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Titan 21

Titan 21

Titel: Titan 21
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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Seiten seiner großen Adlernase schoben sich hohe Backenknochen vor. Seine Augenlider zitterten, hoben sich langsam.
    Angus starrte benommen in lebende Weisheit. Tief im Inneren fragte er sich, wie alt Stasor wohl sein mochte, um das zu wissen, was jene Augen wußten; wieviele Welten er betrachtet, wieviele Völker er beobachtet haben mochte, wie sie zu Staaten heranwuchsen, die wiederum verfielen und schließlich den Tod fanden.
    »Ihr habt den Tümpel betreten. Ich verspürte eure Ausstrahlung. Was wünscht ihr?«
    Moana sagte: »Ich bin deine Priesterin, Stasor. Ich habe einen Mann zu dir gebracht.«
    »Laß den Mann sprechen!«
    Angus befeuchtete die Lippen. Er runzelte die Stirn, suchte nach Worten. Schließlich murmelte er: »Man hat mich zum Tode verurteilt, weil ich versucht habe, den Diktor von Karr zu töten. Er ist böse.«
    »Was ist böse, mein Sohn? Ist ein Mann schlecht, weil er sich deinem Willen widersetzt?«
    Angus knurrte: »Er ist ein Fluch seiner Rasse. Er schickt seinem Volk Seuche und Tod, wenn es ihm nicht gehorcht. Er enthält ihm den Fortschritt vor. Er macht die Menschen zu Sklaven, wo sie doch Götter sein könnten.«
    »Das glaubst du. Was sagt das Buch von Nard?«
    Moana flüsterte: »Das Buch von Nard ist verloren, Hoher.«
    Stasor schwieg lange. Schließlich sagte er: »Man muß das Buch wieder finden. In ihm ruhen die Geheimnisse der Alten Rasse. Geht in die Stadt der Vorfahren. Dort werdet ihr das Buch finden.«
    »Es weiß niemand mehr, wo die Stadt ist. Sie ist verschwunden, mit all den Geheimnissen der Alten Rasse.«
    »Die Stadt liegt jenseits des Meeres Car Carolan, hinter dem Land der Lebenden Flamme. Dorthin müßt ihr gehen!«
    Die Lippen schlossen sich. Die Augenlider senkten sich. Schnell verblaßte das alte Gesicht im Nichts. Die Schwärze kam und drängte auf sie ein.
    Angus drehte sich langsam um, wie im Traum. Doch selbst in jener traumhaften Entrücktheit sah er die drei großen, von Kapuzen bedeckten Gestalten, die wie Wächter standen.
    Moana schrie.
    Eine der verhüllten Gestalten hob den Arm und winkte ihnen beruhigend zu. »Für Furcht ist kein Anlaß. Der Hierarch hat uns geschickt, um euch zu ihm zu bringen.«
    Moana schauderte. Angus spürte, wie ihre kalte Hand die seine suchte, sich in seiner Handfläche barg. Hand in Hand wünschten sie sich hinter den verhüllten Gestalten her. Sie schwammen körperlich durch die Schwärze, bewegten sich gespenstisch, ohne einen Muskel zu regen.
    Ein runder Vorhang schimmernder, bläulicher Pünktchen vor ihnen war in der Schwärze wie ein leuchtender Fleck. Eine der verhüllten Gestalten drehte sich um und wartete. Er sagte: »Noch ein Tümpel, Moana. Der Tümpel der Hierarchie. Auch wir kennen den Weg in diese Welt.«
    »Was ist die Schwärze?« fragte Angus.
    »Welcher Mensch weiß das schon? Die Alten haben sie geformt und gebaut, ehe sie weiterzogen.«
    Jetzt befanden sie sich in dem Tümpel, schoben sich durch seine seltsame Oberfläche nach oben. Er zischte und zog Blasen um sie, prickelte an ihrer Haut.
    Dann standen sie in einem kahlen Raum mit niedriger Decke.
    Ein Mann in einer Kapuze öffnete ihnen eine Tür und trat zur Seite.
    Der Hierarch saß auf einem geschwungenen, goldverzierten Stuhl. Sein bleiches, asketisches Gesicht leuchtete aus dem Schatten seiner großen Kapuze hervor. Er starrte sie an, und ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen. Er starrte sie so lange an, daß Angus schließlich ungeduldig fragte: »Was willst du von uns? Tandor? Ist er frei?«
    Moana stöhnte auf, plötzliches Verstehen rüttelte ihr Bewußtsein wach. Der Hierarch ließ seine Augen über sie wandern und seufzte.
    »Tandor ist frei. Ich erfülle meine Versprechungen. Du hast es versucht und dein Ziel nicht erreicht, aber versucht hast du es. Jetzt…«
    Er hielt inne, drückte die Fingerspitzen aneinander und sah brütend auf Angus herab.
    »Vor vielen Tausenden von Äonen, ehe unsere Rasse entstand, gehörte ganz Karr der Alten Rasse. Sie lebte lange Zeit auf dieser Welt, ehe sie weiterzog.«
    Angus grinste. »Dein Priester hat es gesagt. Meint ihr, du und er…«
    Der Hierarch sprach geduldig, als belehrte er ein Kind. »Sie ist nicht ausgestorben. Sie ist weitergezogen auf eine andere Ebene der Existenz. Alles muß fortschreiten. Das ist das unwandelbare Gesetz der Natur. Die Erste Rasse hat sich weiterentwickelt, über das hinaus, was wir verstehen können, weit hinaus, jenseits die Gesetze der Natur, so wie wir sie
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