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Titan 5

Titan 5

Titel: Titan 5
Autoren: Frederik Pohl
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Es ist gewissermaßen komisch, komisch, komisch, ohne Gehirn zu denken. Es ist wirklich etwas wie ein Trick und wiederum doch kein Trick, ohne Gehirn zu denken. Es ist noch schwieriger, zu sprechen, aber es klappt.
    Nels, hier spricht Tice. Ich bin tot.
    Nels, ich weiß nicht, ob ich im Himmel bin oder in der Hölle, aber ich glaube, es ist die Hölle, Nels. Und ich bin dabei, den größten Streich zu spielen, den jemals einer gespielt hat. Es ist lustig, ich bin amerikanischer Offizier, dazu noch ein toter, und es macht überhaupt nichts aus. Nels, verstehst du das? Wenn du tot bist, ist es völlig egal, ob du Amerikaner oder Russe bist, oder ob du Offizier bist oder nicht.
    Aber es ist genug von mir übriggeblieben, Nels, genug von meinem alten Ich, so daß ich vielleicht dieses eine letzte Mal mit dir und den anderen lachen kann.
    Ich habe keinen Körper, mit dem ich lachen könnte, Nels, und ich habe keinen Mund mehr, mit dem ich lachen könnte, und ich habe keine Wangen zum Lächeln. Es gibt mich eigentlich gar nicht. Tice Angerhelm ist jetzt etwas anderes, Nels. Ich bin tot.
    Ich wußte, daß ich tot war, als ich mich auf einmal so anders fühlte. Es war bequemer, tot zu sein, einfach entspannter. Es gab nichts Hartes, Festes mehr.
    Das ist der Nachteil, Nels, daß es nichts Festes mehr gibt. Um dich herum ist nichts. Du kannst die Welt nicht fühlen, du kannst sie nicht sehen, und doch weißt du alles über sie. Du weißt alles über alles.
    Es ist schrecklich einsam, Nels. Es gibt einige Ecken, die nicht einsam sind, einige merkwürdige kleine Ecken, in denen du Freundschaft fühlst und auch Schaudern.
    Nels, es ist wie kleine Kätzchen oder wie die Gesichter von Kindern oder wie der Duft des Kindes an einem schönen Tag. Es ist zu jeder Zeit, als ob du dich von dir selbst abwendetest und nicht über dich nachdächtest.
    Es ist so, als ob du keine Wünsche hättest und doch etwas willst. Es ist das, wogegen du keinen Groll hegst, was du nicht haßt, was du nicht fürchtest und was du nicht verspottest.
    Das ist es, Nels, das Gute im Tode. Ich vermute, daß einige Leute es Himmel nennen würden. Und ich meine, du erreichst den Himmel, wenn du es dir einfach zur Gewohnheit machst, den Himmel an jedem Tag deines gewöhnlichen Alltagslebens zu haben. Genauso ist es. Der Himmel ist da, Nels, in deinem Alltagsleben, Tag für Tag, rings um dich herum.
    Das aber habe ich nicht erreicht. Oh, Nels, es stimmt, ich bin Tice Angerhelm, ich bin dein Bruder, und ich bin tot. Das, wo ich bin, kannst du getrost Hölle nennen, denn es ist all das, was ich gehaßt habe.
    Nels, es hat den Geruch von dem an sich, was ich je haben wollte. Es duftet so, wie das Heu duftete, als ich noch meinen alten Willys hatte und das erste Mädchen, das ich je hatte, in jener Augustnacht. Du kannst sie fragen. Sie heißt heute Mrs. Prai Jesselton. Sie lebt drüben auf der Ostseite von St. Paul. Du hast nie erfahren, daß ich sie hatte, und wenn du nicht glaubst, daß es so ist, kannst du es ja von ihr hören.
    Du siehst, ich bin irgendwo, aber ich weiß nicht, was für ein ›Wo‹ das ist.
    Nels, ich bin es wirklich, ich, Tice Angerhelm, und ich schreie dieses nun laut hinaus mit dem, was ich anstelle meines Mundes habe. Ich werde es so laut hinausschreien, daß jedes menschliche Ohr, das es hört, es auf dieses sowjetische Ding bringen kann und es zurückbringen kann. ÜBERGEBEN SIE DIESE BOTSCHAFT NELSON ANGERHELM, 2322 RIDGE DRIVE, HOPKINS, MINNESOTA. Und ich werde es noch ein paarmal wiederholen, damit du wirklich weißt, daß ich es bin, dein Bruder, der dies spricht, und daß ich irgendwo bin, und es ist nicht der Himmel, und es ist auch nicht die Hölle, und es ist nicht einmal richtig im Weltraum. Ich bin in etwas, das anders ist als der Raum, Nels. Es ist einfach ein Irgendwo, und ich bin darin, und es gibt nichts außer mir selbst. In mir ist alles. In mir ist alles, was ich je gedacht habe, alles, was ich je getan habe, alles, was ich je gewünscht habe.
    Alle Gegensätze sind sich gleich. Alles, was ich haßte, und alles, was ich liebte, es unterscheidet sich nicht mehr. Alles, was ich fürchtete, und alles, was ich ersehnte – es ist alles gleich. Ich sage dir, es ist jetzt alles dasselbe. Es ist dieselbe Strafe, etwas zu wollen und es zu bekommen, wie etwas zu wollen und es nicht zu bekommen.
    Das einzige, was zählt, Nels, sind jene ruhigen, schönen Momente im Leben, wenn du keine Wünsche hast, wenn du nichts bist. Wenn du
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