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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Autoren: Susanne Reinker
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1
    E ine traumhafte Nacht. Palmen wiegen sich im leichten, lauen Wind. Eng umschlungen laufen wir den Strand entlang zum Hotel.
    Vom Balkon unseres Zimmers haben wir einen großartigen Blick auf die Croisette und auf die festlich erleuchteten Jachten, die in der Bucht von Cannes vor Anker liegen. »Ich bin total verrückt nach dir«, murmelt Thomas und küsst mich voll ungestümer Leidenschaft.
    Draußen schlägt eine Kirchturmuhr zwölf. Die ersten Raketen steigen auf. Bunt glitzernder Leuchtregen lässt den Himmel über der Côte d’Azur erstrahlen. Die Luft riecht nach Feuerwerk.
    Thomas öffnet den Champagner und füllt unsere Gläser. Er sieht mir tief in die Augen. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Sandra. Und auf ein glückliches neues Jahr für uns beide!« Wir stoßen miteinander an und genießen den feierlichen Moment.
    Dann fallen wir übereinander her, noch halb angezogen und erfüllt von blindem Verlangen. Mit kaum gezügelter Begierde wogen unsere Körper zum hypnotisierenden Rhythmus von Ravels Bolero . Die Musik des Orchesters schwillt an, Basstrommeln und Posaunen drängen machtvoll dem Höhepunkt entgegen. Wir … »Wir unterbrechen unser Programm für eine wichtige Verkehrsdurchsage. Auf der A 95 in Richtung München kommt Ihnen zwischen der Ausfahrt Murnau und der Ausfahrt Penzberg ein Fahrzeug entgegen. Bitte fahren Sie äußerst rechts, und überholen Sie nicht. Wir melden es, wenn die Gefahr vorüber ist.«
    Na großartig. Coitus interruptus am Neujahrsmorgen. Das Jahr fängt wirklich vielversprechend an.
    Versuchsweise mache ich ein Auge auf. Meine Befürchtungen bestätigen sich: von Cannes, schickem Hotelzimmer und mediterraner Wintersonne keine Spur. Stattdessen sieht alles so aus wie zu Hause.
    Mit rasch verglimmender Resthoffnung schaue ich mich in unserem Schlafzimmer nach Spuren von Orchestermusikern um. Aber da ist nichts.
    Nichts außer Thomas’ Radiowecker. Er ist auf einen Klassiksender eingestellt, mir zuliebe. »Klassische Musik in der Aufwachphase steigert statistisch gesehen das Wohlbefinden«, hat Thomas mir erklärt. Und sich dabei jede Anspielung auf gewisse morgendliche Launendefizite meinerseits großmütig verkniffen.
    Eigentlich ist er ja ein vorbildlicher Gatte. Die Art Mann, der selbst an Neujahr den Wecker stellt, um seiner Frau zum Frühstück frische Buttercroissants zu besorgen. Ein echter Liebesbeweis, vor allem angesichts der Tatsache, dass draußen dichtes Schneetreiben herrscht.
    Das hätte er auch einfacher haben können. Aber er wollte ja partout nicht nach Südfrankreich, obwohl ich mir das mit beachtlicher Hartnäckigkeit zum Geburtstag gewünscht hatte. Leider vergeblich, denn Thomas hat mit Frankreich und den Franzosen nichts am Hut. Übrigens auch nichts mit Silvesterpartys. Bei Anlässen mit mehr als vier Personen möchte er sich am liebsten bis zum Veranstaltungsende auf der Toilette einschließen.
    Also sind wir zu Hause geblieben und haben im kleinen Kreis gefeiert. Sofern man das schon ab zwei Personen so sagen kann.
    Für das Feuerwerk hatte Thomas immerhin Raketen gekauft. Doch die Dinger wollten mal wieder nicht zünden, draußen war es sowieso unerträglich kalt, und so gingen wir schnell wieder rein. Noch mal aufs neue Jahr anstoßen, Zähne putzen, Bett, Licht aus.
    Thomas gab mir einen Neujahrskuss. »Wusstest du, dass bei einem Zungenkuss durchschnittlich 0,7 Milligramm Fett und 0,4 Milligramm Salz ausgetauscht werden?«, murmelte er noch. Dann schlief er ein.
    Ich blieb noch ein Weilchen wach und hing meinen Gedanken nach. Ein unspektakulärer Jahreswechsel, okay. Aber gemütlich. Nur schade um Thomas’ Raketen.
    Kurz war ich versucht, über die seltsame Parallele zwischen der Ausfallquote seines Silvesterfeuerwerks und der Ausfallquote seiner Libido zu philosophieren. Doch dann schob ich den Gedanken beiseite und ließ mich lieber von meinem Schlafanzug streicheln.
    »100 Prozent kuschelecht« steht auf dem Etikett. Ich persönlich finde ja, dass nur Nacktschlafen so richtig kuschelecht ist. Doch in längeren Beziehungen verliert sich das allmählich. Wir sind da keine Ausnahme.
    Mit leichtem Bedauern denke ich an die bordeauxrote Seidenwäsche, die seit Jahren unbenutzt auf dem Grund meiner Kleiderschrankschublade ruht. Allerdings steht in meinem Jahreshoroskop: »Für Steinbockfrauen wird es ein Jahr der Herausforderungen und der Chancen.« Wer weiß, vielleicht wird in diesem Zusammenhang auch der Spitzen- BH mal wieder zum
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