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Titan 5

Titan 5

Titel: Titan 5
Autoren: Frederik Pohl
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sein Bruder tot wäre. Aber das wußte er auch selbst.
    »Sie wissen, daß mein Bruder tot ist. Und dieses komische Ding hat seine Stimme in sich! Alles, was es in sich hat, ist seine Stimme…«
    Wir nickten. Wir sagten ihm, daß wir auch nicht wußten, wie seine Stimme darauf gelangt sei, und daß wir nicht einmal gewußt hätten, daß es sich überhaupt um seine Stimme handelte.
    Wir sagten ihm nicht, daß wir selbst diese Stimme schon tausendmal gehört hatten und dennoch niemals wußten, wo wir sie hörten.
    Wir sagten ihm nicht, daß wir das Band auf der Militärbasis vorgespielt hatten, daß jeder Mann dort den Namen ›Nelson Angerhelm‹ gehört hatte und doch nicht sagen konnte, wo er ihn gehört hatte.
    Wir sagten ihm auch nicht, daß der gesamte Apparat des sowjetischen Geheimdienstes wer weiß wie lange darüber gesessen und geschwitzt hatte, und daß unsere Leute das unangenehme Gefühl hatten, daß diese Stimme aus einem Satelliten kam, der irgendwo durch den Weltraum raste.
    Wir sagten ihm all das nicht, aber wir wußten es. Wir wußten, daß es sich, wenn er wirklich die Stimme seines Bruders hörte und etwas aufnehmen wollte, um etwas sehr Ernstes und Wichtiges handeln mußte.
    »Können Sir mir etwas besorgen, worauf ich diktieren kann?« fragte der alte Mann.
    »Ich kann Notizen machen«, antwortete der FBI-Mann.
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Das wird nicht reichen. Ich denke mir, daß Sie, wenn Sie schon etwas kriegen können, das ganze Ding kriegen wollen. Und ich fange schon an, Bruchstücke davon zusammenzubekommen.«
    »Bruchstücke wovon ?«fragte der FBI-Mann aufgeregt.
    »Bruchstücke von dem, was sich hinter all den Geräuschen verbirgt. Es ist die Stimme meines Bruders. Er sagt gewisse Dinge – mir gefällt nicht, was er da sagt. Es erschreckt mich, und es macht alles schlecht und schmutzig. Ich bin nicht sicher, ob ich es alles verstehen kann. Jedenfalls werde ich mich nicht zweimal darum bemühen, alles zu verstehen. Statt dessen werde ich lieber zur Kirche gehen.«
    Wir warfen uns gegenseitig einen raschen Blick zu. »Können Sie noch zehn Minuten warten? Ich glaube, in der Zeit kann ich ein Aufnahmegerät auftreiben.«
    Der alte Mann nickte. Der FBI-Mann ging zum Auto hinaus und ließ die Funkantenne ausfahren. Ein riesiges Ding schob sich aus dem Auto, einem ansonsten völlig unauffälligen Chevrolet Sedan. Er rief sein Büro an. Eine Polizeieskorte fuhr gleich darauf mit einem Handgerät von Minnesota Richtung Hopkins los. Ich weiß nicht, wie lange ein Krankenwagen für diese Strecke braucht, aber der Bursche am anderen Ende der Leitung sagte: »Geben Sie mir besser zwanzig bis zweiundzwanzig Minuten Zeit.«
    Wir warteten. Der alte Mann wollte lieber nicht mit uns sprechen und auch nicht die Bandaufnahme hören. Er saß da und trank seinen Whisky.
    »Diese Aufregung kann mich das Leben kosten. Ich möchte, daß alle meine Freunde da sind. Der Name meines Pfarrers ist Jensen, und wenn mir etwas passieren sollte, wenden Sie sich an ihn, obwohl ich nicht glaube, daß mir etwas passiert. Wenden Sie sich dann einfach an ihn. Vielleicht sterbe ich, meine Herren. Zuviel davon kann ich nicht aushalten. Es ist das Erschreckendste, was jemals einem Menschen geschehen ist, und ich werde nicht zusehen, wenn jemand von Ihnen mit hineingezogen wird. Sie verstehen doch, meine Herren, es könnte mich das Leben kosten.«
    Wir taten so, als wüßten wir, wovon er sprach, obwohl keiner von uns beiden auch nur die leiseste Ahnung hatte, außer dem Verdacht, daß er vielleicht ein schwaches Herz hatte und einen Kollaps kriegen könnte.
    Das Büro hatte mit zweiundzwanzig Minuten gerechnet. Der Beamte des FBI brauchte genau achtzehn Minuten. Er brachte eins dieser neuen, kleinen, blitzenden Geräte, eins von der Sorte, wie ich es gern mit nach Hause nehmen würde. Man kann es fast überall verstauen. Und der Ton ist von hervorragender Qualität.
    Der alte Mann begann zu strahlen, als er merkte, daß wir nun zur Sache kommen wollten.
    »Geben Sie mir ein Paar Kopfhörer, und dann lassen Sie mich einfach reden und nehmen es auf. Ich werde versuchen, es so gut wie möglich wiederzugeben. Es wird natürlich nicht die Stimme meines Bruders sein. Sie werden meine Stimme hören. Können Sir mir jetzt folgen?«
    Wir stellten das Gerät an.
    Er diktierte, den Kopfhörer auf den Ohren.
    Die Nachricht begann. Es waren die Worte, die ich zu Anfang der Geschichte erwähnte.
     
    Komisch, komisch, komisch.
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