine Hühner und versuche, mein Leben so zu leben, daß ich über die Runden komme.«
    Vielleicht war es nicht gerade die Profimethode eines Mannes vom Geheimdienst, jedenfalls kam ich dem FBI-Mann zuvor und fragte: »Sind Sie ein glücklicher Mensch, Mr. Angerhelm? Sind Sie der Auffassung, daß Ihr Leben Sie wirklich befriedigt?«
    Der alte Knabe warf mir einen scharfen Blick zu. Es war offensichtlich, daß er vermutete, daß etwas nicht stimmte, und daß er nicht viel Vertrauen in meine Urteilskraft hatte.
    Und doch glaubte ich, hinter der Schärfe seines Blickes einen Hauch Sympathie zu spüren. Ich war sicher, er argwöhnte, daß ich unter einer gewissen Spannung stände. Seine Augen weiteten sich ein wenig. Er lehnte sich zurück, und ein gewisser Ausdruck von Stolz trat auf seine Gesichtszüge.
    Er sah so aus, als erinnerte er sich vielleicht gerade daran, daß er schwedische Admirale als Vorfahren hatte, und daß, lange bevor der Name Angerhelm in diesem flachen Landstrich westlich von Minneapolis auszusterben drohte, etwas Großes mit diesem Namen verbunden gewesen war, und daß vielleicht noch einige Funken davon irgendwo im Universum leuchteten.
    Ich weiß nicht, woran er dachte. Er schien die Wichtigkeit meiner Frage verstanden zu haben, denn er schaute mir konzentriert und mit klarem Blick in die Augen.
    »Nein, junger Mann, mein Leben war nicht sehr schön, und ich habe es nie sehr geliebt. Ich hoffe, niemand braucht so ein Leben wie ich zu führen. Aber genug davon. Ich vermute, Sie sind nicht hier, um Mutmaßungen anzustellen, sondern um mir etwas verdammt Unangenehmes zu eröffnen.«
    Der andere Bursche meldete sich zu Wort: »Es stimmt, aber es wird keinerlei Unannehmlichkeiten für Sie mit sich bringen, Mr. Angerhelm. Und auch Colonel Angerhelm, Ihrem Bruder, würde es nichts ausmachen, wenn er noch lebte.«
    »Seien Sie da nicht so sicher!« sagte der alte Mann. »Mein Bruder regte sich über fast alles auf. Er sagte tatsächlich einmal zu mir: ›Hör mal, Nels, ich würde eher aus der Hölle selbst zurückkommen, als zuzulassen, daß mir jemand etwas nachsagt.‹ Das waren seine Worte. Ich bin sicher, er meinte es auch so. Er hatte eine sonderbare Art von Stolz an sich. Wenn irgend etwas gegen meinen Bruder vorliegt, sagen Sie es mir besser direkt.«
    Nach diesen Worten hörten wir mit dem Wortgeplänkel auf
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